Notleidende Bevölkerung in Afghanistan braucht schnelle Hilfe
Mehr als die Hälfte der Menschen in Afghanistan sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, also auf Nahrung, Trinkwasser, medizinische Versorgung und Unterkünfte. 13,2 Millionen Menschen, darunter viele Kinder, haben nicht ausreichend zu essen. Jeder Dritte Einwohner des Landes hungert. Internationale NGOs wie die Welthungerhilfe und Save the Children fordern daher die Fortsetzung der humanitären Hilfsmaßnahmen .
16.09.2021
Seit Beginn 2021 sind 590.000 Menschen wegen der Kämpfe im Land aus ihren Dörfern geflohen, viele nach Kabul. Vor allem in den ländlichen Regionen ist die Not groß. Erkundungsmissionen von lokalen Mitarbeitern der Welthungerhilfe in den letzten beiden Wochen im Norden Afghanistans (Privinzen Jawzjan, Balkh, Samargan) zeigen die dramatische humanitären Lage.
Viele Häuser wurden durch die Kämpfe zerstört und müssen vor dem anstehenden Winter repariert werden, um Schutz vor der Kälte zu bieten. Die Mehrheit der besuchten Dörfer hat keinen Zugang zu Trinkwasser, das heißt die Menschen sind entweder abhängig von Wasserlieferungen oder sie trinken Wasser aus ungeschützten Quellen oder Flüssen. Viele Frauen leben allein mit ihren Kindern, im Durchschnitt betrifft das jeden vierten Haushalt. Die Männer sind entweder gestorben, leben als Flüchtlinge in den Nachbarländern oder sind an Kämpfen beteiligt gewesen. Je nachdem, was die Taliban anordnen, ist es für diese Frauen schwierig, das Haus zu verlassen. Viele von ihnen wissen nicht, wie sie Lebensmittel bezahlen sollen. Viele Dörfer sind sehr abgelegen, zum nächsten Markt sind es oft zehn Kilometer oder mehr. Das ist vor allem für alleinstehende Frauen enormes Problem. Keines der Dörfer erhält derzeit Nahrungsmittelhilfe von außen: Staatliche Hilfen und Lebensmittelverteilungen durch die UN sind eingestellt worden.
Die humanitäre Hilfe muss dringend fortgesetzt und aufgestockt werden, um Menschenleben zu retten. Die Welthungerhilfe ist im Land und will diese dringend benötigte Unterstützung leisten. Die Rahmenbedingen, unter denen diese Hilfe geleistet wird, müssen mit der neuen Regierung verhandelt werden. Dazu gehört der freie und ungehinderte Zugang zu den Bedürftigen, die Neutralität der humanitären Hilfe und Sicherheitsgarantien für die Helfer. Diese Verhandlungen sollten die Bundesregierung und auch die internationale Staatengemeinschaft weiterführen. Die humanitäre Hilfe hat eindeutig Priorität. Unter welchen Bedingungen und wann die bilaterale staatliche Entwicklungshilfe fortgeführt werden kann, muss in einem zweiten Schritt entschieden werden. Auch hier sollte es klare Bedingungen geben.
Die Welt muss den hungernden Kindern Afghanistans helfen, fordert Save the Children vor UN-Konferenz
Auch Save the Children fordert anlässlich der UN-Konferenz zu Afghanistan mehr Hilfsgelder. Das Land befindet sich in einer humanitären Notlage, die sich aufgrund steigender Lebensmittelpreise, Dürre und vermehrter Vertreibungen immer weiter zuspitzt.
„Seit Jahren kämpfen afghanische Kinder ums Überleben, aber ihre Chancen verschlechtern sich von Tag zu Tag. Millionen stehen in Afghanistan am Rande ihrer Existenz. Familien verkaufen ihr Hab und Gut, um ihre Kinder zu ernähren. Die Dürre vernichtet den Viehbestand und treibt Millionen von Menschen in die Hungersnot. Afghanistan wird von einer Katastrophe nach der anderen heimgesucht und die Kinder bezahlen dafür im schlimmsten Fall mit ihrem Leben“, sagt Inger Ashing, CEO von Save the Children International.
„Wenn afghanische Kinder eine Überlebenschance haben sollen, ist mehr Hilfe notwendig. Save the Children wird weiterhin alles dafür tun, um Kindern und deren Familien, lebenserhaltende Hilfe zukommen zu lassen. Aber damit die Hilfsmaßnahmen fortgesetzt werden können, müssen Regierungen dringend handeln. Das Ausmaß des Leidens ist unvorstellbar. Die internationale Gemeinschaft muss in Afghanistans Zukunft investieren, bevor alle Fortschritte, die dort erzielt wurden, wieder zunichtegemacht werden. Jetzt ist nicht die Zeit, den afghanischen Kindern den Rücken zuzukehren“, betont Ashing.
In Afghanistan lebt weltweit die zweithöchste Anzahl an Menschen, die sich kurz vor einer Hungersnot befinden. Nach Schätzungen werden in der zweiten Jahreshälfte 5,5 Millionen Kinder von dieser Hungersnot betroffen sein. Schon vor der jüngsten Eskalation der Gewalt war davon auszugehen, dass in diesem Jahr die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren an akuter Unterernährung leiden würde. Diese Zahl dürfte nun, aufgrund der Auswirkungen von Dürre, COVID-19 und der kürzlich unterbrochenen Hilfsmaßnahmen, weiter steigen.