Deutsches Kinderhilfswerk veröffentlicht Kinderreport 2015
In Deutschland bestehen erhebliche Defizite sowohl bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention als auch bei der Bekanntheit der Kinderrechte selbst. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Kinderreport 2015.
02.02.2015
Nur vier Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen und drei Prozent der Erwachsenen kennen genau die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte, jeweils 19 Prozent wissen ungefähr Bescheid. Gleichzeitig wissen 49 Prozent der Kinder und Jugendlichen bzw. 36 Prozent der Erwachsenen nicht, was sich hinter der UN-Kinderrechtskonvention verbirgt.
"Kinderrechte sind kein Gedöns"
Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, betont: „Die Ergebnisse des Kinderreports 2015 zeigen, dass wir in Deutschland eine Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte brauchen, die Kinder und Erwachsene erreicht. Kinderrechte sind kein Gedöns, sie gehören ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit. Wir erleben derzeit ganz aktuell wie wichtig es ist, unsere Demokratie zu fördern und ein gesellschaftliches Miteinander zu ermöglichen. Dafür müssen wir auch Kindern Räume für echte Mitbestimmung eröffnen. Kinderrechte gehören in schulische Lehrpläne ebenso wie in Bildungspläne von Kindertageseinrichtungen. Sie sind ein Querschnittsthema für das gesamte Handeln von Staat und Zivilgesellschaft und dürfen eben nicht nur dann ein Thema sein, wenn es um Kinderarbeit in Entwicklungsländern geht. Alle Kinder in Deutschland haben Rechte, die nicht umgesetzt werden, das gilt für den Bereich der Mitbestimmung genauso wie für soziale Sicherheit."
Darüber hinaus fordert Krüger: "Die Ergebnisse des Kinderreports 2015 verdeutlichen einmal mehr, dass wir dauerhaft armutsfeste Löhne und mehr Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende brauchen. Wichtig ist zudem die Kostenbefreiung beim Schulessen, bei Lehrmitteln und bei Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Bezüglich der Nutzung des Internets als beliebtestes Informations- und Kommunikationsmedium von Kindern und Jugendlichen besteht dringender Handlungsbedarf. Hier gilt es einerseits ein zeitgemäßes Jugendmedienschutzrecht zu implementieren, das Sicherheit vor Missbrauch, vor problematischen Inhalten und vor allem Orientierung schafft. Andererseits müssen die Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen für eine verantwortungsvolle und selbstbestimmte Mediennutzung gefördert werden. Denn nur so können Kinder ihr Recht auf demokratische Teilhabe an der Informationsgesellschaft wirklich in die Tat umsetzen.“
Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, erklärt: „Es geht nicht an, dass Kinderrechte, die international festgeschrieben sind, in Deutschland noch nicht in geltendes Recht überführt wurden und Kinder damit in Deutschland weniger Rechte haben als in anderen Ländern. Die Ergebnisse des Kinderreports zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, Kinderrechte endlich als eigenständige Rechte im Grundgesetz zu verankern. Denn Kinder haben ganz besondere Bedürfnisse und Anforderungen und benötigen einen speziellen Schutz und besondere Förderung für ein gelingendes und gutes Leben. Es muss unser Ziel sein, Kindern ein Recht auf Fürsorge, Bildung, bestmögliche Entwicklung und individuelle Förderung zu garantieren. Dafür brauchen Kinder eine starke Stimme. Es wird Zeit, dass sich der Bundestag in Gänze endlich als solche versteht."
Auch in Deutschland leben immer mehr Kinder in Armut
"Wenn wir die Situation von Kindern betrachten, zeigen sich in jüngerer Zeit besorgniserregende Entwicklungen: Immer mehr Kinder leben auch in Deutschland in Armut, die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sowie die Zahl der asylsuchenden Kinder in Deutschland nimmt dramatisch zu, und weltweit geraten Kinderrechte durch gewaltsame Konflikte, Kinderarbeit und die Folgen von Klimawandel und Flucht immer stärker unter Druck. In einer solchen Situation muss die Lage von Kindern neu bewertet werden und müssen gezielte Maßnahmen zum Zuge kommen. Dazu bieten die internationalen Verhandlungen zu den Nachhaltigkeitszielen in diesem Jahr eine zwingende Gelegenheit, aber auch die deutsche Politik sollte endlich umsteuern, vor allem in der Bildungs-, Migrations-, Teilhabe- und Sozialpolitik. Der Schutz von Kinderrechten ist schließlich echte Nachhaltigkeitspolitik im Wortsinne“, so Roth weiter.
Hier finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse zu den General Comments und die ausführlichen Ergebnisse der repräsentativen Umfrage sowie eine politische Einschätzung, was aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes getan werden sollte, um den Kinderrechten in Deutschland mehr Bedeutung zukommen zu lassen und die Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendliche zu verbessern.
Den vollständigen Report können Sie hier einsehen.