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Nachhaltigkeitsmanagement goes digital

Die Einhaltung regulatorischer und gesetzlicher Anforderungen spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung von Investitionen in Nachhaltigkeit. Das sind die Ergebnisse des „Reifegradindex IT & Sustainability 2023“. Nahezu alle befragten Unternehmen betonen die Bedeutung einer Integration von Nachhaltigkeitsthemen in ihre Organisation oder planen diese in naher Zukunft umzusetzen.

18.01.2024

Nachhaltigkeitsmanagement goes digital

In den letzten Jahren haben verschiedene Krisen wie die Covid-19-Pandemie, gestörte Lieferketten, geopolitische Ereignisse, Energieknappheit, hohe Inflation sowie zunehmende extreme Wetterphänomene die Aufmerksamkeit der Gesellschaft für Nachhaltigkeit erhöht und Unternehmen unter Druck gesetzt, zu handeln.

Fast alle Unternehmen setzen heutzutage eine Software ein, um ihre finanzielle Berichterstattung zu optimieren. Allerdings ist der Einsatz von ESG-Software zur Erfassung, Analyse und Berichterstattung von ESG-Kennzahlen noch nicht weit verbreitet. Doch diese Situation wird sich voraussichtlich in absehbarer Zeit ändern, da Regierungen und Interessengruppen verstärkt auf Transparenz und Verantwortung von Unternehmen drängen. 

Laut einer Umfrage des Unternehmens Verdantix aus dem Jahr 2021 ist die Verwaltung von Treibhausgasemissionen mittels IT-Systemen für viele Führungskräfte von größter Bedeutung. Angesichts der steigenden Nachfrage nach solchen Systemen wird erwartet, dass die ESG-Softwarebranche ein enormes Wachstum verzeichnen wird. Im vergangenen Jahr lag die Marktdurchdringung von ESG-Software in Europa lediglich bei 12 bis 14 Prozent, jedoch wird für die nächsten fünf Jahre ein jährliches Marktwachstum von über 12 Prozent prognostiziert (Quelle: Strategy & EHS and ESG Software market model).

Eine aktuelle Aufstellung von PwC zählt über 200 Unternehmen, die in der Nische der ESG-Software tätig sind. Dadurch entsteht eine gewisse Zersplitterung des Markts. Allerdings unterscheiden sich diese Unternehmen in ihrer Ausrichtung, je nachdem, woher sie stammen:

 
 

Die Resultate des Reifegradindex belegen, dass fast 75 Prozent der befragten Unternehmen bereits Nachhaltigkeitsdaten erheben, während die übrigen dies in naher Zukunft planen.

  1. Unternehmen für Umwelt-, Gesundheits-, Sicherheits- und Qualitätssoftware (EHS&Q): Eine Gruppe von Unternehmen aus dem EHS&Q-Markt, wie Enablon, Sphera oder Quentic, ergreift strategische Maßnahmen, um sich neu zu positionieren und sich teilweise neu zu vermarkten, um auf den ESG-Trend aufzuspringen. 

  2. Unternehmen, die sich auf die Erstellung von traditionellen Finanzberichten spezialisiert haben, arbeiten aktiv daran, das Spektrum der nicht-finanziellen Leistungskennzahlen (KPIs) zu erweitern und zu vertiefen. Gleichzeitig integrieren sie auch Umwelt-, Sozial- und Governance- Aspekte (ESG) in ihr Kernangebot. Ein Beispiel dafür sind die Softwarelösungen Cube und Insight. 

  3. ERP-Software-Anbieter: Es ist interessant zu sehen, dass selbst etablierte Anbieter wie SAP, Salesforce und Oracle ESG-Datenmodule in ihre Unternehmenslösungen integrieren. Obwohl es diesen Unternehmen laut PwC erkennbar an Erfahrung und spezifischem Know-how im Bereich ESG fehlt, ist es dennoch ratsam, diese Entwicklung im Auge zu behalten.

  4. Spezialanbieter: Es gibt eine große Anzahl von Unternehmen, die sich als ESG-Pure-Play-Unternehmen positionieren und sich auf spezialisierte Punktlösungen konzentrieren. Diese Unternehmen machen mittlerweile die Mehrheit aus und widmen sich einer breiten Palette von ESG-Themen. Viele von ihnen haben sich zunächst auf bestimmte Branchen spezialisiert und erweitern nun ihr Angebot schrittweise.
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Regulatorische Spezialisierung: Dieser Bereich ist meist auf die Erfüllung regulatorischer Anforderungen ausgerichtet und orientiert sich daher stark an vordefinierten Standards (Beispiel CSRmanager). 

Lieferkettenmanagement: Diese Art von ESG-Software ermöglicht es, Emissionen und Aktivitäten entlang der Lieferketten zu messen und Risiken frühzeitig zu erkennen. 

Umwelt-Spezialisierung: Gegenwärtig steht der Umweltbereich besonders im Fokus, insbesondere hinsichtlich punktueller Lösungen für das Kohlenstoffmanagement, wie zum Beispiel Messung, Reduzierung und Ausgleich. In den vergangenen Jahren konnten kleine Unternehmen in diesem Bereich innerhalb kürzester Zeit erhebliche Geldbeträge akquirieren. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das französische Unternehmen Sweep, das zwischen 2021 und 2022 Investitionen in Höhe von 95 Millionen Dollar einsammeln konnte.

