Politik

Umweltschützer und EU unisono: Agrarsubventionen zu intransparent

Sechs Milliarden Euro bekommt die deutsche Agrarwirtschaft Jahr für Jahr an Subventionen von der EU. Wer genau für was wie viel von diesem Geldregen aus Brüssel erhält, ist weitgehend unbekannt. 27 Organisationen aus Umwelt- und Tierschutz, Landwirtschaft und Entwicklungspolitik haben in formalen Anfragen die Agrarminister von Bund und Ländern aufgefordert, sich für die Offenlegung der Verwendung von Agrarsubventionen einzusetzen.

16.06.2006

Doch die wollen davon offenbar nichts wissen. Jedenfalls war bislang auf  entsprechende Anfragen der Initiative die Antwort durchweg negativ.  "Der Bund verweist auf die Zuständigkeit der Länder und die Länder reden sich mit Datenschutz oder zu hohem Aufwand heraus", kritisiert  Tanja Dräger de Teran, Agrarreferentin des WWF Deutschland, die aus ihrer Sicht fadenscheinige Argumentation. Jetzt erhält die Initiative Rückenwind aus Brüssel. Dort legte die  EU Kommission das so genannte "Grünbuch zur Europäischen Transparenzinitiative" vor. "Darin schlägt die Kommission unter anderem vor, die Mitgliedstaaten gesetzlich zu verpflichten, die Empfänger von EU-Geldern offen zu legen", sagt Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Das häufig ins Feld geführte Argument, die Aufbereitung der Informationen stelle einen zu hohen Aufwand dar,  sieht die Kommission nicht als gerechtfertigt an. Vielmehr sei dies notwendig, um die Unterstützung der Öffentlichkeit langfristig zu sichern. Die Mitgliedstaaten müssen nun bis zum August 2006 Stellung beziehen, die - ganz nach dem Motto der Transparenzinitiative - ebenfalls öffentlich gemacht wird. Die Transparenzinitiative in Deutschland hat die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und als einer der ersten eine Stellungnahme nach Brüssel gesendet.

In elf europäischen Ländern ist längst transparent, wofür welche Unternehmen und Betriebe wie viel Agrarsubventionen erhalten. "Meist sind es nicht die kleineren, extensiv wirtschaftenden und arbeitsintensiveren Betriebe, die unterstützt werden, sondern Großgrundbesitzer und Nahrungsmittelkonzerne", so Martin Hofstetter von Greenpeace. In Großbritannien kassiert beispielsweise die Queen kräftig mit, wenn es um die Hilfen aus Brüssel geht, und es ist ein offenes Geheimnis, dass zu den größten Empfängern in Deutschland auch Nordmilch, Glencore und der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé gehören. "Nestlé hat im Jahr 2001 Exportsubventionen in Höhe von 2,4 Millionen Euro erhalten. Lebensmittelkonzerne gehören zu den großen Profiteuren von Agrarsubventionen in Deutschland. Sie erbringen so gut wie keine gesellschaftlichen Gegenleistungen oder richten sogar erheblichen Schaden an. Die subventionierten Lebensmittelexporte gefährden die Existenzgrundlagen von armen und hungernden Menschen in den so genannten Entwicklungsländern", erklärt Marita Wiggerthale, Handelsreferentin bei der Entwicklungsorganisation Oxfam.
 
Die Transparenzinitiative spricht sich nicht generell gegen eine finanzielle Unterstützung der Landwirtschaft aus. "Es muss jedoch sichergestellt sein, dass mit dem Geld keine unsozialen und die Umwelt zerstörenden Maßnahmen finanziert werden", so Tanja Dräger de Teran vom WWF. Subventionen dürften nicht mit der Gießkanne verteilt werden, sondern die Zahlungen müssten an Leistungen gebunden sein, die der Gesellschaft nutzen. Leider sei oft das Gegenteil der Fall.

Die Transparenz der Zahlungen sei ein erster Schritt zu einer nachhaltigeren Agrarpolitik. Vor diesem Hintergrund sei es umso unverständlicher, dass hier weiter gemauert werde. Die Initiative hofft jetzt auf die Länder Schleswig-Holstein, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Die Antworten der jeweiligen Agrarminister stehen noch aus. Die Erwartungen, Informationen über die Empfänger von EU-Geldern zu erlangen, knüpfen sich an das seit Anfang des Jahres geltende europäische Informationsfreiheitsgesetz. Darin wird jedem Bürger grundsätzlich freier Zugang zu allen in den öffentlichen Verwaltungen existierenden Informationen garantiert. "Ein abschlägiger Bescheid wäre deshalb umso unverständlicher", so Sarah Kahnert von Germanwatch. Trotzdem ist sie nur bedingt optimistisch: "Gut möglich, dass der Zugang zu den Informationen erst vor Gericht erstritten werden muss."
Quelle: UD
 
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