Politik

TI Report 2007 zu Korruption in der Justiz

Die internationale Anti-Korruptionsorganisation Transparency International hat jetzt in London und Nairobi ihren jährlichen Global Corruption Report (GCR) vorgestellt. Schwerpunkt des GCR 2007 ist die Korruption in der Justiz, deren Integrität wesentliche Voraussetzung für Demokratie, wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere nachhaltige Eindämmung von Korruption in Gesellschaft und Wirtschaft ist.

07.06.2007

Der Bericht beschreibt zwei Kategorien der Korruption in der Justiz, die in vielen Teilen der Welt nachgewiesen werden: Politische Einflussnahme auf Strafverfolgung und Rechtsprechung auf der einen Seite sowie die Bestechung der darin Tätigen auf der anderen Seite. In Griechenland und Mexiko beispielsweise berichten mehr als drei von zehn befragten Haushalten, dass sie Schmiergelder zahlen mussten, um ihren Fall bei Gericht anhängig zu machen oder dort die Chance zu haben, zu ihrem Recht zu kommen. Natürlich leiden die Armen besonders unter einer Justiz, welche die ihr anvertraute Macht zur eigenen Bereicherung missbraucht oder die von den politisch und wirtschaftlich Mächtigen für deren Interessen missbraucht wird.

Transparency International’s Global Corruption Report 2007 zeigt, dass Korruption in der Justiz in vielen Teilen der Welt einer demokratischen Entwicklung und fairen Lebenschancen für die Masse der Bevölkerung im Wege steht. “Die Gleichbehandlung vor dem Gesetz ist ein Grundpfeiler jeder demokratischen Gesellschaft. Die Bestechung von Gerichten aus Habgier oder politischem Eigennutz beschädigt Recht und Gesetz und bringt Leid über die Bevölkerung“, sagt Huguette Labelle, Vorsitzende von Transparency International. „Bestechung in der Justiz macht die Unschuldigen mundtot und lässt die Schuldigen unbestraft.“ Eine korrupte Justiz verhindert oft auch die länderübergreifende strafrechtliche Verfolgung transnationaler Verbrechen wie die Bestechung im Ausland durch Unternehmen. Korruption in der Justiz behindert die Rechtshilfe bei Menschenrechtsverletzungen und bei der Verletzung grundlegender Arbeitnehmerrechte. Sie untergräbt Vertragssicherheit und schreckt damit Investoren ab, was nachweislich das Wirtschaftswachstum reduziert. Sie behindert alle Anstrengungen, die Armut zu verringern.

In einer zunehmend globalisierten Welt wird Deutschland von der Korruption in anderen Teilen der Welt berührt. Dort sind deutsche Unternehmen tätig, denen es nach deutschem Recht nicht erlaubt ist, sich das Recht vor Ort zu kaufen. International tätige Organisationen und Millionen von Reisenden können direkt betroffen sein. Organisierte Kriminalität bedient sich der Korruption und bindet Ressourcen der Strafverfolgung. Der GCR 2007 bietet detaillierte Einsicht in die Risiken des Problems und in die Möglichkeiten der weltweiten Bekämpfung.

Korruption in der Justiz ist in Deutschland zunächst kein Thema


Im Global Corruption Report 2007 wird bestätigt, dass Korruption in der Justiz in Deutschland kein Thema ist. Zwar gibt es in Deutschland Einzelfälle von Korruption in der Justiz, und die Weisungsabhängigkeit der Staatsanwälte von der Exekutive wird mitunter als Risiko genannt. Insgesamt werden Unabhängigkeit und Kompetenz von Rechtsprechung und Strafverfolgung in Deutschland jedoch weithin anerkannt. Doch sind im GCR 2007 globale Trends beschrieben, auf die in Deutschland sorgfältig geachtet werden muss. Dazu gehört die mangelnde Ressourcenausstattung. In vielen Ländern führt sie zur Unterbezahlung von in der Justiz Tätigen und damit zu Korruptionsgefahr. In Deutschland weist Transparency seit Jahren auf die inakzeptable Überlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften hin. Bei Wirtschaftskriminalität wie der Verfolgung von Korruption ist die Unterfinanzierung öffentlicher Leistungen besonders unverständlich, da hohe volkswirtschaftliche Schäden entstehen und Möglichkeiten, unrechtmäßige Vorteile abzuschöpfen, Einnahmen für den Staat generieren.

Die deutsche Justiz wird durch internationale Kriminalität - auch im Bereich der Korruptionsbekämpfung - immer stärker herausgefordert, ohne dafür zusätzlich ausgestattet zu werden. Wenn die Justiz einen großen Korruptionsfall im Ausland, in den deutsche Unternehmen verwickelt sind, aufgreift, bleibt das Tagesgeschäft mitunter liegen. Die Folge ist, dass Verfolgung von Bestechung im Ausland eher selten ist. Dabei ist die neuerliche Strafbarkeit solcher Delikte in den Herkunftsländern der Unternehmen ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung der globalen Korruption. An anderer Stelle wird die Tendenz zur Verrechtlichung von immer mehr gesellschaftlichen Bereichen beklagt und eine in Teilen zunehmende Prozessfreude auch bei geringfügigen Anlässen.

All das sind keine Indizien für Korruption in der deutschen Justiz. Doch diese Phänomene gefährden ihren Ruf. So kann eine lange Prozessdauer im Einzelfall dazu führen, dass selbst ein obsiegendes Urteil kaum noch einen Wert hat. Dies widerspricht den Vorstellungen von einem funktionierenden Rechtsschutz. Maßnahmen zur Vereinfachung und Verkürzung von Verfahren können Abhilfe schaffen, müssen aber dem Rechtssystem angemessen sein. Dies gilt insbesondere für das Strafrecht; hier bedarf das Aushandeln von Strafen in Strafprozessen einer klaren Legitimation und muss als Ausnahme der Öffentlichkeit gegenüber eingehend begründet werden. Das ist ebenso wichtig wie schwierig, da in solche „Deals“ oft die „Großen“ involviert sind, weil deren Zugang zu den besten Anwälten die Justiz besonders herausfordert. Ressourcensparende Regelungen können dann leicht die gängige Auffassung unterstützen, dass man die „Großen“ laufen lässt.

Auf internationaler Ebene hat Transparency International in jüngerer Zeit verstärkt auf das Risiko hingewiesen, dass gerade auch hoch qualifizierte Fachleute in Kanzleien und Prüfungs- und Beratungsgesellschaften in Geschäfte hineingezogen werden können, die Korruption und Geldwäsche erleichtern und deren Verfolgung behindern. Am anderen Ende der Skala droht eine Variante der Knappheit der Ressourcen im Strafvollzug: es kann der Eindruck entstehen, dass Anwälte aufgrund eines sehr geringen Einkommens zögern, Mandate in kritischen Situationen abzulehnen oder niederzulegen. Der Blick in die weltweiten Risiken für die Justiz durch Korruption mahnt deshalb, dass auch Selbstverständnis und Verhalten der Rechtsanwälte heute verstärkt herausgefordert sind. Anwälte sind ein „Organ der Rechtspflege“ und damit besonderen berufsethischen Verpflichtungen unterworfen.
Quelle: UD
 
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