Weiterhin keine Killerdrohnen erlaubt
Am Ende des einwöchigen Treffens von Regierungsexperten zu autonomen Waffen wurde Anfang September eine Einigung über einen gemeinsamen Bericht erzielt. Ergebnis: Die 88 Staaten, die am sechsten Treffen über tödliche autonome Waffensysteme im Rahmen des Übereinkommens über konventionelle Waffen (CCW) teilnahmen, konnten sich lediglich darauf einigen, der CCW-Jahrestagung im November zu empfehlen, die (unverbindlichen) Beratungen zu diesem Thema im nächsten Jahr fortzusetzen.
17.09.2018
„Schon wieder haben wir die Chance nicht genutzt, eine neue Technologie der Gewalt, ein potenziell verheerendes Wettrüsten und beispiellose Bedrohungen des menschlichen Lebens und der Menschenwürde zu verhindern“, beklagt Thomas Küchenmeister von Facing Finance, einer deutschen Mitgliedsorganisation der internationalen „Campaign to Stop Killer Robots“.
Grundsätzlich nahm die Unterstützung für ein neues, rechtlich verbindliches Instrument bzw. Verbot von tödlichen, autonomen Waffensystemen und die Beibehaltung einer sinnvollen menschlichen Kontrolle über die Anwendung von Gewalt deutlich zu. Große Übereinstimmung herrschte auch darüber, dass eine gewisse Form menschlicher Kontrolle über Waffensysteme und die Anwendung von Gewalt gewährleistet werden muss. Während die VN-Staatengemeinschaft mehrheitlich über die Entwicklung und den Einsatz tödlicher autonomer Waffensysteme verhandeln will, verhinderte aber das Konsensprinzip Fortschritte in Bezug auf Verbindlichkeit bei den Gesprächen der VN-Waffenkonvention.
Verhandlungen über ein rechtsverbindliches Instrument bzw. ein Präventivverbot, gefordert unter anderem von Brasilien, Österreich, Chile, einer Gruppe afrikanischer Staaten sowie der Staatengruppe der blockfreien Länder, wurden von den USA und Russland kategorisch abgelehnt. Einige Länder (z.B. Brasilien), äußerten auch Kritik am Vorsitzenden, Botschafter Amandeep Singh Gill aus Indien, der in seinem Berichtsentwurf die (kritischen) Inhalte der Diskussion nicht wiedergeben würde. Gill erhoffte sich eine „(...) Einigung über Leitlinien für die Entwicklung und den Einsatz solcher Systeme (...)“, was nicht in Richtung einer verbindlichen völkerrechtlichen Regelung und schon gar nicht in Richtung eines Verbots abzielt.
Aber auch eine kleine Gruppe von zumeist EU-Staaten, angeführt von Frankreich und Deutschland, unterstütze mit dem Vorschlag einer unverbindlichen politischen Erklärung, ein konkretes Verhandlungsmandat über ein rechtlich verbindliches Instrument nicht. So ermöglichte das Verhalten auch dieser Staaten letztendlich nur, das derzeitige Mandat („Optionen“ für die zukünftige Arbeit zu erforschen) fortzusetzen und den Prozess weiter zu verschleppen.
„Es ist frustrierend und beschämend zu beobachten, wie gerade die Länder, die Waffen mit autonomen Fähigkeiten haben, diese (weiter-) entwickeln oder diese zukünftig beschaffen wollen - und dazu gehört auch Deutschland – eine so dringend notwendige Weiterentwicklung des int. Völkerrechts in Bezug auf autonome Waffen verhindern“, betont Thomas Küchenmeister.
Die internationale Kampagne lehnt die Entwicklung von Waffensystemen, die nach ihrer Aktivierung in der Lage sind, Ziele ohne menschliches Zutun auszuwählen und anzugreifen, entschieden ab. Das IKRK betonte, dass Waffen ohne menschliche Kontrolle illegal seien.
Autonome Systeme und Waffen auch in Deutschland?
Deutschland erklärte, dass hoffentlich nie autonome Waffen eingesetzt werden, bezog sich damit aber nur auf noch nicht existierende Waffensysteme. Diese Sichtweise will zum einen deutsche Waffen, die ohne menschliche Kontrolle Ziele suchen und zerstören können (z.B. die laut Hersteller „intelligente, autonome Munition“ SMART 155) aus einer Verbotsdiskussion heraushalten. Zum anderen ignoriert die deutsche Position (bewusst) Forschungsergebnisse des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstitutes (SIPRI), welches gerade mindestens 381 autonome Systeme dokumentierte, die für Verteidigungszwecke entwickelt wurden. Auch auf Waffenmessen in Paris und Abu Dhabi wurden dieses Jahr bereits vollautonome Waffen (z.B. „loitering ammunitions“ aus Israel oder Drohnen aus der Türkei) ausgestellt.
Ein aktueller Bericht (Autonomous Weapons Market Report 2018-2028) der Wirtschaftsforschungsagentur Visiongain geht davon aus, dass der globale Markt für autonome Waffen im Jahr 2018 einen Umsatz von 11,4 Milliarden US-Dollar generieren wird.
Laut aktuellem Koalitionsvertrag wollen Deutschland und Frankreich gemeinsam Technologieprogramme zu „Robotik“ und „autonomen Systemen“ schaffen. Wörtlich ist dort zu lesen, dass Deutschland mittels einer „Plattform Lernende Systeme“ die Bereiche „Künstliche Intelligenz“ (KI) und „maschinelles Lernen“ aufbauen und diese „(…) konsequent auf Anwendungen in allen Feldern der Forschungs- und Innovationsstrategie ausrichten (…)“ will. Dies schließt offensichtlich eine militärische Verwendbarkeit dieser Technologien nicht aus. Frankreich hat bereits verkündet, jährlich 100 Millionen Euro für die Erforschung von KI im Rahmen einer Innovationsoffensive zur Entwicklung zukünftiger Waffensysteme ausgeben zu wollen. Auch Bayern, Sitz vieler Rüstungsunternehmen, will rund 280 Millionen Euro für künstliche Intelligenz ausgeben und europäischer Spitzenreiter in diesem Bereich werden. Deutsche Unternehmen wie z.B. Rheinmetall oder das deutsch-französische Rüstungsunternehmen KNDS bieten unbemannte, bewaffnete Roboterfahrzeuge an (z.B. OPTIO X20), die ferngesteuert oder autonom operieren können.
„Wer die VN-Waffenkonvention als geeigneten Ort für Gespräche über autonome Waffen bezeichnet, so wie z.B. Deutschland und die USA es getan haben, der weiß, dass dieses Forum hauptsächlich dazu dient, bestimmte Waffen vor Verboten zu schützen“, erklärt Thomas Küchenmeister. Er verweist darauf, dass die Blockade dieser wenigen Staaten jetzt, und genau wie bei Landminen und Streumunition, dazu führen könnte, dass die Mehrheit der verhandlungsbereiten Staaten außerhalb der Vereinten Nationen ein Verbot verhandeln wird. Damit werde Verantwortung übernommen, um rechtsverbindlich sicherzustellen, dass immer Menschen die Entscheidung zwischen Leben und Tod im Kontext von Waffen Einsätzen treffen, so Küchenmeister.