Tchibo: Wer mehr weiß, kann mehr verändern
Mit der Initiative „Truemorrow“ geht Tchibo in Sachen Lieferkettentransparenz beim Kaffeeanbau für seine Sorte „For Black ´n White“ einen Schritt weiter. Ziel ist es, die Bedingungen vor Ort besser zu verstehen, um mit Nachhaltigkeitsaktivitäten gezielt zu unterstützen. Für die Datenerhebung setzt das Unternehmen auf die Expertise der gemeinnützigen Organisation Enveritas.
23.02.2021
Sul de Minas, Cerrado oder Pinhal: Diese Regionen Brasiliens gehören zu den Anbaugebieten, aus denen Tchibo einen großen Teil seiner Arabica-Bohnen bezieht. Mit einem ganzjährig warmen Klima, vielen trockenen Monaten und einer intensiven Regenzeit eignen sich diese Regionen gut für den Kaffeeanbau: „Wir legen allerdings nicht nur Wert auf die gute Qualität unseres Kaffees, sondern ebenso auf die Bedingungen vor Ort“, erklärt Karina Schneider, Sprecherin Kaffee bei Tchibo.
Aus Nachhaltigkeitsperspektive bedeutet das, dass sich Kaffeehersteller und -anbieter wie Tchibo global mit unterschiedlichen sozialen und ökologischen Risiken in ihrer Lieferkette und beim Rohstoffanbau auseinandersetzen müssen. Illegale Urwaldrodungen, der Einsatz von Dünger und verbotenen Pestiziden sowie ein enormer Wasserverbrauch sind aus Umweltperspektive kritische Faktoren, während unzureichende Schutzmaßnahmen oder unfaire Bezahlung der Arbeiter auf der sozialen Ebene Risiken darstellen.
Nachhaltigkeitssiegel alleine reichen Tchibo nicht
Um gewisse Nachhaltigkeitsanforderungen in der Lieferkette zu garantieren, sind viele Kaffeesorten von Tchibo, wie beispielsweise der Filterkaffee „For Black ´n White“, bereits nach UTZ, Rainforest Alliance, bio oder Fairtrade zertifiziert. „Ein zentraler Kern unserer Arbeit ist es aber, sich mit der Wirkung unserer Programme in den Lieferketten auseinanderzusetzen. Welche Maßnahmen verändern die Situation mit Blick auf Menschenrechte und Umwelt wirklich? Im Textil- und Kaffeesektor beispielsweise stoßen bestehende Mechanismen wie Zertifizierung und Auditierung an ihre Grenzen“, erklärte Nanda Bergstein, Leiterin Unternehmensverantwortung, in einem Interview mit UmweltDialog.
Und Tianne Groeneveld, die das Projekt Truemorrow leitet, ergänzt aktuell in puncto Kaffee: „Wir wollen so genau wie möglich erfahren, wie es konkret um den nachhaltigen Anbau und die sozialen Standards auf den Kaffeefarmen bestellt ist, von denen wir den Kaffee beziehen. Uns ist bewusst, dass es sehr viel Arbeit und Ressourcen benötigt, eine Kaffeefarm nachhaltig zu bewirtschaften. Deswegen ist es für uns wichtig, genau zu verstehen, wie wir die Farmer und Farmerinnen auf diesem Weg noch besser unterstützen können.“
Neue Nachhaltigkeitsinitiative Truemorrow gestartet
Genau an diesen Punkten setzt die neue Initiative – „Truemorrow“ genannt (Wortkomposition aus true / echt und tomorrow / morgen) – des hanseatischen Unternehmens an. Zunächst für den Kaffee For Black ´n White werden innerhalb dieses Testprojekts alle wesentlichen Nachhaltigkeitsdaten in Bezug auf den Anbau der Bohnen transparenter als zuvor gemacht. So können erstens alle wichtigen Nachhaltigkeitsfragen zum Produkt, auch die der Verbraucher, beantwortet und zweitens das Engagement vor Ort abgeglichen und bei Bedarf im weiteren Verlauf angepasst werden. Hierbei kooperiert Tchibo mit lokalen Partnern, um die Maßnahmen genau auf die ökologischen Erfordernisse und die sozialen Bedürfnisse der Menschen auszurichten.
Aktuell arbeitet das Unternehmen zum Beispiel daran, ökologische Anbaumethoden auf die konventionelle Landwirtschaft zu übertragen, oder den Arbeitsschutz auf den Farmen zu verbessern. „Die Daten helfen uns dabei, besser zu verstehen, was bereits in unseren Projekten sehr gut läuft und welches Thema noch angegangen werden muss. Es ist die Kombination von Daten und darauf abgestimmten Maßnahmen, die den Kaffeeanbau nachhaltiger machen können“, so Groeneveld.
Dialog mit Kunden gewünscht
Im Rahmen der Truemorrow-Initiative ist auch geplant, den Dialog mit Kunden über Nachhaltigkeitsrisiken in der Kaffeelieferkette zu intensivieren, vorausgesetzt die Kunden haben ein Interesse daran, über die Nachhaltigkeitsrisiken in der Kaffeelieferkette informiert zu werden. „Basierend auf dem Kundenfeedback werden wir den Truemorrow-Ansatz weiterentwickeln. Klar ist für uns aber, dass Transparenz einer unserer Kernwerte ist und diesen Weg gehen wir auf jeden Fall weiter. Aufgrund der komplexen Lieferketten braucht ein solcher Schritt allerdings viel Vorbereitung“, sagt Groeneveld.
Geliefert werden die Daten wiederum von der unabhängigen, gemeinnützigen Organisation Enveritas, die über 660 Farmer und Farmerinnen in den Anbaugebieten befragt hat, aus denen die Bohnen für das entsprechende Filterkaffee-Sortiment stammen. Dabei hat Enveritas sowohl ökologische als auch soziale und ökonomische Aspekte untersucht. „96 Prozent unseres eingekauften Kaffees aus den Regionen erfüllen bereits jetzt alle Grundanforderungen an Nachhaltigkeit.“
Fotos: Tchibo
So arbeitet Enveritas
Enveritas hat ihren Sitz in den USA und wurde 2016 mit dem Ziel gegründet, den Kaffeesektor transparenter zu machen, um die Menschen und die Umwelt vor Ort besser zu schützen und die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern. Ihre Arbeit kombiniert moderne Technik mit klassischen Standardmethoden wie der Evaluation durch Befragungen. „Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Enveritas identifizieren zunächst per Satellit die Anzahl der Kaffeefarmen in einer Region und bewerten erste Faktoren, z.B. die Entwaldung. Anschließend wird eine zufällig ausgewählte und ausreichend große Stichprobe von Farmen besucht, bei denen die weiteren Nachhaltigkeitsparameter geprüft und digital erfasst werden“, erklärt Groeneveld. „Diese werden anschließend zentral gesammelt und ausgewertet. Das wissenschaftliche Verfahren ermöglicht eine sehr hohe statistische Genauigkeit der Ergebnisse.“
Wer mehr über die Truemorrow-Initiative erfahren möchte, sollte nicht den Podcastfolge bei „5 Tassen täglich“ zu dem Thema verpassen, der ab dem 22. Februar zu hören ist. Hier geht es direkt zur Folge.