Bayer: Chancen des demografischen Wandels nutzen
Der demografische Wandel sei neben der Globalisierung „die größte Veränderung unseres gesellschaftlichen Lebens“, so Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Demografiegipfel der Bundesregierung in Berlin. Das Ziel müsse sein, jedem Einzelnen entsprechend seinem Alter und seiner Lebenssituation neue Wege für ein erfülltes Leben zu eröffnen. Eine Herausforderung, auf die alle Bereiche wie Politik, Städte und Gemeinden, Gesundheitssysteme, soziale Einrichtungen sowie die Wirtschaft individuelle Antworten finden müssen. Dass es Lösungsansätze gibt, die bereits erfolgreich sind und dazu noch neue Chancen bergen, zeigt der Chemiekonzern Bayer.
06.11.2012
Der Handlungsbedarf, der sich aus der demografischen Entwicklung für Bayer ergibt, ist eindeutig und durch Zahlen belegt: So steigt bis 2020 das mittlere Alter der Gesamtbelegschaft Bayers in Deutschland von 45 Jahren (2010) auf 53 Jahre. Allein der Anteil der Angestellten über 60 Jahre wächst bis 2020 von derzeit einem Prozent auf rund 18 Prozent. Im Falle der Leitenden Angestellten erhöht sich das aktuelle Durchschnittsalter von 50 Jahren auf 57 Jahre in 2020. Bis dahin müssen rund 32 Prozent der Positionen in diesem Bereich auf Grund von Pensionierungen nachbesetzt werden.
Um auf diese Veränderungen vorbereitet zu sein, ist die Kreativität der Personalentwicklung gefragt. „Die Herausforderung besteht darin, die Chancen des demografischen Wandels zu erkennen, dessen Auswirkungen zu gestalten und Anreize für eine längere Beschäftigung zu setzen“, so Dr. Richard Pott, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor bei Bayer. Die zentrale Schlüsselfrage lautet hierbei: Wie können die verlängerte Arbeitszeit personalpolitisch gestaltet und die Beschäftigten dabei unterstützt werden, auch mit über 60 Jahren noch gesund und leistungsfähig zu sein. Bereits 2010 fand der Konzern eine Antwort darauf, die im Gesamtbündel des Demografie-Managements bei Bayer inzwischen eine große Rolle spielt: Die Gesamtbetriebsvereinbarung „Lebensarbeitszeit und Demografie“.
Körperliche Belastung im Alter reduzieren
Demnach haben Tarifbeschäftigte, die in voll- oder teilkontinuierlicher Wechselschicht tätig sind, ab dem vollendeten 55. Lebensjahr einen Anspruch auf bis zu 20 schichtfreie Tage im Jahr. Der Lohnausgleich für die arbeitsfreien Tage erfolgt über ein Langzeitkonto aus den Mitteln eines Demografiefonds, für den Bayer jährlich rund 4,8 Mio. Euro bereitstellt. Der Konzern will durch die Reduzierung des Arbeitspensums körperlich besonders beanspruchte Mitarbeiter im fortgeschrittenen Alter entlasten und ihnen einen gleitenden Ausstieg aus dem Arbeitsleben ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Chancen erhöht werden, dass Mitarbeiter aus körperlich belastenden Tätigkeitsfeldern tatsächlich bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters berufstätig bleiben können. Das Unternehmen kann diese Regelung aber auch selbst positiv nutzen, denn aus der Reduzierung des Arbeitspensums älterer Mitarbeiter entstehen Lücken im Schichtplan, die durch neue Mitarbeiter besetzt werden können. Meist kommen hier ehemalige Auszubildende zum Einsatz. Vorteil für Bayer ist, so qualifizierte Arbeitskräfte im Betrieb zu halten und die Weitergabe von betrieblichem Erfahrungswissen der älteren Mitarbeiter an ihre Nachfolger sicherzustellen. Darüber hinaus kümmert sich die Gesamtbetriebsvereinbarung „Lebensarbeitszeit und Demographie“ um langfristig erkrankte Beschäftigte. Sie können im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements 80 zusätzliche freie Arbeitsstunden sowie eine umfangreiche medizinische Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen.
