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Wirtschaft

„Es ist der Anfang eines langfristigen Programms, mit dem wir unserer Verantwortung als Rohstoff-Einkäufer gerecht werden“

Das Nachhaltigkeitsprogramm von Tchibo unterscheidet sich von herkömmlichen Zertifizierungen. So steht unter anderem das Unternehmen selbst im Fokus der Evaluierungen. Wie das funktioniert und warum das wichtig ist, erläutert Pablo von Waldenfels in einem Interview mit UmweltDialog. Er verantwortet die nachhaltige Ausrichtung des Kaffeesortiments bei Tchibo.

25.03.2025

„Es ist der Anfang eines langfristigen Programms, mit dem wir unserer Verantwortung als Rohstoff-Einkäufer gerecht werden“
Pablo von Waldenfels

Herr von Waldenfels, die Grundlage des Nachhaltigkeitsprogramms von Tchibo ist eine klare Zielsetzung: Bis 2027 soll jede Ihrer Kaffeesorten nachhaltig sein. Auch Sie arbeiten mit Zertifizierungen; bis jetzt sind aber nur 20 Prozent Ihres Kaffeeangebots zertifiziert. Wie wollen Sie in dieser kurzen Zeit diese Lücke schließen?

von Waldenfels: Wir sprechen über 100 Prozent Kaffee aus verantwortungsvollem Einkauf bis 2027 und haben uns vorgenommen, dass unser Programm bis dann eine Größenordnung entsprechend unseres Einkaufvolumens in den Anbauregionen erreicht hat. Unabhängig davon, ob der Kaffee im jeweiligen Jahr von Farmen, die am Programm teilnehmen kommt, oder nicht.

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Wir sagen damit nicht, dass wir damit das Ende der Reise schon erreicht haben, denn agrartechnische Umstellungen wie etwa die Einführung von Schattenanbau nimmt viel Zeit in Anspruch. Es ist viel mehr der Anfang eines langfristigen Programms, mit dem wir unserer Verantwortung als Rohstoff-Einkäufer gerecht werden. Unser Programm verfolgt dieselben Ziele, die auch andere Nachhaltigkeitsstandards adressieren; etwa die Minimierung von Kinderarbeit, Sicherstellung von Arbeitsschutz oder Förderung von Umweltschutzmaßnahmen.

Um Ihr Nachhaltigkeitsprogramm umzusetzen, arbeiten Sie mit der gemeinnützigen Organisation Enveritas zusammen? Was ist das Besondere an deren Arbeit?

von Waldenfels: Wenn Sie es so wollen, ist diese Kooperation unsere Alternative zu den Zertifizierungssystemen, über die wir gesprochen haben. Bei Enveritas hat man den Spieß allerdings umgedreht. Unabhängig von Tchibo oder anderen Unternehmen besuchen die Mitarbeitenden der Organisation alle globalen Kaffeeanbauregionen und erheben den jeweiligen IST-Zustand in Punkto Nachhaltigkeit; nach Kriterien, die man auch von Fairtrade oder der Rainforest Alliance kennt. Wir melden dann unsere Einkaufsdaten und bekommen zusammengefasst Stichproben-Berichte statistisch relevanter Daten. Das sind keine Daten zu einzelnen Farmen, sondern Angaben über die jeweilige Region. In etwa so: In der vietnamesischen Provinz Dak Lak benutzen 80 Prozent der Farmer Schutzkleidung. Oder: Dort wird zu fünf Prozent auf den Farmen Schattenanbau betrieben etc.

Auf dieser Grundlage erarbeiten wir dann gemeinsam mit den Farmerinnen und Farmern die Maßnahmen, über die wir gesprochen haben. Das ist der Startpunkt. Im Nachgang wird das Ganze dann von Enveritas verifiziert. Dabei geht es aber nicht darum, den Farmer zu überprüfen, ob er ein bestimmtes Ziel erreicht hat und an uns Kaffee liefern darf. Vielmehr steht Tchibo dann im Fokus der Evaluation: Wie finden die Farmerinnen und Farmer das Programm von Tchibo? Fanden die Trainings überhaupt statt? Bringen sie etwas?

Vietnam: Kaffeefarmer Nguyen Cong Trungzoom
Vietnam: Kaffeefarmer Nguyen Cong Trung
Kaffeeanbau in Vietnam: Verteilung von Sämlingen
Kaffeeanbau in Vietnam: Verteilung von Sämlingen

Es wird also verifiziert und nicht zertifiziert. Tchibo muss beweisen, dass das Unternehmen seinem Anspruch als verantwortungsvoller Einkäufer von Rohstoffen gerecht wird. Habe ich das richtig verstanden? Blöd gesprochen: Auf diesen Ansatz hätte man eigentlich schon eher kommen können.

von Waldenfels: Ja, das denke ich auch. Es ist auf den ersten Blick nicht ganz leicht zu verstehen, und wir müssen hier noch mehr Aufklärungsarbeit leisten. Ich finde diese Vorgehensweise aber deutlich besser als die der klassischen Zertifizierer.

Warum?

von Waldenfels: Weil dabei weniger Druck für die Farmen entsteht. Stellen Sie sich mal folgende Situation vor: Bestimmte Nachhaltigkeitsvorgaben wurden von einem Kooperativen-Farmer nicht erreicht. Er ist dann derjenige, der dafür verantwortlich ist, dass die gesamte Kooperative das Zertifikat verliert. Enveritas arbeitet mit Freiwilligkeit, will sagen, dass die Farmerinnen und Farmer die Prüfer auch wegschicken dürfen, ohne dass das negative Konsequenzen hat. Denn wir bekommen nicht die einzelnen Daten, sondern einen Bericht über die entsprechenden Risiken im Kaffeeanbaugebiet. Somit schaffen die Daten die notwendige Transparenz über die Probleme, die wir mit unserem Programm angehen müssen. Und die Farmerinnen und Farmer bekommen dazu das passende Angebot von uns.

Vielen Dank für das Gespräch!

Lesen Sie hier im ersten Teil des Interviews, wie das Kaffeeprogramm von Tchibo  Kaffeefarmer wirtschaftlich voranbringen und sie resilienter gegenüber dem Klimawandel und anderen Krisen machen will. Im zweiten Teil des Interviews erfahren Sie, warum der wirtschaftliche Erfolg von Kaffeefarmen entscheidend ist, um nachhaltige Praktiken in Kaffeeanbau-Regionen zu etablieren.

Quelle: UmweltDialog
 

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