CSR-Management

„Wir müssen die Digitalisierung verantwortungsvoll vorantreiben“

Die Digitalisierung ist wichtig für das Erreichen der Klimaziele, sagt Valentina Daiber, Vorständin, Recht und Corporate Affairs, Telefónica Deutschland. Im Interview mit UmweltDialog warnt sie daher vor „Streaming-Scham“ und spricht über Stromeffizienz, den neuen Mobilfunkstandard 5G und über die neue Klimastrategie des Kommunikationsdienstleisters.

17.11.2020

„Wir müssen die Digitalisierung verantwortungsvoll vorantreiben“
Um klimaneutral zu werden, legt Telefónica Deutschland bis 2025 jedes Jahr konkrete Maßnahmen und Zwischenziele fest.

UmweltDialog: Telefónica Deutschland / o2 hat kürzlich eine neue Klimastrategie vorgestellt. Welche Rolle spielt die Telekommunikationsbranche überhaupt für den Klimawandel?

Valentina Daiber: Die Telekommunikationsbranche spielt eine Schlüsselrolle, um die Klimaziele zu erreichen. Wir ermöglichen es anderen Unternehmen, auf Basis unserer Netze ihre Digitalisierung voran zu treiben. Das führt in der Regel zu einem ressourcenschonenderen Umgang mit Materialien, zu höheren Prozesseffizienzen oder sogar zu einem kompletten Ersatz bislang physisch erbrachter Leistungen. Menschen nutzen unsere Technologien, um sich über große Distanzen miteinander zu verbinden und sich dabei lediglich virtuell zu treffen – ohne die Umwelt mit unnötigen Reisen zu belasten. Unser Netz ist somit das Rückgrat für eine nachhaltige Digitalisierung. Einer Bitkom-Studie zufolge können wir durch die zunehmende Digitalisierung in Deutschland im Jahr 2030 bis zu 37 Prozent der Treibhausgasemissionen reduzieren. Dieses Potential müssen wir heben.

Valentina Daiber, Chief Officer for Legal and Corporate Affairs und Mitglied des Vorstands der Telefónica Deutschland Holding AG
Valentina Daiber, Chief Officer for Legal and Corporate Affairs und Mitglied des Vorstands der Telefónica Deutschland Holding AG

Mit Ihrer neuen Strategie haben Sie sich auch gleich ein ziemlich ambitioniertes Ziel gesetzt: Klimaneutralität bis 2025. Das ist schon in fünf Jahren. Mit welchen Maßnahmen will Telefónica das schaffen?

Daiber: Wir setzen schon seit über 15 Jahren eine Klimastrategie um und setzen uns dabei ambitionierte Umweltziele. Dabei sind wir deutlich ambitionierter als unser Wettbewerb. Wir kaufen bereits seit 2016 zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien ein. Unseren CO2-Ausstoß sowie den Energieverbrauch pro Datenvolumen senken wir kontinuierlich. Jetzt haben wir aber noch einmal unser Ambitionslevel deutlich erhöht: Bis spätestens 2025 wollen wir klimaneutral sein beziehungsweise Netto Null-Emissionen erreichen. Dazu setzen wir vor allem auf höhere Stromeffizienz, mehr und qualitativ hochwertigen Grünstrom sowie eine konsequente Senkung der CO2 Emissionen. Das sind die wichtigsten drei Stellschrauben.

Was bedeutet das konkret?

Daiber: Wir wollen den Stromverbrauch pro Byte bis 2025 im Vergleich zu 2015 um über 80 Prozent senken. Zentral für die Zielerreichung sind die geplante 3G-Abschaltung, der 4G-Ausbau und die 5G-Einführung. Denn jeder neue Mobilfunkstandard ist stromeffizienter als die vorhergehende Generation, und technische Optimierungen innerhalb der Standards erhöhen die Stromeffizienz weiter. Neu ist, dass wir die Qualität unseres Grünstroms mit Power Purchase Agreements, kurz PPAs, und Eigenstromproduktion steigern wollen. Was bleibt, sind unsere CO2-Emissionen. Im Jahr 2019 lagen diese bei rund 93.000 Tonnen. Das entspricht den jährlichen Pro-Kopf-CO2-Emissionen von knapp 12.000 Personen in Deutschland. Bis 2030 wollen wir diese im Vergleich zu 2019 um mehr als 90 Prozent reduzieren. Unvermeidliche CO2-Emissionen werden wir mit Kompensationsprojekten über dem Marktstandard ausgleichen.

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Nach welchen Kriterien wurden die neuen Klimaziele und Maßnahmen festgesetzt

Daiber: Unsere Orientierungspunkte sind das Pariser Klimaabkommen und das Aktionsbündnis „Business Ambition for 1.5°C“. Hierzu wollen wir einen wesentlichen Beitrag leisten. Unsere CO2-Reduktionsziele haben wir nach der Methode der Initiative „Science-Based-Targets“ für den Telekommunikationssektor berechnet. Die Emissionsreduktionsziele stimmen damit mit den wissenschaftlichen Anforderungen zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius überein.

Die Klimaziele aus dem Responsible Businessplan 2020 hat Telefónica sogar übererfüllt. Aber wo liegen eigentlich die Schwierigkeiten, sich immer effizienter zu gestalten? Kommen Sie irgendwann nicht an eine Optimierungs-Grenze?