Bei der Entwicklung von Angeboten wie diesen hat sich Bayer nah an den Bedürfnissen seiner Mitarbeiter orientiert. Dass das gelungen ist, spiegelt sich auch in der Nutzung der Angebote durch die Mitarbeiter wider. So wurde die medizinische Vorsorgeuntersuchung im ersten Jahr von 25 Prozent der berechtigten Beschäftigten in Anspruch genommen. Die Möglichkeit der Belastungsreduktionen für Schichtmitarbeiter und langfristig Erkrankte wurden jeweils sogar von rund 90 Prozent der Berechtigten wahrgenommen. „Mit der betrieblichen Ausgestaltung in Form der Gesamtbetriebsvereinbarung sind uns hervorragende Angebote für die Beschäftigten gelungen, die auch angenommen und durchweg positiv bewertet werden“, berichtet Thomas de Win, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates bei Bayer.
Gesundheitsförderung wird auch in Teilkonzernen umgesetzt
Auch die Teilkonzerne Bayers entwickeln im Rahmen ihres Gesundheitsmanagements Maßnahmen zur Umsetzung der Gesamtbetriebsvereinbarung. Das Ziel ist, Mitarbeiter bei der Erhaltung und Förderung ihrer Gesundheit zu unterstützen. Beispielsweise widmete sich Bayer HealthCare in Berlin 2011 schwerpunktmäßig mit den Themen Burnout- und Stress-Prophylaxe sowie Alkoholsucht. Gleich mehrere Standorte von Bayer CropScience haben im vergangenen Jahr Fitnessstudios vor Ort für ihre Mitarbeiter aufgebaut oder sind Kooperationen eingegangen, durch die Studios in der Nähe von den Angestellten mit genutzt werden können. Der Bayer CropScience Standort in Monheim hat dagegen 2011 das Programm „Follow Me“ gestartet, das sich zunächst an Mitarbeiter mit Rückenproblemen richtet. Es beinhaltet die zehnwöchige Aktion „Bewegte Mittagspause“, in der Anleitungen für entsprechende Übungen weitergegeben werden.
Wert des Erfahrungsschatzes älterer Mitarbeiter nutzen
Dass Bayer die Förderung älterer Mitarbeiter wichtig ist, liegt auch daran, dass sie durch ihre oft langjährigen Betriebszugehörigkeiten und damit gewonnenen Erfahrungen einen hohen Wert für den Konzern haben. Geht ein langjähriger Mitarbeiter in die Pension, fehlt sein Wissen, seine Übersicht und Expertise an vielen Stellen. Der demografische Wandel wird diesen Effekt künftig noch verstärken. Um dem entgegenzuwirken, hat Bayer 2010 die Initiative Bayer Senior Experts Network (BaySEN) ins Leben gerufen. „Mit BaySEN will der Konzern das Wissen und die Erfahrung von pensionierten Mitarbeitern auch künftig in die Unternehmensabläufe einbeziehen und so zum weiteren Unternehmenserfolg beitragen“, erläutert Uly Stroh, Leiterin von BaySEN. Das beinhaltet, dass pensionierte Mitarbeiter des Bayer Konzerns als Senior Experts in der BaySEN-Datenbank ein Profil erstellen können und damit die Bereitschaft zeigen, bestimmte Projekte zeitlich befristet mit ihrem Wissen zu begleiten. Bei Bedarf werden sie dann vom BaySEN-Team kontaktiert. Meist sind es spezialisierte Fachkräfte, deren Erfahrungsschatz gebraucht wird. Ebenso gefragt sind aber auch Pensionäre mit Management- und Führungskompetenzen.
BaySEN ergänzt das Portfolio des Geschäftsfeldes der internen Unternehmensberatung „Business Consulting“ von Bayer Business Services. Die Initiative unterstützt die Vielfalt des Konzerns und ermöglicht die Weitergabe von wertvollem Wissen älterer Mitarbeiter an Jüngere. Dagegen wird den Pensionären die Möglichkeit geschaffen, im Ruhestand und unter Anpassung an ihre Lebenssituation und gesundheitliche Verfassung, bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber tätig zu sein. Vielen Angestellten, die über Jahre mit Begeisterung in ihrem Beruf tätig waren, hilft das bei dem Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand.