Politik

Die europäische Wirtschaft blickt gen Osten

Osteuropa und Zentralasien werden immer attraktiver für die Wirtschaftszusammenarbeit. In Deutschland wirbt der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft für eine stärkere Kooperation, insbesondere in den Bereichen digitale und grüne Zukunftstechnologien. Ostausschuss-Vorsitzender ist Wilo-CEO Oliver Hermes. Der Pumpen-Hersteller engagiert sich bereits intensiv in der Region.

18.02.2021

Die europäische Wirtschaft blickt gen Osten
Oliver Hermes, Vorstandsvorsitzender und CEO der Wilo Gruppe.

Ist Eurasien – also die Staaten Osteuropas und Zentralasiens – zum entscheidenden geo-ökonomischen Interessenobjekt des 21. Jahrhunderts geworden? So sieht es Jacopo Maria Pepe von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Entwicklung in der Region wird jedenfalls von mehreren Seiten aufmerksam verfolgt, sowohl von China als auch der Europäischen Union. Beide Großräume erhoffen sich dort den Zugang zu attraktiven, miteinander verflochtenen Märkten, analysiert der Münchener Osteuropawissenschaftler Alexander Libman.

Lange beschränkte sich die wirtschaftliche Kooperation zwischen der EU und den Ländern Osteuropas und Zentralasiens auf die Verlagerung von Produktionskapazitäten in die Länder, die mit günstigen Lohnkosten bei einer vergleichbar guten Produktivität locken. Auch viele deutsche Unternehmen gingen diesen Weg. Im Jahr 2014 wanderten bereits rund acht Prozent aller Investitionen deutscher Unternehmen nach Mittel- und Osteuropa, berichtete „Markt und Mittelstand“. Tendenz: steigend. Als besonders attraktiver Standort galt damals wie heute der direkte Nachbar Polen.

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Die Rolle Eurasiens hat sich seitdem deutlich gewandelt. Die EU und China sehen die Region mittlerweile vor allem als Brücke nach Russland und zum jeweils anderen Wirtschaftsblock. Deswegen geht es verstärkt darum, Verbindungen und Infrastruktur zu schaffen. China bindet Eurasien beispielsweise in sein Projekt der „Neuen Seidenstraße“ ein und plant laut tagesschau.de groß angelegte Infrastrukturprojekte – von Zugstrecken, Straßen und Häfen bis hin zu Kraftwerken, Pipelines und Flughäfen. Die EU wiederum legte 2018 ihren „europäischen Ansatz für eine nachhaltige Konnektivität“ vor. Darin geht es um die Schaffung von Verkehrs-, Energie- und digitalen Verbindungen, „Konnektivitätspartnerschaften“ mit Ländern und Organisationen in der Region und schließlich die nachhaltige Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen.

Das „Rennen“ um den Zugang zum eurasischen Wirtschaftsraum hat sich durch die Verwerfungen der Corona-Pandemie noch beschleunigt, meint Jacopo Maria Pepe. Derzeit verschiebe sich die Macht zwischen Russland, China und den USA. Es entstünden neue Freiräume, die die EU nutzen sollte. China ist da bereits einen Schritt weiter: Ende 2020 begründete es mit 14 weiteren Staaten des ostasiatisch-pazifischen Wirtschaftsraums das Freihandelsabkommen „Regionale Umfassende Wirtschaftspartnerschaft“ (RCEP), das ein knappes Drittel des Welthandels und 30 Prozent der Weltbevölkerung umfasst. Die FAZ sieht darin einen „Weckruf für Washington und Brüssel“.

