Arbeitsplatz

Alte Arbeitswelt: die Geschichte der Büroarbeit

Gearbeitet wird, seit es Menschen gibt. Doch der Ort der Arbeit hat sich vom Feld und der Fabrik zur vermehrten Arbeit am Schreibtisch verlagert. Das Thema Nachhaltigkeit war aber noch lange nicht in Sicht. Von Mönchen in kleinen Kämmerchen, Frauen an Schreibmaschinen und Zellenbüros mit bunten Teppichen – UmweltDialog geht auf eine kleine Zeitreise der Büroarbeit. Teil Eins: vom Mittelalter bis in die 80er.

14.02.2024

Alte Arbeitswelt: die Geschichte der Büroarbeit
Eine Schreibmaschine und ein Telefon mit Wählscheibe gehörten früher zur Büroausstattung dazu.

Sitzen Sie gerade in Ihrem Büro? Vielleicht teilen Sie sich Ihren Arbeitsplatz mit einem Kollegen oder einer Kollegin. Oder Sie haben einen Raum ganz für sich allein. Möglicherweise ist er bunt gestaltet und Ihre Lieblingspflanze steht in der rechten Ecke. Möglicherweise bevorzugen Sie eher gedeckte Farben und die Kaffeemaschine in Reichweite? Sie könnten gerade auch im Homeoffice sitzen und von Ihrer Couch aus arbeiten – mit dem Tablet statt vor dem Computer. Wo und wie auch immer Sie arbeiten, die Büroarbeit und der Raum „Büro“ sowie dessen Architektur und Einrichtung haben sich im Laufe der Zeit stetig gewandelt.

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Die ersten Büros, wenn man sie denn schon so nennen konnte, gab es im Mittelalter in Klöstern. Mönche konnten in ruhigen Räumen, eingerichtet mit Tisch, Stuhl und Regal, ihrer Schreibarbeit nachgehen, heißt es in einem Artikel von BBC. Etwas später um 1500 herum war der Schreibtisch das wichtigste Möbelstück im Handelskontor von Kaufleuten: „Hier war der Platz für sämtliche Schreib-, Rechen-, Kassier-, Buchungs- und Kommunikationsvorgänge“, informiert das Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) aus Paderborn in einer Ausstellung. Eine erste Trennung zwischen Arbeit im Büro und Privatsphäre zu Hause entstand dann etwa um das 17. Jahrhundert herum, so BBC. Vor allem Anwälte und Beamte fingen an, in Städten wie Amsterdam, London oder Paris in Büroräumen zu arbeiten. Trotzdem war die Arbeit zu Hause (oder auf dem Feld) bis auf ein paar Ausnahmen lange Zeit vorherrschend.

Fräulein Mustermann zum Diktat

Viele Frauen spezialisierten sich nach 1900 auf die Arbeit mit der Schreibmaschine.
Viele Frauen spezialisierten sich nach 1900 auf die Arbeit mit der Schreibmaschine.

Während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert nahm dann auch die Verwaltungsarbeit zu. Diese fand an Stehpulten statt, Schreibtisch und Stuhl waren exklusiv für höhere Vorgesetzte, weiß das HNF. Gleichzeitig wurde die Büroarbeit zunehmend in eigens dafür geschaffene Räume verlegt. Ende des 19. Jahrhunderts hielt dann die Schreibmaschine Einzug ins Büro und mit ihr immer mehr Frauen, die sich auf die Arbeit mit dem modernen Schreibgerät spezialisierten. „Chefsekretärin“ war der neue Traumberuf vieler arbeitender Frauen. Deren Anzahl verfünffachte sich von 1907 bis 1925, während die Zahl der gesamten Angestellten sich in der Zeit gerade einmal verdoppelte. Die „laute Arbeit des Schreibsaals“ in den 1920ern ging aber auch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen – zum Beispiel Sehnenscheidenentzündung und Hörverminderung – sowie vermehrtem Arbeitsdruck einher. Von emanzipatorischen Ansätzen kann man hier wohl auch noch nicht sprechen. Frauen arbeiteten nämlich meistens nur bis zu ihrer Eheschließung, so das HNF. Büroarbeit war ohnehin noch vergleichsweise selten. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts waren gerade einmal drei Prozent der Beschäftigten Büroangestellte, gibt der Arbeitsraumexperte Steelcase an.

