Kreislaufwirtschaft von Anfang an gedacht
Circular Economy (CE) will den Einsatz von Ressourcen durch das Schließen von Energie- und Stoffkreisläufen senken. Wichtige Produkteigenschaften wie Recyclingfähigkeit müssen bereits beim Design berücksichtigt werden. Aber wie können Unternehmen das konkret umsetzen? Und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Die Antworten wissen Andreas Schiffleitner, iPoint Austria, und Prof. Dr. Rupert Baumgartner im zweiten Teil des Interviews mit UmweltDialog.
05.08.2019
UmweltDialog: Im ersten Teil des Interviews ging es vor allem um das neue Christian Doppler Labor (CD-Labor) für Nachhaltiges Produktmanagement in einer Kreislaufwirtschaft. Aber was heißt das für Unternehmen, die Circular Economy (CE) betreiben wollen? Worauf kommt es beim Produktmanagement an?
Andreas Schiffleitner: Unternehmen, die sich Kreislaufwirtschaft auf die Fahne geschrieben haben, denken bereits in der Planung daran, wie das Produkt möglichst lange in Gebrauch ist und wie es gebaut werden muss, damit Einzelteile, das gesamte Produkt oder ein Nebenprodukt davon wieder am Start desselben Produktionsprozesses bzw. für einen anderen zukunftsfähigen Zweck eingesetzt werden können.
Prof. Dr. Rupert Baumgartner: Das wichtigste Element bei einem nachhaltigen Produktdesign ist eine ganzheitliche Sichtweise, sprich es sind alle direkten und indirekten ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Produkts im Produktdesign zu berücksichtigen. Man muss unbedingt vermeiden, nur auf einen einzelnen Aspekt zu achten und andere zu ignorieren. Daher werden wir im CD-Labor strategische Nachhaltigkeitsprinzipien mit Anforderungen der Kreislaufwirtschaft, die sich aus gesetzlichen Vorgaben und dem Stand der Wissenschaft ergeben, kombinieren. Weiterhin muss man diese Nachhaltigkeitsprinzipien handhabbar machen, d.h. in die Sprache der Designer übersetzen.
Welche Probleme müssen Unternehmen dabei überwinden?
Schiffleitner: Ich würde nicht von Problemen, sondern von Herausforderungen sprechen. Firmen müssen alte Gewohnheiten aufgeben. Bekannte Wege müssen verlassen werden, was oft komplexe Überlegungen mit sich zieht, da die Unternehmen neue Strukturen in ihrer Branche aufbauen müssen. Beispielsweise geplante Obsoleszenz abbauen, interne Recyclingzyklen oder ein Netzwerk aus Logistik und Recyclingunternehmen aufbauen, um die Produkte wieder zurückzubekommen.
Wie kann das gehen?
Schiffleitner: Herausfordernd ist, das starre Schubladen-Denken in den Firmenabteilungen aufzubrechen. Die Designabteilung muss auch ihre Funktion bezüglich des Recyclingpotenzials von Produkten und damit der Kreislaufführung verstehen. Kommunikation und Aufklärungsarbeit sind wesentlich. Die Circular Economy verlangt, ganzheitlich zu denken, die Natur und Humanressourcen als Basis des Wirtschaftens zu schützen.
Es gibt bereits zahlreiche Ansätze für eine Circular Economy. Was kann die Digitalisierung dabei leisten?
Schiffleitner: Mit der Vernetzung unserer privaten Welt durch Smart Devices, aber auch der industriellen Produktion mittels Digitalisierung gibt es jüngst diverse neue Lösungsansätze. In der Industrie wird die digitale Fabrik aufgebaut, in der beispielsweise die Wartung einer Maschine vorhergesagt werden kann. Angenommen, eine Roboter-herstellende Firma verleiht ihre Produkte und kann durch digitales Monitoring der Roboter eine Wartung genau vorhersagen und damit diesen zur richtigen Zeit austauschen. So entstehen keine unnötigen Pausen. Bei diesen Leihsystemen kauft man nicht mehr das Produkt (Besitz), sondern den Service (Nutzung). Dabei profitieren nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Ressourcenschonung: Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wird das Gerät schon von Beginn an für eine lange Lebenszeit und Recyclingfähigkeit designt.
Baumgartner: Die Digitalisierung birgt außerdem das Potential, Informationsdefizite, mit denen sich Produktentwickler und Umweltmanager heute noch oft konfrontiert sehen, zu minimieren. Durch die Integration der zunehmend verfügbar werdenden Daten aus dem Produktlebenszyklus in Methoden des nachhaltigen Produktmanagements wollen wir diese Informationslücken im Produktlebenszyklus – im Sinne des digitalen Zwillings – möglichst weitgehend schließen. Dadurch sollen Unternehmen in Zukunft den gestalterischen Spielraum der frühen Entwicklungsphasen für nachhaltiges Produktmanagement optimal nutzen können.
Schiffleitner: Die Zusammenführung nennt sich Digital Circular Economy: für iPoint heißt das im Speziellen, Software anzubieten, mit der Schadstoffanteile oder der recyclingfähige Anteil in einem Produkt in der Zulieferkette identifizierbar werden. Wenn wir wissen, was drin ist, ist das unser Ressourcencontainer für die Zukunft.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zum ersten Teil des Interviews gelangen Sie hier.