Politik

Wie kommen Habecks Klimaschutzpläne an?

Kürzlich hat Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, seine Eröffnungsbilanz zum Klimaschutz in Deutschland gehalten. Sein Fazit: Die bisherigen Maßnahmen sind unzureichend. Nun will er das Tempo beim Klimaschutz anziehen und zum Beispiel den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben. Ein Schritt in die richtige Richtung, meinen Experten.

13.01.2022

Wie kommen Habecks Klimaschutzpläne an?

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt, dass Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck eine schonungslose Startbilanz zum Stand des Klimaschutzes vorgelegt hat. „Wir benötigen nun ein radikal realistisches Klimaschutz-Sofortprogramm", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Dafür sind jetzt die Ministerien für Verkehr, Bau und Landwirtschaft gemeinsam mit dem Klimaminister in der Pflicht. Sie müssen in diesem Jahr ihre jeweiligen Sektoren auf einen Pfad zum Erreichen der Klimaziele bringen. Für die neue Bundesregierung ist es eine zentrale Messlatte, dass in allen Sektoren die Ziele erreicht werden. Alle Minister und Ministerinnen müssen ihren Beitrag für ein angemessenes Sofortprogramm liefern."

Anzeige

Da es auf die Gesamtmenge der freigesetzten Emissionen ankommt, fordert Germanwatch, dass die 2021 und 2022 angehäuften überzähligen Emissionen in den Folgejahren zusätzlich zu den Klimazielen dieser Jahre verringert werden. „Entscheidend", so Christoph Bals, „ist für die Klimazielerreichung zudem, dass sich das Klimasofortprogramm auf einen intelligenten Maßnahmenmix aus CO2-Bepreisung, Ordnungsrecht und Klimainvestitionen stützt."

NABU: Strategiewechsel für mehr Klimaschutz

Habecks klimapolitische Eröffnungsbilanz zum Jahresbeginn kommentiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger wie folgt: „Übertragen auf den Fußball könnte man von einem Trainerwechsel samt neuem Spielsystem sprechen. Nach einem Jahrzehnt in der Defensive soll beim Klimaschutz künftig endlich offensiv agiert werden. Die Abseitsgefahr ist dabei nicht zu unterschätzen, denn die Klimaziele für 2022 und 2023 stehen im Gesetz. Die Bundesregierung kann sie nicht einfach ausfallen lassen. Die angekündigte Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes samt höherer Ausbauziele ist jetzt genauso zu realisieren wie die Solardachpflicht. Ausschlaggebend für den Erfolg der Klimapolitik der neuen Bundesregierung wird sein, wie konsequent das angekündigte Klimaschutzsofortprogramm auch in den anderen Ressorts umgesetzt wird. Bei der Transformation der Sektoren Mobilität, Wärme und Landwirtschaft darf jetzt keine offene Flanke entstehen, um das 1,5-Grad-Limit nicht zu reißen. Dabei würden auch sofort wirksame Maßnahmen wie ein Tempolimit helfen. Auch dass die Lufthansa 18.000 fast leere Flüge durchführen muss, um Start- und Landerechte zu behalten, muss die Bundesregierung stoppen."

Klimapolitische Inventur mit Licht und Schatten, findet der BUND

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärt: „Es ist zu begrüßen, dass mit einer ehrlichen Analyse gestartet wurde und mit zügigen und großen Schritten nachgesteuert werden soll. Aus Sicht das BUND ist es nicht verwunderlich, dass voraussichtlich auch in diesem und im kommenden Jahr die Klimaziele der Bundesregierung verfehlt werden. Zu lange wurde Klimaschutz nicht ernst genug genommen, obwohl die protestierenden Menschen auf der Straße jahrelang lautstark auf die Kluft zwischen Worten und Taten hingewiesen haben.

Positiv ist der geplante Aufschwung für den naturverträglichen Ausbau der Solar- und Windenergie. Dieser ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende und für Klimaschutz in Deutschland. Für einen echten Aufschwung braucht es nun schnelle Maßnahmen für den dezentralen Ausbau und die Nutzung der erneuerbaren Energien in Bürgerhand. Eine Energiewende von oben wird scheitern. Positiv ist auch zu sehen, dass Energieeffizienz eine hohe Bedeutung bekommt. Dafür sind nun rechtlich verbindliche Energiesparziele nötig. Aber auch andere Sektoren müssen schnell liefern. Deutschland kann sich keine weiteren Lücken leisten. Besonders die Bereiche Landwirtschaft, Mobilität und Gebäude bleiben hinter ihren Klimazielen zurück.

