Politik
Der erste Golfkrieg und die Umweltfolgen
In der Schlussphase der Operation Wüstensturm zerstörte die US-Luftwaffe im Februar 1991 etwa 700 zivile Ziele im Irak, um einen Wiederaufbau des Landes - für den sich die Sanktionen bereits abzeichneten - zu erschweren. Betroffen waren Produktionsanlagen für Zivilgüter, urbane und ländliche Infrastruktur sowie Trinkwasserreservoire für Wohn- und Agrargebiete.
17.03.2003
Vizepräsident Richard Cheney, heute einer der Falken innerhalb der Bush-Regierung, kündigte seinerzeit noch als Verteidigungsminister an: "Wenn ich dies noch mal tun müsste, würde ich es erneut genauso tun". Er ließ offen, was konkret gemeint war. Die Folgen des Umweltkrieges jedenfalls, der 1991 geführt wurde, spielen die USA bis heute herunter. Informationen darüber hält das Pentagon unter Verschluss. Um so wichtiger ist es, die ökologischen und humanitären Begleiterscheinungen der alliierten Operationen in Erinnerung zu rufen, über die gesicherte Erkenntnisse bestehen, um eine realistische Vorstellung von dem zu geben, was im Falle eines erneuten Angriffs auf die irakische Zivilbevölkerung zukäme.
Die USA hatten als Führungsmacht von Desert Storm - mit Billigung ihrer NATO-Verbündeten - a priori auch auf "ökologische Kriegführung" gesetzt, um die Zerstörungskraft konventioneller Waffen zu potenzieren. 1991 folgte die Golfkriegsallianz mit Air-Land-Battle (ALB) einer Militärdoktrin der US-Streitkräfte, die von der Vorstellung eines "integrierten Gefechtsfeldes" ausging, auf dem konventionell-elektronische, chemische und atomare Waffen so eingesetzt werden, das "integrierte Wirkungen" entstehen. Von den ökologischen und humanitären Konsequenzen her eine klar völkerrechtswidrige Philosophie.
Wasser und Öl
Einen Monat vor Beginn des Golfkrieges hatte die US-Regierung dem Partner Türkei als Nachbarstaat des Irak die Teilhabe an einem begrenzten Umweltkrieg gegen Saddam Hussein nahegelegt. Mit Hilfe des dortigen Staudammsystems sollten auf türkischer Seite die Flüsse Tigris und Euphrat so weit aufgestaut werden, dass der Abfluss in das Zweistromland Irak spürbar reduziert worden wäre. US-Experten schätzten damals, der Irak werde ein solches Wasser-Embargo kaum länger als drei Monate aushalten. Ein Verstoß gegen Völkerrechtsnormen, die eine Störung des ökologische Gleichgewicht einer Region aus militärischen Gründen untersagen und entsprechende Handlungen seit 1978 als Kriegsverbrechen einstufen.
Ankara wies zwar das Ansinnen der USA offiziell zurück, dennoch verringerte sich Anfang 1991das Dargebot des Euphrats um 40 Prozent. Diese faktische Halbierung der Wassermenge erhöhte die Konzentration toxischer Stoffe im Fluss, die infolge der Kampfhandlungen auftraten. Zugleich verringerte sich die Abflussgeschwindigkeit der Schadstoffe - ein virulenter Seuchenherd. Da auch die irakische Landwirtschaft auf das Euphratwasser angewiesen ist, beeinträchtigte der erhöhte Schadstoff-Anfall die Agrarproduktion erheblich.
Am 23. September 1990 - vier Monate vor Kriegsbeginn - hatte Saddam Hussein seinerseits angekündigt, wie er einen Krieg mit der und damit gegen die Umwelt zu führen gedenke. Er werde bei einem Angriff gegen sein Land "den Himmel auf Dauer verdunkeln lassen", hieß es. Der apokalyptischen Prophezeiung lag die Absicht zugrunde, gegebenenfalls eine Öko-Waffe einzusetzen, die bis dahin als der Auslöser eines Worst-Case-Szenarios in der Golfregion galt: Irakische Ingenieure sollten die Ölfelder Kuwaits in Brand setzten - und sie taten es. Im Februar 1991 brannten 550 der rund 1.200 kuwaitischen Ölquellen, ein Inferno und eine beispiellose Störung der ökologischen Balance.
Der durch die Brände bewirkte Ruß-Fallout schlug sich mit einem Gemisch aus Schwefeldioxid, Stickoxiden, Salpetersäure, toxischen und krebserzeugenden Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen sowie ultragiftigen Dioxinen (schwarzer Regen) monatelang in Wohngebieten und Küstengewässern nieder. Das Max-Planck-Institut (MPI) für Meteorologie sprach von einer Fallout-Konzentration von 500 Milligramm pro Quadratmeter über zwölf Monate hinweg. Im Umkreis von 350 Kilometern um Kuwait verfärbte sich der Wüstensand gräulich, die Bäume verloren ihre Blätter, wertvolle Seegrasfelder wurden zerstört. Etwa 300 Millionen Liter Öl verseuchten der Strömung folgend den Golf und gefährdeten das Trinkwasser von Anrainerstaaten wie Kuwait und Saudi-Arabien, die ihren Trinkwasserhaushalt zu mehr als 95 Prozent durch Meerwasser-Entsalzungsanlagen bestritten. Das maritime Ökosystem des Golfs - Fischbestände, Algen- und Bakterienflora - wurde nachhaltig geschädigt. In den großflächigen Wattablagerungen am Golf kann sich Öl Jahrzehnte lang halten und immer wieder austreten. Temperaturen sanken um bis zu zehn Grad, so dass sich der hydrologische Zyklus veränderte und die Windstärken zunahmen. Sandstürme führten zu einer verstärkten Bewegung von Wanderdünen, die ganze Oasen unter sich begraben können.