Effizienz im amerikanischen Großraumbüro der 50er

Mitte des 20. Jahrhunderts setzten Unternehmen in den USA vor allem auf das Großraumbüro. Damit wollte man das Wirtschaftswachstum nach dem zweiten Weltkrieg meistern, meint Steelcase. Denn das Großraumbüro stehe „für Effektivität, Produktivität und Flächeneffizienz.“ In Deutschland wurden immer mehr Büromaschinen, zum Beispiel Diktiergeräte und Buchungsmaschinen, eingesetzt und auch kleinere Hilfsmittel wie Locher und Spitzer verbreiteten sich. Die (Büro-) Arbeit sollte vor allem optimiert und rationell sein, informiert das HNF: „Ein Mittel hierzu war die Zergliederung der Arbeitsschritte, sodass die Arbeitsteilung immer weiter vorangetrieben wurde. Die Arbeit im Büro sollte wie die Abläufe in der Produktion als Fließarbeit organisiert werden.“ Frauen waren für die eintönigen Arbeiten zuständig, leitende Positionen hatten nur Männer inne. Gesunde Luft bei der Büroarbeit war übrigens kaum ein Thema, Rauchen am Schreibtisch an der Tagesordnung.

Die ersten Zellenbüros in den 70ern

Die Büros in den 70er Jahren waren farbenfroh.zoom
Die Büros in den 70er Jahren waren farbenfroh.

Auch in den 70ern gehörte die Zigarette im Büro zum Arbeitsalltag. Das Rauchen diente vor allem der Entspannung vom alltäglichen Stress, meint „Büromöbel Experte“, ein Fachhändler für Büromöbel. Das Glas Alkohol sei ebenfalls nicht unüblich gewesen. Und es wurde bunt: Gemusterte Teppiche in Rostrot, Senfgelb oder Cognac brachten viel Farbe ins Büro. Während der 70er entstanden auch die Zellenbüros (sogenannte Cubicles). Sie boten den Beschäftigten mehr Privatsphäre als die gänzlich offenen Flächen des eher lauten Großraumbüros. Einzelne Zellenbüros, die entlang der Gebäudeperipherie standen, waren vor allem leitenden Angestellten vorbehalten, jüngere Beschäftigte und Verwaltungsmitarbeitende saßen hingegen oft noch im Großraumbüro, weiß man beim Hersteller modularer Bodenbeläge Interface. 1973 gegründet, traf das Unternehmen mit dem Konzept der Teppichfliesen, das in den USA bis dahin noch recht unbekannt war, einen Nerv, denn diesewurden den sich ändernden Anforderungen in Büroräumen gerecht. Die Tepichfliesen waren zu der Zeit noch einfarbig, im Vordergrund standen eher die funktionalen Vorteile und die Flexibilität, die diese Fliesen Räumen verliehen, so Interface.

Mehr über die 50-jährige Nachhaltigkeitsreise von Interface lesen Sie im UmweltDialog-Beitrag „50 Jahre Interface: Das ist erst der Anfang“.

Keine Chance für Kabelsalat in den 80ern

Etwa zehn Jahre später war die Kombination aus Großraumbüro und Zellenbüros noch immer häufig der Standard: „Es gab hierarchische Bürogrößen, und die Mitarbeitenden arbeiteten in einem begrenzten Raum, der für ihre Arbeit erforderlich war“, erklärt Interface. Zugleich wurden die Bürogrundrisse größer, Boden und Decken mussten daher Orientierung bieten. Mitte der 80er entstand zudem das Kombibüro. Dabei reihen sich mehrere standardisierte Einzelbüros, idealerweise mit verglasten Wänden, um eine größere Kombizone, die zum Beispiel für gemeinsames Arbeiten oder auch die Bürotechnik genutzt wird, beschreibt der Spezialist für Raumsysteme „Woodtec“ das Konzept. Außerdem zogen die ersten Computer vereinzelt ins Büro ein, meistens war jedoch noch die Schreibmaschine das Mittel der Wahl, zeigt eine Infografik vom Wirtschaftsforum. Die Telefone wurden etwas moderner und kamen nun mit Tasten statt der Wählscheibe daher. Um alle Kabel unterzubringen, wurden Gebäude mit Doppelböden und abgehängten Decken ausgestattet, berichtet Interface. Denn auch Faxgeräte und Drucker etablierten sich in den 80er-Jahren zunehmend. Und das Design? „Hyper-Eleganz und Punk existierten nebeneinander und die Memphis-Bewegung sowie die Postmoderne waren auf dem Vormarsch“, erinnert sich Chip DeGrace, Director of Design Purpose bei Interface: „Pastellfarben wie Mauve und Meerschaumgrün waren beliebt, und es gab VIEL Grau.“

Lesen Sie demnächst im zweiten Teil mehr darüber, wie der Computer und das Internet die Arbeitswelt nachhaltig veränderten und welche Auswirkungen die Coronakrise auf das Büro hat.

Quelle: UmweltDialog
 

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