Es muss klar gesagt werden: Deutschlands Klimaziele sind noch immer nicht kompatibel mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel. Ein klares Ja zum Kohleausstieg, der ein Schlüssel für das Erreichen der Klimaziele bis 2030 ist, ließ Habecks Eröffnungsbilanz leider vermissen. Kritisch sieht der BUND darüber hinaus auch, dass fossile Gasenergie noch zulange eine große Rolle spielen soll."

Globus_Erde_Fußabdruck_Verbrauch_Ressourcen_Überlastung

Pläne zum Klimaschutz gehen in richtige Richtung, so das IfW Kiel

Forschungsdirektor Global Commons und Klimapolitik am IfW Kiel, kommentiert die vorgestellten Pläne zum Klimaschutz von Bundesumweltminister Robert Habeck wie folgt: „Die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Rahmen seiner Eröffnungsbilanz vorgestellten Pläne zum Klimaschutz gehen grundsätzlich in die richtige Richtung. Sie sind geeignet, dass Deutschland seine ambitionierten Klimaziele erreichen kann. Allerdings bleibt Habeck äußerst vage bei der Frage, wie genau er seine Ziele erreichen will.

Der Fokus auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien ist alternativlos. Die Pläne sind daher ein wichtiges Signal, die von Vorgänger Altmaier angezogene Bremse zu lösen. Bislang wird der Ausbau häufig durch langfristige Genehmigungsverfahren und rigide Abstandsregeln wie in Bayern aufgehalten. Habeck will dies ändern, was für den Erfolg seiner Pläne entscheidend sein wird. Eine Priorisierung des Ausbaus von Wind- und Solarparks in Abwägungsentscheidungen ist hier ein richtiger Schritt.

Beim Ausbau der Solarfläche ist es richtig, auch Dachflächen in den Blick zu nehmen, um die Nutzungskonkurrenz auf Freiflächen mit Landwirtschaft, Tourismus oder Naherholung zu reduzieren. Allerdings ist eine pauschale Pflicht für Neubauten, ohne Berücksichtigung der Eignung der jeweiligen Dachflächen, nicht effizient. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in Kombination mit den ambitionierten Plänen zur energetischen Sanierung in diesem Sektor bereits deutliche Überhitzungserscheinungen und Fachkräftemangel gibt. Ohne entsprechende Materialien und vor allem Fachkräfte würden nicht sinnvoll tarierte Pflichtvorgaben nur zu einer unnötigeren Verteuerung der Klimapolitik führen. Begrüßenswert ist, dass Habeck die Bedeutung von Gaskraftwerken, die dann auf Wasserstoff umgerüstet werden können, betont.

Es ist wichtig, nicht aus ideologischen Gründen bestimmte Technologien zu präferieren oder auszuschließen. Daher müssen in Habecks Pläne auch die Abscheidung von CO2 und dessen Speicherung sowie der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre, so genannte negative Emissionen, Einzug finden. Ohne diese Technologien ist das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichbar. Bislang findet sich in Habecks Ausführungen bedauerlicherweise nichts dazu, beides ist allerdings im Koalitionsvertrag erwähnt.

Bedauerlich ist, dass die Weiterentwicklung der CO2-Bepreisung im Transport- und Wärmesektor keine Beachtung gefunden hat. Hier wäre ein früherer Einstieg in einen echten Emissionshandel sinnvoll. Auch gilt zwingend, dass Deutschland seine Klimapolitik nicht auf eine energiepolitische Nabelschau reduziert, sondern die europäische und internationale Anschlussfähigkeit, gerade im Hinblick auf effiziente Instrumente wie dem europäischen Emissionshandel, nicht aus den Augen verliert."

Quelle: UD/pm
 

Related Posts

Newsletter

Unsere Verantwortung/Mitgliedschaften

Logo
Serverlabel
The Global Compact
Englisch
Gold Community
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Caring for Climate

© macondo publishing GmbH
  Alle Rechte vorbehalten.

 
Lasche