Politik

Enthaltung bei EU-Lieferkettengesetz: Bundesregierung entzieht sich Verantwortung

Die Bundesregierung wird sich bei der Abstimmung über das EU-Lieferkettengesetz am kommenden Freitag der Stimme enthalten. Diese Entscheidung gab Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bekannt. Das SÜDWIND-Institut und Oxfam halten dieses Vorgehen für politisch unverantwortlich.

07.02.2024

Enthaltung bei EU-Lieferkettengesetz: Bundesregierung entzieht sich Verantwortung

Eva-Maria Reinwald, Referentin für Globale Wirtschaft und Menschenrechte, kommentiert:

„Für das EU-Lieferkettengesetz wurden in langen Aushandlungsprozessen Interessen gegeneinander abgewogen und Kompromisse gefunden. Trotz Einschränkungen wäre die Regulierung ein wichtiger Meilenstein für den Schutz all jener Menschen, die mit uns über globale Lieferketten verbunden sind. Sie würde Unternehmen erleichtern, den längst überfälligen Weg zu einer menschenrechtsbasierten und nachhaltigeren Wirtschaft einzuschlagen.

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Dass die Bundesregierung, die das EU-Lieferkettengesetz bis zuletzt mit verhandelt und eigene Positionen durchgesetzt hat, der Einigung nun ihre Zustimmung entzieht, ist ein herber Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen von Menschenrechtsverstößen. Statt als Fortschrittskoalition die Zukunftsfähigkeit europäischer Wirtschaft zu stärken, verspielt die Ampel als Rückschrittskoalition jede Glaubwürdigkeit als verlässlicher Verhandlungspartner.“

Dr. Jiska Gojowczyk arbeitet bei SÜDWIND zu Verantwortung in Wertschöpfungsketten in der Schuh- und Textilindustrie – ihr Statement:

„Die Entscheidung für eine Enthaltung ist direkte Komplizenschaft mit ausbeuterischen Betrieben entlang der Lieferketten. Ich habe erst kürzlich mit vielen Frauen in Indien und Indonesien gesprochen, die unter miserablen Bedingungen ihre Gesundheit in der Schuh- und Bekleidungsindustrie opfern. Ich habe ihnen gesagt: Wir arbeiten daran, dass eure Rechte in Europa gestärkt werden. Ab heute müssen wir aber sagen: Die Bundesregierung ist kein Verbündeter für eine gerechtere Welt.“

Tim Zahn, Oxfam-Experte für gerechte Lieferketten, kommentiert: 

„Mit der Enthaltung stellt die Bundesregierung Profitinteressen über den Schutz von Menschenrechten. Ein Hohn für die Millionen von Arbeiter:innen weltweit, die von der Richtlinie profitieren würden. Sollten sich weitere Länder einer Enthaltung anschließen oder mit ‚Nein‘ stimmen und das Gesetz kippen, stünde die Tür für Kinderarbeit und Ausbeutung weiterhin offen.“

Die Enthaltung des Bundesregierung ist auf Forderungen des FDP zurückzuführen. Dabei vertreten die Freien Demokraten nur einen kleinen Teil der Unternehmen. Denn viele Unternehmen haben öffentlich betont, dass die Blockade der Richtlinie zu mehr Rechtsunsicherheit führt. Nach einer Umfrage des Handelsblatts lehnen nur sieben Prozent der befragten Betriebe die neue Richtlinie ab.

Es liegt nun an den anderen EU-Mitgliedstaaten, die Abstimmung am Freitag zu beeinflussen. Es gibt aber auch noch eine weitere Option: Olaf Scholz kann jetzt seine Richtlinienkompetenz als Bundeskanzler nutzen. „Bundeskanzler Olaf Scholz muss jetzt Führungsstärke beweisen und dafür sorgen, dass Deutschland die Richtlinie unterstützt. Der Einsatz für gute Arbeitsbedingungen weltweit würde einem SPD-Kanzler besser zu Gesicht stehen als das Einknicken vor Profitinteressen. Wenn diese Chance verpasst wird, wird der Schutz von Menschenrechten um Jahre zurückgeworfen“, so Zahn.

In den Verhandlungen wurden die Forderungen der FDP bis zuletzt berücksichtigt. Mit ihrer Blockade schadet die FDP den Institutionen der Europäischen Union und macht Deutschland zu einem unzuverlässigen Partner.

Quelle: UD/na
 

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