Serienheldinnen steigern politisches Engagement
Politische Fernsehdramen mit weiblichen Hauptfiguren erhöhen das Interesse an der Politik. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Purdue University. Forschungsleiterin Jennifer Hoewe sieht in politischen Serien mehr als nur Unterhaltung. Es sei auch möglich, Menschen damit zu mobilisieren.
18.04.2019
"Die Frage ist, wer diese politischen Serien schaut. Es ist wichtig, ob die Seher vorher schon politisch interessiert waren. Meist konsumiert man die Inhalte, die die eigene Lebenswelt streifen. Die Wirkung auf die politische Einstellung ist eine Huhn-oder-Ei-Frage. In den meisten Fällen ist sie bereits vorhanden. Aber es ist schon möglich, dass man sich noch stärker engagiert, wenn man sich in der Freizeit mit diesen Themen beschäftigt. Der Medieneinfluss ist nicht so entscheidend wie die Haltung im Alltag", sagt Stefan Caduff, Geschäftsleiter der Medienpsychologie-Institution SAPIA.
Identifikation mit Hauptfigur
Für die Studie wurden 218 Fans der Polit-Serien "The Good Wife", "Scandal" und "Madam Secretary" befragt. Etwa 70 Prozent waren weiblich. Zwei Aspekte wurden berücksichtigt: Ob sich die Zuschauer in die Handlung einfühlen und ob sie sich mit der Hauptfigur identifizieren können. Die Zuschauer, die sich mit der Handlung und der Hauptfigur verbunden fühlen, neigen eher zu politischem Interesse und politischer Partizipation. Sie gaben eher an, politische Veranstaltungen zu besuchen, Petitionen in Umlauf zu bringen und Politiker zu kontaktieren. Dieser Effekt verstärkte sich, je mehr von den Serien die Probanden sahen.
"Die Identifikation mit Charakteren ist ein gängiges Phänomen, vor allem bei Stereotypen. Das funktioniert ähnlich wie bei einem realen Gegenüber, mit dem man mitfühlt, dessen Gedanken man kennt und dessen Verhalten man antizipieren kann. Diese Identifikation kann der Unterhaltung dienen, aber auch ein anderes Lebensmodell präsentieren. Man hat hier die Möglichkeit, die eigene Wahrnehmung kritisch zu überprüfen. Das zeigen die Erfolge von diversen Serien und Charakteren", meint Psychologe Christian Gutschi.
Klischees gezielt umkehren
Laut Hoewe sind die drei untersuchten Serien Ausnahmen in der Medienlandschaft, weil sie Frauen in politischen Positionen zeigen und dabei keine Stereotypen bedienen. Es sei von Vorteil, Klischees umzukehren, um die Identifikation zu steigern. Hoewe sieht in politischen Serien Potenzial für alle Bevölkerungsgruppen, nicht nur für Frauen, um zu vermitteln, dass jeder am politischen Diskurs teilnehmen kann.
"Stereotype sind oft sehr beliebt, weil sie leicht zu erkennen sind. Man kann sich gut mit ihnen identifizieren. Persönlichkeitsfaktoren spielen bei der Identifikation eine große Rolle. Die meisten suchen eine Bestätigung von sich selbst. Aber es kommt auch vor, dass man sich mit Charakteren beschäftigt, die viele Fragen aufwerfen oder einen sogar abstoßen. Man identifiziert sich hier mit Aspekten von sich selbst, mit denen man sich schwer tut. Das kann für die eigene Persönlichkeitsentwicklung durchaus interessant sein", so Gutschi abschließend.