Big Data Spezialisierung: In der heutigen Zeit sind Unternehmen bestrebt, so viele Daten wie möglich zu sammeln, um dem Big-Data-Trend gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang können ESG-Datenmanagementlösungen eine große Hilfe sein, um den Fokus auf das Wesentliche zu legen und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, die über die bloße Erfüllung der Berichtsanforderungen hinausgehen. 

Großer Nachholbedarf bei ESG-Software 

Die Autoren der Studie „Reifegradindex IT & Sustainability 2023“ sehen für Unternehmen zwei bedeutende Anreize, um in Nachhaltigkeit zu investieren. Zum einen gibt es eine steigende Anzahl an gesetzlichen Vorschriften, welche Unternehmen dazu auffordern, Nachhaltigkeitsaspekte und -maßnahmen zu fördern und transparent zu machen. Diese Vorschriften umfassen unter anderem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sowie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). 

Zweitens hat eine Veränderung in der Wahrnehmung von Nachhaltigkeit stattgefunden. Es wird zunehmend als eine ökonomische Notwendigkeit erkannt, besonders im Hinblick auf die steigenden Energiekosten. Außerdem wird Nachhaltigkeit immer bedeutender als ein Unterscheidungsmerkmal für Kundinnen und Kunden, Mitarbeiter:innen und Investor: innen.

Welche Bedeutung haben die folgenden Treiber für Ihr Unternehmen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit?

Die Resultate des Reifegradindex belegen, dass fast 74 Prozent der befragten Unternehmen bereits Nachhaltigkeitsdaten erheben, während die übrigen dies in naher Zukunft planen. 67 Prozent führen eine Risikobewertung hinsichtlich der Nachhaltigkeit ihrer Zulieferbetriebe durch und 26 Prozent planen dies. Weiterhin erstellen bereits 94 Prozent der Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht oder planen einen zu verfassen. Fast die Hälfte davon tut dies aus eigener Motivation und nicht aufgrund regulatorischen Drucks. Zusätzlich bestätigen fast alle Befragten eine organisatorische Verankerung von Nachhaltigkeitsthemen im Unternehmen oder haben Pläne, diese zu verankern. 

Obwohl zahlreiche Maßnahmen geplant sind, befinden sich viele von ihnen noch in einem frühen Stadium. Bislang gibt es keine ausgeglichene Umsetzung der ehrgeizigen Strategien oder konkreten Maßnahmen. 

Die Bedeutung des Themas ist unbestreitbar, jedoch scheinen die bis dato verabschiedeten Strategien, Ziele und Maßnahmen nicht ausreichend zu sein, um den Stellenwert vollständig zu repräsentieren. Ein Paradebeispiel dafür ist die Tatsache, dass die untersuchten Unternehmen lediglich geringe ehrgeizige Ziele im Hinblick auf die Verringerung von CO2 aufweisen.

Die im Reifegradindex untersuchten Firmen haben in puncto Datensammlung und Risikobewertung bezüglich der Nachhaltigkeit ihrer Zulieferfirmen Fortschritte gemacht. Dennoch stehen sie vor zahlreichen Herausforderungen, wie der mangelnden Qualität der Daten und der großen Vielfalt an Datenquellen und den Erwartungen der Interessengruppen.

Wie groß sind die Herausforderungen im Bereich ESG-Monitoring und -Controlling in Ihrem Unternehmen?

Die Bedeutung der Informationstechnologie (IT) ist unverzichtbar, nicht nur für die Digitalisierung, sondern auch für die ESG-Transformation. Unternehmen können durch den klugen Einsatz von IT nachhaltiger werden. Dabei können hybride Arbeit und virtuelle Kommunikation unterstützt werden sowie smarte Gebäude und Routenoptimierung in der Logistik auf Basis von Internet-of-Things-Lösungen eingesetzt werden. Die IT spielt somit eine entscheidende Rolle bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen.

Es ist unumgänglich, dass die IT-Industrie sich selbst nachhaltiger gestaltet, indem sie beispielsweise ihre Software- und Hardware-Infrastruktur modernisiert. Gemäß des Engineering and Physical Science Research Council beanspruchte die Informations- und Telekommunikationsbranche bereits im Jahr 2020 etwa zehn Prozent des globalen Stromverbrauchs. Bis zum Jahr 2030 soll sich dieser Wert sogar verdoppeln und auf etwa 20 Prozent ansteigen. Darüber hinaus nimmt die IT eine bedeutende Rolle bei der Sammlung, Verarbeitung und Bereitstellung von Daten ein, die für Nachhaltigkeit von Belang sind.

Wie wichtig sind in Ihrem Unternehmen die folgenden Funktionen bei der Auswahl von Tools zur Dokumentation von Nachhaltigkeit?

Fast 37 Prozent der befragten Firmen sind der Meinung, dass das Wissen ihrer IT-Abteilungen bezüglich Nachhaltigkeit eher mangelhaft oder sogar unzureichend ist. Unternehmen, die Nachhaltigkeits- oder Lieferkettenberichte erstellen, stützen sich oft auf Tools zur Unterstützung, jedoch besteht weiterhin Raum für Verbesserungen in Bezug auf die Automatisierung der Verarbeitung von nachhaltigkeitsbezogenen Informationen.

Dieser Artikel ist im Original im Magazin „UmweltDialog“ zum Thema „Klimareporting“ erschienen.

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Quelle: UmweltDialog
 

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