Meseberger Koalitionstreffen: Klimaschutzpläne der Bundesregierung umstritten
Heute Nachmittag beginnt im brandenburgischen Meseberg das Koalitionstreffen des Bundeskabinetts zur Festlegung des Regierungsprogramms bis zum Ende der Legislaturperiode 2009. Wichtigstes geplantes Projekt: das Paket zum Klimaschutz. Damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland den Emissionsausstoß bis 2020 um insgesamt 40 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert. Während das Umwelt- und Wirtschaftsministerium am Mittwoch die letzten ungeklärten Punkte ausgeräumt haben, sind die geplanten Vorgaben bei der Opposition sowie einigen Umweltverbänden nicht unumstritten.
23.08.2007
"Die Koalition tut so, als habe man große Dinge vor. Dabei sind alle
Themen aufgebraucht und es droht ein Nichtangriffspakt“, sagte
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast der Neuen Osnabrücker Zeitung und
warf der damit Regierung vor, bereits jetzt die Lösung der drängesten
Umweltprobleme zu Wahlkampfzwecken zu nutzen. Das geplante Konzept, so
Künast weiter, sei "voller Furcht gegenüber allen Lobbyisten und
mutlos“.
Doch
die Bundesregierung erhält auch Zustimmung
für das geplante Klimaschutzprogramm. Der Deutsche
Bauernverband (DBV) etwa begrüßt das von der Bundesregierung für ihre
Kabinettsklausur in Meseberg entworfene 30-Punktekonzept zur
integrierten Energie- und Klimapolitik. Der DBV unterstützt vor allem
die Bestrebungen zum Klimaschutz durch Energieeinsparung, der Erhöhung
des Anteils von CO2-neutralen Biokraftstoffen, dem Ausbau erneuerbarer
Energien an der Stromproduktion sowie der Etablierung eines
Biogaseinspeisegesetzes zur effizienten energetischen Nutzung von
Biomasse. Das Konzept der Bundesregierung sei ein glaubwürdiger
Versuch, die ambitionierten europäischen und nationalen
Klimaschutzziele umzusetzen, erklärt der DBV. Vor allem sei erkennbar,
die Balance zwischen ökologischer
Verbesserung und volkswirtschaftlicher Verträglichkeit zu halten.
Klima verträgt keine weiteren Kompromisse
Die
Umweltschutzorganisationen Greenpeace und NABU hingegen halten das
geplante Programm für unzureichend. Mit den zur Debatte stehenden
Maßnahmen zum Klimaschutz könne die Bundesregierung ihre Ziele zur
CO2-Verringerung nicht erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt die Ecofys
GmbH in Nürnberg. Sie hat im Auftrag von Greenpeace das
"Eckpunktepapier" analysiert, über das die Minister in Meseberg
entscheiden werden. Selbst bei einer vollständigen und zügigen
Umsetzung der 30 Maßnahmen dieses Papiers könnte Deutschland nur etwa
zwei Drittel der erforderlichen Verringerung der Treibhausgase
erzielen.
"Wenn sich Frau Merkel Ziele zum Schutz des Klimas setzt, muss sie
diese auch erreichen wollen, sonst setzt sie ihre
Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Das Eckpunktepapier ist ein Anfang,
reicht aber nicht aus", sagt Greenpeace Klimaexperte Karsten Smid. "Wer
jetzt auch noch wie einige Industriebranchen versucht, diese Maßnahmen
zu drosseln, hat nicht begriffen, wie ernst die Lage ist und welche
großen Schritte wirklich nötig sind. Das Klima verträgt keine weiteren
Kompromisse." Greenpeace fordert ein Maßnahmenpaket, mit denen das
Klimaschutzziel tatsächlich erreicht werden kann.
Auch
der Naturschutzbund NABU glaubt, dass das von der Bundesregierung
aufgesetzte Klimaschutzpapier nachzubessern ist. Mit Blick auf die
Kabinettsklausur in Meseberg hat der NABU Nachbesserungen am geplanten
Klimaschutzprogramm der Bundesregierung gefordert und an
Bundeskanzlerin Merkel appelliert, die Attacken von
Bundeswirtschaftsminister Glos auf eine ambitionierte Klimapolitik zu
stoppen. "Das vorliegende Eckpunktepapier lässt bislang offen, was die
einzelnen Schritte zur Reduzierung gefährlicher Treibhausgase konkret
und vor allem in welchem Zeitraum an Einsparungen bringen werden",
kritisierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Das Papier mache
wieder einmal mehr deutlich, dass Wirtschaftsminister Glos sich nicht
mit den großen Energiekonzernen anlegen will. Diese müssten ihr
derzeitiges Geschäftsgebahren angesichts der Klimaschutzziele deutlich
ändern. "Die Kanzlerin hat versäumt, den Wirtschaftsminister anstelle
des Umweltministers mit nach Grönland zu nehmen, um sich dort ein Bild
von den Auswirkungen einer klimazerstörenden Energiepolitik zu machen",
betonte Miller. Schließlich seien die Industrie und die klassische
Energiewirtschaft, die beide in Glos' Verantwortungsbereich fallen, für
einen Großteil der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Schwächen im Verkehrsbereich
Große
Schwächen zeige das Papier im Verkehrsbereich. Das vorliegende Konzept
zur Kfz-Steuer werde den Automarkt nicht in Richtung sparsamer,
klimaschonender Modelle beeinflussen. Ein Tempolimit auf Autobahnen,
mit dem schnell große Mengen Kohlendioxid eingespart werden könnten,
bleibe außen vor. Die geplante Festlegung auf sehr hohe
Biokraftstoffquoten sieht der NABU kritisch, da die dafür notwendige
Biomasse effektiver zur Wärme- und Stromproduktion genutzt werden könne
und weltweit bereits heute ökologische Probleme durch die
Biokraftstoffproduktion deutlich würden: "Die Annahme, dass bis zum
Jahr 2020 mehr als jeder fünfte getankte Liter aus Biokraftstoffen
stammt, ist blauäugig und vernebelt die Notwendigkeit, ambitionierte
Effizienzziele im Verkehrsbereich festzulegen", kritisierte Miller.
Ferner sei in dem Papier viel zu häufig von "Prüfen", "Anstreben" und
"Konzepte erarbeiten" die Rede. "Wenn das Klimaschutzprogramm ein
Erfolg werden soll, muss die Bundesregierung klar sagen, wie und wann
sie ihre Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasen umsetzen will.
Halbherzige Angaben reichen heute nicht mehr aus", so Miller.