Daiber: Es gibt in einem Unternehmen immer Stellschrauben, an denen man noch drehen kann. Wir verbessern unsere Stromeffizienz mit zahlreichen Digitalisierungsprojekten. Der Smart Meter-Ausbau an unseren Mobilfunkstandorten ist nur eines davon. Was ich damit sagen will: Wir sind ein Technologietreiber. Die Innovationen, die uns und die wir bewegen, haben noch keine Optimierungsgrenzen erreicht. Wenn wir aber schon von Grenzen reden, dann muss uns allen klar sein, wie wichtig das Gelingen der Energiewende in Deutschland ist. Denn die Verfügbarkeit von Grünstrom ist die Voraussetzung für Klimaneutralität. Indem wir als Unternehmen effizient mit Strom aus erneuerbaren Energien umgehen, Power Purchase Agreements eingehen und die Eigenproduktion von Grünstrom andenken, leisten wir einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Außerdem werden Stromnetze nur durch die Verbindung mit Telekommunikationsleistungen zu Smart Grids. Diese ermöglichen es dem Energiesektor, den Grünstrom an verschiedenen Orten zu speichern und zu verbrauchen sowie das Stromnetz dennoch stabil zu halten.

Eine 5G-Antenne in München
Eine 5G-Antenne in München

Die Digitalisierung und auch der neue Mobilfunkstandard 5G bieten viele Chancen für die Nachhaltigkeit. Videokonferenzen ersetzen zum Beispiel Geschäftsreisen und reduzieren dadurch das Verkehrsaufkommen. Auf der anderen Seite erhöht sich so aber auch das Datenvolumen, und damit wiederum steigt der Stromverbrauch in den Rechenzentren. Welche Lösungen hat Telefónica hierfür?

Daiber: Mit der Digitalisierung erhöhen sich Datenvolumen und Energieverbrauch. Gleichzeitig brauchen wir die Digitalisierung zur Erreichung von Klimazielen. Wir müssen die Digitalisierung daher verantwortungsvoll vorantreiben. Ich möchte aber explizit vor „Streaming-Scham“ warnen. Zwischen 2010 und 2018 ist die Anzahl der Server weltweit um das 26-fache gestiegen. Der Datenverkehr hat um das 6,5-fache zugenommen. Im gleichen Zeitraum stieg der Energieverbrauch in den Rechenzentren jedoch nur um etwa sechs Prozent. Genau das sind die Stromeffizienzgewinne, von denen ich rede. Eine neue Studie des Bundesumweltministeriums zeigt, dass der CO2-Fußabdruck der Rechenzentren im Falle des Streamings überschaubar ist. Die durch Speicherung und Ausspielung verursachten Emissionen betragen nur 1,45 Gramm CO2-Äquivalent pro Stunde Videostream in HD-Qualität. Mit Technologien wie 5G sorgen wir dafür, dass die Stromeffizienz auch in der Zukunft nicht nur in den Rechenzentren, sondern auch bei der Datenübertragung immer besser wird. Gleichzeitig werden mit 5G nachhaltige Anwendungen in Bereichen wie Energie, Mobilität und Industrie umgesetzt. Also in den Bereichen, die heute noch mit einem Anteil von über 75 Prozent die Hauptverursacher der CO2 Emissionen in Deutschland sind. Entscheidend ist, dass die CO2 Einsparungen dank Digitalisierung und 5G deutlich höher sein müssen als die dadurch verursachten CO2-Emissionen.

Im kommenden Jahr will Telefónica einen neuen Responsible Business Plan 2025 vorstellen. Geben Sie uns doch schon mal einen kleinen Ausblick: Was ändert sich?

Daiber: Unsere Klimastrategie ist ein wesentlicher Teil des Responsible Business Plan 2025. Indem wir diese bereits vorgezogen haben, konnten wir schon einen wichtigen Teil des Gesamtplans zeigen. Unsere Unternehmensverantwortung geht aber weit über den Klimaschutz hinaus. Neben unserer Verantwortung für Klima und Umwelt wird es im Responsible Business Plan 2025 auch um Mitarbeiterverantwortung in einer zunehmend digitalen Welt, nachhaltige Produkte und Services, Digitale Inklusion und Bildung sowie einen allgemeinen Ansatz der verantwortlichen Unternehmensführung gehen. Hierzu kann ich im Frühjahr 2021 gerne mehr sagen.

Die Nutzer der Dienstleistungen, die Telefónica bereitstellt, sind Verbraucher und Unternehmen. Wie können sich die Verbraucher zum Beispiel bei der Handynutzung nachhaltiger verhalten, und wo liegen vielleicht unbekannte Stolperfallen?

Daiber: Zunächst einmal ist es für Verbraucher und Unternehmen wichtig, die Sicherheit zu haben, ein grünes Telekommunikationsnetz zu nutzen. Darüber hinaus engagieren sich unsere Kunden zunehmend für die Umwelt. Da sind zum einen die nachhaltigen Geschäftsmodelle und Anwendungen, die Unternehmen und Verbraucher auf unserem Netz umsetzen. Dazu sehen wir, dass Verbraucher ihre Endgeräte immer länger nutzen. Etwa, weil längere Akkulebensdauer oder der Akkuwechsel das möglich machen. Aber auch das Interesse an nachhaltigen Geräten, wie dem Fairphone, wächst. Über den Einfluss des eigenen Handys auf Umwelt und Gesellschaft informieren sich Verbraucher über den Eco-Index. Luft nach oben gibt es ganz sicher noch beim Handyrecycling. Immer noch schlummern rund 200 Millionen Alt-Handys in deutschen Schubladen. Dabei machen wir es in Zusammenarbeit mit dem NABU, dem Naturschutzbund Deutschland e.V., und der AfB, Arbeit für Menschen mit Behinderung, sehr leicht, mit unserem Handyrecyclingprogramm etwas Gutes zu tun. o2 zahlt für jedes eingegangene Handy einen Beitrag an den NABU.

Vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: UmweltDialog
 

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