Ressourceneffizienz-Treff 2018: Zielkonflikte, Circular Economy und Digitalisierung
Mit welchen Maßnahmen sparen Unternehmen Energie? Wie können sie dafür Produktionsprozesse optimieren? Die Teilnehmer des Ressourceneffizienz-Treffs des ifu Hamburg haben einen branchenübergreifenden Überblick über Ansätze betrieblicher Ressourceneffizienz erhalten. Die Veranstaltung thematisierte auch, wie die Digitalisierung die Unternehmen hierbei unterstützt. Eine These brachte die Gäste zum Nachdenken: Die Umsetzung von Nachhaltigkeit verbraucht mehr spezifische Rohstoffe als konventionelles Wirtschaften.
18.01.2019
Ressourceneffizienz ist ein Kernbereich einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Im Fokus: Verantwortungsvolles, ökonomisches Wachstum soll weitestgehend vom Rohstoff-Einsatz entkoppelt werden. Auf diese Weise würden der Ressourcenverbrauch und damit die Umweltbelastung nicht weiter ansteigen, ohne Wohlstand und Wirtschaftswachstum grundsätzlich in Frage zu stellen. Was sich in der Theorie so einfach anhört, stößt aber in der Realität schnell an Grenzen. Beispielsweise bei der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen oder des Pariser Klimaabkommens, wie Prof Dr. Mario Schmidt vom Institute for Industrial Ecology der Hochschule Pforzheim beim Ressourceneffizienz-Treff des ifu Hamburg (Member of iPoint Group) Ende Oktober 2018 sagte: „Nachhaltigkeit heißt, dass wir den weltweiten Hunger beseitigen und gleichzeitig Klimaschutz betreiben wollen“, so Schmidt. „Das heißt aber auch, dass wir einen großen Teil unserer Energieversorgung auf regenerative Energien umbauen und dafür benötigen wir enorme, rohstoffintensive Infrastrukturmaßnahmen.“
Herausforderung und zeitliches Problem
Warum ist das so? Weil regenerative Energien eine niedrigere Exergiedichte als fossile Energieträger haben. Dementsprechend werden riesige Flächen an Solar- oder Windkraftanlagen benötigt, um den globalen Strombedarf zu decken: „Aufgrund des schwankenden Energieangebots brauchen wir außerdem andere Netze und Speicher.“ Wie sich das auf den Rohstoffbedarf auswirken könnte, hat Schmidt am Beispiel Kupfer verdeutlicht: So werden etwa alleine für einen Kilometer HGÜ-Leitung, die Energie über große Distanzen transportiert, 28 Tonnen Kupfer verarbeitet. Wenn man den Bedarf des Metalls für neue, emissionsarme Technologien insgesamt für das Jahr 2050 hochrechne, müssen viele neue Minen erschlossen werden.
Das Problem: Kupferminen benötigen eine Vorlaufzeit von 15 bis 20 Jahren, bevor sie in Betrieb gehen können. Demzufolge müssten die Besitzer jetzt in die Minen investieren, damit sie Jahrzehnte später das Kupfer für die neuen Technologien liefern: „Im privaten Sektor wird aber erst investiert, wenn der Bedarf wirklich absehbar ist. Wenn wir also heute nicht die Signale für den weltweiten Umstieg auf regenerative Energien und die Erfüllung des 1,5 Grad-Ziels geben, wird sich der Prozess verzögern und wir werden aufgrund fehlender Rohstoffe das Klimaziel für 2050 nicht im Entferntesten erreichen können.“
Bieten Circular Economy und Digitalisierung die Lösungen?
In diesem Zusammenhang diskutierte Schmidt u.a. den Lösungsansatz der Circular Economy (CE), der den Einsatz von Ressourcen durch das Schließen von Energie- und Stoffkreisläufen senken will: „Es gibt unterschiedliche Strategien, die wir bei Circular Economy verfolgen können. Wollen wir auf langlebige Produkte und lange Nutzungszeiten setzen, müssen die Produkte anders konstruiert werden, als Produkte, die einfach zu recyceln sind. Das betrifft die Wahl der Werkstoffe, die Robustheit, die Demontierbarkeit usw.“, so Schmidt. Darüber hinaus benötige auch eine Circular Economy zwingend Energie und sei mit Umweltbelastungen verbunden. Es gebe Bereiche, wo Recycling weder wirtschaftlich noch ökologisch Sinn macht. Schmidt: „Deshalb muss man sich überlegen, welchen übergeordneten Zielen eine Circular Economy dienen soll und sie dementsprechend gestalten. Diese Diskussion vermisse ich momentan in der Politik.“
Inwiefern die Digitalisierung ihren Beitrag zur Ressourcenschonung leistet, darüber sprachen unter der Diskussionsleitung von Martina Prox, Expertin für Nachhaltigkeitsstrategien, neben Schmidt auch Carl-Ernst Müller, nachhaltig.digital, und Henning H. Sittel von der Effizienz-Agentur NRW. Im Mittelpunkt der Diskussion standen dabei die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation für Ressourceneffizienz in Unternehmen. Die Panelteilnehmer waren sich darüber einig, dass die bisher zur Verfügung stehenden Daten eine gute Basis bilden, um Effizienzpotenziale in Produktionsprozessen zu heben. Da es allerdings schwierig sei, eine ganzheitliche Sichtweise und die dafür notwendigen Kommunikationsprozesse innerhalb der Unternehmen zu verankern, stoße die digitale Transformation auf Hürden. Um das volle Potenzial der Digitalisierung für ressourcenschonende Produktion zu nutzen, spielen die Mitarbeiter der jeweiligen Unternehmensbereiche eine entscheidende Rolle.
Jan Hedemann, Geschäftsführer des ifu Hamburg, zeigte sich von dem Tag in Hamburg mit spannenden Vorträgen begeistert: „Ressourceneffizienz hat künftig keinen Projektcharakter mehr, sondern wird strategisch verankert und im operativen Tagesgeschäft etabliert sein. Durch die zunehmende Digitalisierung der Unternehmen können wir auf immer größere Informationsmengen zugreifen, um kritische Prozesse zu identifizieren und zu optimieren.“ Er ergänzte: „Mit unseren Softwarelösungen versetzen wir die Unternehmen in die Lage, mit eigenen Daten Ressourceneffizienz-Ziele zu erreichen.“
Erfahren Sie in der kommenden Woche in unserem zweiten Beitrag über den Ressourceneffizienz-Treff des ifu Hamburg, welche Maßnahmen zur Effizienzsteigerung Unternehmen praktisch umsetzen.