Innovation & Forschung

Klimafreundliche Stahlproduktion und CCS

„Noch können wir die Bremse ziehen“ sagt Greenpeace - der Klimawandel lässt sich zwar nicht mehr aufhalten, aber lindern. Damit Dürreperioden, Überschwemmungen und Stürme nicht weiter zunehmen, muss der Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) drastisch gesenkt werden. Gänzlich vermeiden lässt sich die Entstehung von CO2 aber nicht. Die Speicherung des Treibhausgases unter der Erde soll dieses Problem lösen. Ein entsprechendes Gesetz ist bereits verabschiedet.

14.05.2009

Hochofen, Fotos (2): ThyssenKrupp Steel
Hochofen, Fotos (2): ThyssenKrupp Steel
Grundidee ist die dauerhafte Speicherung von CO2 in unterirdischen Gesteinsschichten im Interesse des Klimaschutzes, der umweltverträglichen Energieversorgung sowie zum Schutz des Menschen und der Umwelt. So steht es im Gesetzentwurf zur Abscheidung und Speicherung von CO2. In der deutschen Fachsprache nennt sich dieser Prozess „Sequestrierung“, geläufiger ist jedoch die Bezeichnung CCS für Carbon Capture and Storage. Das Gesetz soll Anlagenbetreibern wie RWE, ThyssenKrupp und Vattenfall, die nötige Planungs- und Investitionssicherheit in der Weiterentwicklung entsprechender Technologien bieten. Sie engagieren sich bereits seit Jahren auch in der Erforschung der unterirdischen Speicherung. Umweltorganisationen wie Greenpeace stehen dieser Entwicklung jedoch mit Skepsis gegenüber. Nach Ansicht ihrer Klimaexperten birgt die Möglichkeit zu CCS die Gefahr, dass Betreiber weiter auf  Kohle- und Atomkraftwerke setzen und so die Energiewende verzögert wird. „Klimaschädliche Treibhausgase müssen vermieden und nicht in die Erde gepresst werden“, stellt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid klar.

Erreichte Grenzen

Doch warum das nicht so leicht - und vor allem nicht in naher Zukunft umsetzbar ist, wird an einem Beispiel aus der Stahlindustrie deutlich: Im Prozess der Produktion von Stahl wird Eisenerz, also eine Verbindung aus Eisen und Sauerstoff, als Ausgangmaterial eingesetzt. Um daraus Stahl zu gewinnen, muss der Sauerstoff vom Eisen getrennt werden. Dazu dient Kohlenstoff, meist in Form von Koks. Im Hochofenprozess setzt der Kohlenstoff das Eisen frei, in dem er sich mit Sauerstoff zu Kohlenmonoxid und dann schließlich zu Kohlendioxid (CO2) verbindet. „Dieser Vorgang nennt sich Reduktion und ist vereinfacht gesagt die Grundlage jeder Stahlerzeugung. Das heißt, wir haben Kohlenstoff unvermeidlich im Prozess. Im Augenblick haben wir dazu noch keine Alternative“, erklärt Dr. Hans-Jörn Weddige, Klimaexperte von ThyssenKrupp Steel, im Gespräch mit UmweltDialog. „In den vergangenen 50 Jahren ist es uns aber gelungen, die CO2-Emissionen pro Tonne Stahl, die erzeugt werden, um etwa die Hälfte zu reduzieren. Damit sind wir an die technisch-physikalischen Grenzen des Prozesses gestoßen, eine weitere Reduktion ist nicht mehr möglich.“ so der Klimaexperte weiter.

Neue Prozesse & Denkweisen

„Es war relativ schnell klar, dass wir für eine signifikante Senkung der Emissionen grundlegend in unsere Prozesse eingreifen müssen. Aber auch, dass wir das nur mit europäischen Partnern schaffen können“, berichtet Weddige über die Anfänge von ThyssenKrupp Steel, bei der Erforschung neuartiger klimafreundlicher Verfahren: 2004 entstand daraus das Projekt „ULCOS“ in dem sich rund fünfzig Unternehmen und Organisationen aus verschiedenen europäischen Ländern zusammenschlossen. Gründungsmitglieder sind neben ThyssenKrupp Steel auch ArcelorMittal und Corus. Gemeinsam wollen sie die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in industrielle Prozesse federführend voranbringen. ULCOS steht für Ultra-Low Carbon Dioxide (CO2) Steelmaking, also die Verringerung von CO2-Emissionen bei der Stahlerzeugung. Ziel des Projekts: Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes um mindestens 50% gegenüber aktuellen Technologien. In diesem Rahmen prüften die Teilnehmer rund neunzig Verfahren. Darunter auch Stahlerzeugungsprozesse, die gänzlich auf den Einsatz von Kokereien und Hochöfen verzichten. Also die Entstehung von CO2 verringern bis vermeiden. „Doch diese Verfahren stecken noch im vorexperimentellen Bereich“, so Klimaexperte Weddige. Die Prozesse, auf die ThyssenKrupp Steel sich in der weiteren Forschung konzentrieren wird, ermöglichen zwar schon in der Herstellung des Stahls eine Minderung der Entstehung von CO2 - das Ziel von einer Verringerung um 50% erreichen diese Vorgänge aber erst in Kombination mit der unterirdischen Speicherung des Treibhausgases.

Klimafreundliche Kraftwerke, Hochöfen und andere Industrieanlagen
 
Das bedeutet, dass bei der Stahl- oder Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern wie Kohle oder Gas, entstehendes CO2 direkt am Hochofen bzw. im Kraftwerk abgeschieden wird. Anschließend muss es dann sicher zu einer entsprechenden Speicherstätte transportiert werden. Da CO2 weder explosiv noch giftig ist, kann das per Schiff, LKW oder Pipeline passieren. Geeignete Formationen, in denen das CO2 aus Hochöfen und Kraftwerken dann gespeichert werden könnte, sind zum Beispiel alte Gaslagerstätten. Sie bieten sich für die CO2-Speicherung besonders an, denn indem sie das Erdgas bereits Millionen Jahre in der Tiefe gehalten haben, ist ihre Speichersicherheit im Prinzip erwiesen. Eine andere Möglichkeit sind Saline Aquifere, poröse, salzwasserführende Gesteinsschichten unter der Erdoberfläche. Zugänglichkeit, Kapazität, Durchlässigkeit, Einleitung und Sicherheit sind Kriterien bei der Auswahl möglicher Speicher. Doch es gibt noch keine allgemeingültige Checkliste, anhand derer die Eignung eines Speichers geprüft werden kann. Mit Hilfe von Modellen werden Speicherstätten auf sogenannte Leckagen, an denen CO2 austreten könnte, untersucht. Auf dem gleichen Weg wird auch das Verhalten des CO2 nach der Einspeisung und unter Einfluss von Störungen wie zum Beispiel Erdbeben, erforscht.

Insgesamt ist es also noch ein langer Weg der Erforschung und Erprobung von CCS-Technologie, bis sie sich industriell durchsetzen kann. „Wir gehen davon aus, dass das erst Mitte der 20er oder Anfang der 30er passieren wird“, prognostiziert Klimaexperte Dr. Hans-Jörn Weddige. Der nächste Schritt im Rahmen des ULCOS-Projekts wird es sein, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Erste Versuche in Deutschland sind bereits in Vorbereitung.

Ein ausführliches Interview mit Dr. Hans-Jörn Weddige zu diesem Thema erscheint in unserem zweiten Teil zum Thema „CCS - Die unterirdische Speicherung von CO2“.
Quelle: UD
 
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