So verschwanden bis dahin vorhandene Biotope, war die ökologische Substanz einer Großregion ernsthaft gestört, weil nicht nur menschliche Lebensräume, sondern auch deren natürliche und wirtschaftliche Hilfsquellen dauerhaft geschädigt blieben.
Von Knut Krusewitz*
Der Beitrag ist auch erschienen im "Freitag" Nr. 38, 13. September 2002
Die USA hatten als Führungsmacht von Desert Storm - mit Billigung ihrer NATO-Verbündeten - a priori auch auf "ökologische Kriegführung" gesetzt, um die Zerstörungskraft konventioneller Waffen zu potenzieren. 1991 folgte die Golfkriegsallianz mit Air-Land-Battle (ALB) einer Militärdoktrin der US-Streitkräfte, die von der Vorstellung eines "integrierten Gefechtsfeldes" ausging, auf dem konventionell-elektronische, chemische und atomare Waffen so eingesetzt werden, das "integrierte Wirkungen" entstehen. Von den ökologischen und humanitären Konsequenzen her eine klar völkerrechtswidrige Philosophie.
Wasser und Öl
Einen Monat vor Beginn des Golfkrieges hatte die US-Regierung dem Partner Türkei als Nachbarstaat des Irak die Teilhabe an einem begrenzten Umweltkrieg gegen Saddam Hussein nahegelegt. Mit Hilfe des dortigen Staudammsystems sollten auf türkischer Seite die Flüsse Tigris und Euphrat so weit aufgestaut werden, dass der Abfluss in das Zweistromland Irak spürbar reduziert worden wäre. US-Experten schätzten damals, der Irak werde ein solches Wasser-Embargo kaum länger als drei Monate aushalten. Ein Verstoß gegen Völkerrechtsnormen, die eine Störung des ökologische Gleichgewicht einer Region aus militärischen Gründen untersagen und entsprechende Handlungen seit 1978 als Kriegsverbrechen einstufen.
Ankara wies zwar das Ansinnen der USA offiziell zurück, dennoch verringerte sich Anfang 1991das Dargebot des Euphrats um 40 Prozent. Diese faktische Halbierung der Wassermenge erhöhte die Konzentration toxischer Stoffe im Fluss, die infolge der Kampfhandlungen auftraten. Zugleich verringerte sich die Abflussgeschwindigkeit der Schadstoffe - ein virulenter Seuchenherd. Da auch die irakische Landwirtschaft auf das Euphratwasser angewiesen ist, beeinträchtigte der erhöhte Schadstoff-Anfall die Agrarproduktion erheblich.
Am 23. September 1990 - vier Monate vor Kriegsbeginn - hatte Saddam Hussein seinerseits angekündigt, wie er einen Krieg mit der und damit gegen die Umwelt zu führen gedenke. Er werde bei einem Angriff gegen sein Land "den Himmel auf Dauer verdunkeln lassen", hieß es. Der apokalyptischen Prophezeiung lag die Absicht zugrunde, gegebenenfalls eine Öko-Waffe einzusetzen, die bis dahin als der Auslöser eines Worst-Case-Szenarios in der Golfregion galt: Irakische Ingenieure sollten die Ölfelder Kuwaits in Brand setzten - und sie taten es. Im Februar 1991 brannten 550 der rund 1.200 kuwaitischen Ölquellen, ein Inferno und eine beispiellose Störung der ökologischen Balance.
Der durch die Brände bewirkte Ruß-Fallout schlug sich mit einem Gemisch aus Schwefeldioxid, Stickoxiden, Salpetersäure, toxischen und krebserzeugenden Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen sowie ultragiftigen Dioxinen (schwarzer Regen) monatelang in Wohngebieten und Küstengewässern nieder. Das Max-Planck-Institut (MPI) für Meteorologie sprach von einer Fallout-Konzentration von 500 Milligramm pro Quadratmeter über zwölf Monate hinweg. Im Umkreis von 350 Kilometern um Kuwait verfärbte sich der Wüstensand gräulich, die Bäume verloren ihre Blätter, wertvolle Seegrasfelder wurden zerstört. Etwa 300 Millionen Liter Öl verseuchten der Strömung folgend den Golf und gefährdeten das Trinkwasser von Anrainerstaaten wie Kuwait und Saudi-Arabien, die ihren Trinkwasserhaushalt zu mehr als 95 Prozent durch Meerwasser-Entsalzungsanlagen bestritten. Das maritime Ökosystem des Golfs - Fischbestände, Algen- und Bakterienflora - wurde nachhaltig geschädigt. In den großflächigen Wattablagerungen am Golf kann sich Öl Jahrzehnte lang halten und immer wieder austreten. Temperaturen sanken um bis zu zehn Grad, so dass sich der hydrologische Zyklus veränderte und die Windstärken zunahmen. Sandstürme führten zu einer verstärkten Bewegung von Wanderdünen, die ganze Oasen unter sich begraben können.
So verschwanden bis dahin vorhandene Biotope, war die ökologische Substanz einer Großregion ernsthaft gestört, weil nicht nur menschliche Lebensräume, sondern auch deren natürliche und wirtschaftliche Hilfsquellen dauerhaft geschädigt blieben.
Von Knut Krusewitz*
Der Beitrag ist auch erschienen im "Freitag" Nr. 38, 13. September 2002
Quelle: UD