"Tickende Zeitbomben Kavernenspeicher"
Die 244 Öl- und Erdgasspeicher in Deutschland werden von Aufsichtsbehörden nur unzureichend technisch überwacht. Das berichtete "ZDFzoom" in der Dokumentation "Tickende Zeitbomben - Wie gefährlich sind Speicher unter Tage?". Bislang gibt es keine gesetzliche Vorschrift, die bis zu 1000 Meter tiefen Rohrleitungen zwischen Erdoberfläche und sogenannten Kavernenspeichern während der Betriebsphase umfassend zu kontrollieren.
05.12.2014
Tief im Untergrund, in gigantischen Hohlräumen und eingeschlossen im Salz, lagern Deutschlands Reserven für Öl- und Erdgas. Für die Energiepolitik der Republik spielen Kavernenspeicher eine zentrale Rolle: 23 Milliarden Kubikmeter Gas werden unter Tage gespeichert. Das entspricht rund einem Viertel des gesamtdeutschen Jahresverbrauchs. Hinzu kommen 25 Millionen Tonnen Öl als nationale Reserve für Krisenzeiten.
Bislang galt die Speichertechnik als sicher. Doch erste Laborversuche am Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Darmstadt zeigen, dass durch Bodenabsenkungen Kräfte entstehen können, die zum Versagen des Tiefbohrzements und damit auch des gesamten Rohrsystems führen. "Da kann es passieren, dass eine solche Bohrung bei jahrzehntelanger Beanspruchung undicht wird", so Institutsleiter Ingo Sass. "Wenn es bei einer Speicherbewirtschaftung zu unterschiedlichen Setzungen kommt, kann es schon mal zu größeren Bewegungen kommen und dann ist vorstellbar, dass große Kräfte angreifen."
Eine regelmäßige Überprüfung der Bohrloch-Integrität, wie sie bei Trink- oder Thermalwasserbrunnen Standard ist, findet bei Öl- und Erdgasspeichern unter Tage bislang nicht statt. Die mehrere hundert Meter langen Rohrstrecken stellten - ähnlich wie beim Fracking auch - ein potentielles Risiko dar, sagt Sass: "Es ist immer problematisch, wenn ein starres Rohrsystem in eine Umgebung einbetoniert ist, die in Bewegung gerät. Deshalb bedarf es bei einer solchen Speichertechnologie auch besonderer Aufmerksamkeit."
Eklatante Mängel?
Überall dort, wo Kavernenspeicher gebaut und betrieben werden, gibt es Erdabsenkungen. Im Kavernenfeld Epe in Nordrhein Westfalen etwa, dem weltweit größten Speicherareal, hat sich die Oberfläche über Jahrzehnte um bis zu 70 Zentimeter abgesenkt. Völlig ungeklärt ist bislang, welche Auswirkungen die damit verbundenen geomechanischen Kräfte auf das Kavernenrohrsystem und dessen Dichtigkeit haben.
Im Genehmigungsverfahren hätten diese Aspekte keine Rolle gespielt, bestätigt ein Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg gegenüber "ZDFzoom". Harald Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Umweltministerium, spricht von einem eklatanten Mangel, denn "wenn das nicht gemacht worden ist und auch jetzt nicht kontinuierlich kontrolliert wird, dann weiß keiner, ob sich etwas bewegt und was für Toleranzen es gibt."
Einen entsprechenden Korrekturbedarf im Bundesberggesetz sehe man trotz der jüngsten Störfälle nicht, antwortet eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage von "ZDFzoom". Für Genehmigung und konkrete Betriebsauflagen von Speicherkavernen sei auch nicht der Bund, sondern die Länder zuständig.