Ost-Ausschuss will starken, gemeinsamen Wirtschaftsraum

Eine engere Kooperation der EU mit Eurasien mahnt auch der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (OA) an. Der Verband versteht sich als Kompetenzzentrum und Interessenvertretung der deutschen Wirtschaft in Richtung der 29 Länder der eurasischen Region. Nur ein „starker, gemeinsamer Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok“ ermögliche es Europa, „weltweit führend bei digitalen und grünen Zukunftstechnologien zu werden“, ist der OA überzeugt, und legt damit einen besonderen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Besonders am Herzen liegt dem OA eine vertiefte Zusammenarbeit mit der 2014 von Russland, Belorussland, Armenien, Kasachstan und Kirgisistan gegründeten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU).
Oliver Hermes, der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, betont, dass politische Gräben durch wirtschaftliche Kooperation überwunden werden können. Handlungsfelder erkennt der OA-Vorsitzende einige, „angefangen vom Klimaschutz und dem Aufbruch ins nicht-fossile Zeitalter über Digitalisierung und Industrie 4.0 bis hin zur Überwindung der Corona-Krise und dem Ausbau des Gesundheitssystems.“ Dementsprechend fördert der OA mit zahlreichen eigenen Aktivitäten den Dialog zwischen beiden Wirtschaftsräumen. Mit dem vor einem Jahr gegründeten Arbeitskreis „Energie und Nachhaltigkeit“ wird dabei ein Schwerpunkt auf Nachhaltigkeitsthemen gelegt, so etwa im Februar 2021 gemeinsam mit dem Arbeitskreis Mittelosteuropa bei einer Diskussion zu den Chancen und Perspektiven des European Green Deal für Polen.

Die wichtige Rolle Russlands würdigend, starteten im Dezember 2020 gleich zwei neue Formate unter Beteiligung des OA, die Nachhaltigkeitsthemen in den Fokus der Kooperation rücken. Gemeinsam mit Bundesaußenminister Heiko Maas wurde der virtuelle Startschuss für das deutsch-russische Themenjahr „Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung 2020 – 2022“ gegeben und die Gründung des Deutsch-Russischen Unternehmerrates bekanntgegeben. In diesem Gremium, das Unternehmen und Wirtschaftsverbände beider Staaten vernetzen soll, ist Oliver Hermes einer der deutschen Co-Vorsitzenden. Schwerpunktthemen des Rates sollen die Kooperation beim Europäischen Green Deal, beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und bei der Digitalisierung werden.

Die neuen Pumpen von Wilo sind nicht nur energiesparender, sondern verursachen deutlich weniger CO2-Emissionen
Die neuen Pumpen von Wilo sind nicht nur energiesparender, sondern verursachen deutlich weniger CO2-Emissionen

Wilo realisiert grüne Zukunftsprojekte in Osteuropa

Dass sich mit Oliver Hermes der CEO des Premiumanbieters für Pumpen und Pumpensysteme Wilo an herausgehobenen Positionen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Europas mit Osteuropa und Zentralasien engagiert, ist naheliegend. Denn das weltweit tätige Unternehmen mit Stammsitz in Dortmund bringt viel praktische Erfahrung und Expertise mit Nachhaltigkeitsprojekten östlich der deutschen Landesgrenzen mit.

Gerade mit modernen Pumpensystemen kann ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden, sagte etwa Marc Stiebing, Senior Vice President Sales Region Mature Markets bei Wilo, im Oktober bei einer Videokonferenz des OA mit Vertretern der ukrainischen Wirtschaft: „Pumpen verbrauchen heute etwa zehn Prozent der weltweiten Energie, und 90 Prozent dieser sind veraltet.“ Es lohne sich, veraltete Pumpen zu ersetzen: „Durch den Austausch ist es möglich, Einsparungspotenziale von bis zu 70 Prozent zu erzielen“, betonte er.

Über ein entsprechendes Projekt berichtete Oliver Hermes dann kurze Zeit später bei einer Veranstaltung zum 25-jährigen Bestehen der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer: „Mit Hilfe unserer digitalen, smarten und konnektiven Pumpen konnten wir in einer Stadt nahe Warschau über 750 Haushalte mit Wasser versorgen und dabei gleichzeitig Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent erzielen.“

Über konkrete Projekte hinaus fördert Wilo auch den Dialog zwischen dem deutschen und osteuropäischen Wissenschaftsnachwuchs. Bereits zum zweiten Mal sponsert das Unternehmen dieses Jahr die German Russian Summer School (GRSS), ein Kooperationsprojekt der Uralen Föderalen Universität Jekaterinburg und der Technischen Universität Dortmund. Passend zum aktuellen deutsch-russischen Nachhaltigkeits-Themenjahr befasst sie sich in Jekaterinburg mit dem Themenbereich „Klimaschutz und neue Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Russland“. Die vorige, in Dortmund ausgerichtete Ausgabe der GRSS zum Thema „Smart Electricity and Engineering“ wurde erst jüngst zum Abschluss des deutsch-russischen Themenjahres 2018 bis 2020 für die Förderung des internationalen wissenschaftlichen Austauschs ausgezeichnet.

Quelle: UmweltDialog
 

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