Südafrika: Zuma geht, Korruption bleibt
Der neue Präsident der Republik Südafrika Ramaphosa mag aktuell mehr Glaubwürdigkeit genießen als sein Vorgänger Zuma. Der ersehnte Visionär ist er aber nicht. Denn strukturelle Probleme wie das Leistungsbilanzdefizit und die relativ hohe, wenn auch stabile Inflationsrate werden von ihm nicht effektiv in Angriff genommen. Auch beim Thema Korruption bleibt alles beim Alten. Das berichtet die IKB Bank in einer Landesstudie.
18.05.2018
Mit der Ernennung von Cyril Ramaphosa zum Präsidenten des ANC (African National Congress) und der Republik Südafrika ist das Vertrauen auf eine politische wie auch wirtschaftliche Neuausrichtung am Kap der Guten Hoffnung gestiegen. Dies ist angesichts der Korruptionsvorwürfe gegen den alten Präsidenten Jacob Zuma durchaus nachvollziehbar. Das Land, dessen soziale und ökonomische Strukturen auch fast 25 Jahre nach Ende der Apartheid noch immer sehr ungleich sind, benötigt
einen Präsidenten, der nicht nur eine effektive Führungskraft ist, sondern vor allem ein Vorbild und Visionär, mit dem sich alle Volksgruppen identifizieren können. Nelson Mandela war solch eine Persönlichkeit. Als er 1994 Staatspräsident wurde, hat er
durch Glaubwürdigkeit, Integrität und Visionen Aufbruchstimmung und Kompromissbereitschaft erzeugt – sowohl bei der schwarzen als auch bei der weißen Bevölkerung in Südafrika. Diese Stimmung wurde im Begriff der „Regenbogennation“
zusammengefasst.
Doch bereits unter seinem Nachfolger Thabo Mbeki ging diese Vision verloren. Erneut hielt eine wirtschaftliche Ordnung Einzug, die eine ethnisch basierte Umverteilung durch neue Gesetzgebung (black economic empowerment) initiierte. Auch Zuma hatte diese Politik fortgesetzt, die von Korruption, Vetternwirtschaft, Ineffizienz und
Fehlallokation von Ressourcen begleitet wurde.
Das größte Problem Südafrikas ist weniger die Korruption des Staates, sondern die Tatsache, dass die Wirtschaftspolitik der Mehrheitspartei ANC von Verteilungsfragen dominiert wird. Armut und ungleiche Verteilung von Einkommen werden immer noch auf die Apartheidspolitik zurückgeführt. Doch auch, wenn diese sicherlich entscheidend zu rassistisch motiviertenn sozialen Disparitäten beigetragen hat, liegt die Lösung nicht in einer erneuten Umverteilung von Land, Kapital und Opportunitäten, die dem Staat eine legitimierte Grundlage gibt, Eigentumsrechte in Frage zu stellen und die Tür für Korruption zu öffnen. Der Fokus auf Umverteilung schafft eine Erwartungshaltung, die der Staat aufgrund des aktuellen Wachstumspotenzials der Wirtschaft nicht erfüllen kann. Auch werden die Menschen nicht in die Lage versetzt, selbstständig ihren sozialen und wirtschaftlichen Status zu verbessern.
Kaum wirtschaftliches Wachstum
Infolge dieser Politik kann Südafrika auch fast 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid keine bedeutenden Erfolge bei der Lösung der grundsätzlichen Probleme des Landes vorweisen. Weiterhin zeigt das Land ein ungenügendes Potenzialwachstum. Selbst bei einem nur moderaten konjunkturellen Aufschwung entsteht schnell Inflationsdruck und das Leistungsbilanzdefizit weitet sich aus. Zudem sinkt die Wachstumsdynamik nun schon seit mehreren Jahren, vor allem aber seit der Präsidentschaft von Zuma (2009 bis Anfang 2018).
In den letzten Quartalen hat sich das Wirtschaftswachstum auf rund 1 Prozent eingependelt und verharrt somit deutlich unter dem auch so schon geringen aktuellen Potenzialwachstum von geschätzten 2 Prozent. Eine effizientere Steuerung des Staatsapparates unter Ramaphosa wäre deshalb nicht nur wünschenswert, um die
Grundbedürfnisse der Bevölkerung besser zu befriedigen, sondern auch, um eine Wende beim sinkenden Potenzialwachstum einzuleiten.
Doch die größte wachstumshemmende Schwachstelle bleibt das mangelhafte Bildungssystem. Fehlanreize haben dazu geführt, dass Fachkräfte en masse das Land verlassen. Im Schulsystem wird zwar eine offizielle Abschlussquote von rund
75 Prozent angegeben; durch die hohe Ausfallrate bei Prüfungen ist jedoch von einer effektiven Rate von unter 40 Prozent auszugehen. Nicht einmal jeder zweite Schüler macht somit einen Schulabschluss. Und dies, obwohl das Land über 20 Prozent des Staatshaushalts für Bildung ausgibt; Bildung ist der größte staatliche Ausgabenblock.
Konfliktpotenzial aufgrund mangelhafter Bildung
Eine hohe Arbeitslosenquote und niedrige Produktivität bei gleichzeitig großer Armut und Erwartungen an ein besseres Leben sorgen für einen anhaltenden und sich
verschärfenden Konflikt zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Die Arbeitslosenquote ist nie nennenswert gesunken und liegt aktuell bei über 25 Prozent. Zwar wird als Ursache das schwache Wachstum angegeben. Es ist jedoch eher so, dass
mangelhafte Bildung höhere Produktivität und somit Wachstum verhindert.