Politik
Bundesregierung beantwortet parlamentarische Anfrage zu CSR
Bereits im November 2006 hat die Linke im Bundestag eine große Anfrage zu CSR - „Stärkung der sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen“ - gestellt. Die Antwort der Bundesregierung wurde nun im Nachgang zum G8-Gipfel veröffentlicht. Thomas Loew vom Institute 4 Sustainability hat die Ausführungen der Bundesregierung für UmweltDialog näher betrachtet.
10.10.2007
Das 38
Seiten umfassende Papier gibt einen gewissen Einblick, welche Positionen derzeit
von den jeweils zuständigen Ministerien zu den Einzelfragen rund um Corporate
Social Responsibility (CSR) vertreten werden. Die Fragen drehen sich um
Massenentlassungen trotz Gewinn, Umgang mit Selbstverpflichtungen der Wirtschaft,
Zulieferkette, Nachhaltigkeitsberichterstattung, OECD Leitsätze. Zum Teil haben
die Fragesteller sensible Punkte angesprochen, wie z.B. die
Öffentlichkeitsarbeit der nationalen OECD Kontaktstelle (Frage 33) oder den
Umgang mit Nichteinhaltungen von freiwilligen Selbstverpflichtungen (Frage 17).
Die Linke hat unter anderem nach der Position zu Pflichtberichterstattung gefragt, (Fragen 53 bis 55) und die Bundesregierung gibt an, dass Sie keine entsprechende Planungen hat. Sie verweist in dem Kontext auf die Empfehlungen des Rats für nachhaltige Entwicklung (RNE 2006), die Kerninhalte zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (BMU 2007) und natürlich auch auf die neuen Berichtspflichten im Lagebericht (Siehe dazu UBA 2007).
Im Kontext Berichterstattung steht auch die Frage nach unrichtigen Behauptungen von Unternehmen in der Außendarstellung. Die Fragesteller wollten wissen, ob mit Hilfe der Regelungen zum unlauteren Wettbewerb verhindert werden kann, dass Unternehmen zu Unrecht behaupten, sie würden bestimmte CSR Maßnahmen einleiten oder bestimmte Sozial- und Umweltstandards einhalten. Die Bundesregierung verweist auf das geltende Wettbewerbsrecht bezüglich irreführender Werbung. Weiterhin soll im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken das geltende Recht in Bezug auf die Werbung mit Selbstverpflichtungen ergänzt werden. Dies ist in sofern bemerkenswert, als dass man diese neue Gesetzgebung als eine Neuregelung im Kontext CSR interpretieren kann (Ob diese Regelung tatsächlich aus der CSR-Diskussion entstanden ist, wurde nicht recherchiert).
Auch bezüglich Arbeitsbedingungen und Umweltschutz bei den Lieferanten fragte die LINKE direkt nach neuen gesetzlichen Vorgaben (Frage 23). Hier verweist die Bundesregierung darauf, dass die Wahrung und Förderung der Menschenrechte aus völkerrechtlicher Sicht zuallererst Aufgabe der einzelnen Staaten ist, und die Zulieferer auf jeden Fall die an ihren Standorten geltenden Regelungen einhalten müssen. Verpflichtende Maßnahmen für deutsche Unternehmen seitens des deutschen Gesetzgebers werden von der Bundesregierung kritisch gesehen.
Die Linke hat unter anderem nach der Position zu Pflichtberichterstattung gefragt, (Fragen 53 bis 55) und die Bundesregierung gibt an, dass Sie keine entsprechende Planungen hat. Sie verweist in dem Kontext auf die Empfehlungen des Rats für nachhaltige Entwicklung (RNE 2006), die Kerninhalte zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (BMU 2007) und natürlich auch auf die neuen Berichtspflichten im Lagebericht (Siehe dazu UBA 2007).
Im Kontext Berichterstattung steht auch die Frage nach unrichtigen Behauptungen von Unternehmen in der Außendarstellung. Die Fragesteller wollten wissen, ob mit Hilfe der Regelungen zum unlauteren Wettbewerb verhindert werden kann, dass Unternehmen zu Unrecht behaupten, sie würden bestimmte CSR Maßnahmen einleiten oder bestimmte Sozial- und Umweltstandards einhalten. Die Bundesregierung verweist auf das geltende Wettbewerbsrecht bezüglich irreführender Werbung. Weiterhin soll im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken das geltende Recht in Bezug auf die Werbung mit Selbstverpflichtungen ergänzt werden. Dies ist in sofern bemerkenswert, als dass man diese neue Gesetzgebung als eine Neuregelung im Kontext CSR interpretieren kann (Ob diese Regelung tatsächlich aus der CSR-Diskussion entstanden ist, wurde nicht recherchiert).
Auch bezüglich Arbeitsbedingungen und Umweltschutz bei den Lieferanten fragte die LINKE direkt nach neuen gesetzlichen Vorgaben (Frage 23). Hier verweist die Bundesregierung darauf, dass die Wahrung und Förderung der Menschenrechte aus völkerrechtlicher Sicht zuallererst Aufgabe der einzelnen Staaten ist, und die Zulieferer auf jeden Fall die an ihren Standorten geltenden Regelungen einhalten müssen. Verpflichtende Maßnahmen für deutsche Unternehmen seitens des deutschen Gesetzgebers werden von der Bundesregierung kritisch gesehen.
Ohne dass meine eigene Arbeit sich direkt damit befasst, finde ich die
Aussagen zur grundsätzlichen Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft
persönlich interessant. Die Bundesregierung formuliert hierzu: „Die
zentrale Funktion eines Unternehmens in der Marktwirtschaft ist, unter
Wettbewerbsbedingungen gewinnbringend zu wirtschaften. Dies ist die
zentrale Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen wettbewerbsfähige
und sichere Arbeitsplätze, Einkommen und Wohlstand schafft,
Arbeitnehmer ausbildet und qualifiziert und den technischen Fortschritt
vorantreibt. Ein solches Unternehmen stellt über den Markt die von den
Konsumenten gewünschten Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung.“
(A. a. O.: 3, Siehe auch Fragen 10 bis 12)
Aus den Ergebnissen der jüngsten Umfrage der Zeit (33/207) („Deutschland rückt nach Links“) lässt sich rückschließen, dass sicherlich nicht nur die LINKE und ihre Wähler ein anderes Bild vom obersten Zweck eines Unternehmens haben. So mancher dürfte Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen sowie Arbeitsplätze in den Mittelpunkt stellen - was Gewinnerzielung natürlich nicht ausschließt, sondern erforderlich macht (z.B. WBCSD 2006). Betrachtet man die Wertschöpfungsrechungen, dann macht der Gewinn fast immer einen kleinen Anteil an den Geldströmen aus. Es ist zu einem gewissen Grad eine „Henne oder Ei“-Frage, denn selbstverständlich müssen privatwirtschaftliche Unternehmen Gewinn machen, um langfristig am Markt bestehen zu können, die Interessen der Eigentümer zu befriedigen und im Falle von börsennotierten Unternehmen feindliche Übernahmen zu vermeiden. Aber dennoch ist es ausschlaggebend, ob man Gewinne oder die langfristigen Leistungen des Unternehmens in den Mittelpunkt stellt. Beispielsweise wenn es um Massenentlassungen trotz hoher Gewinne geht, dann verhalten sich hier Unternehmen wohl unterschiedlich - je nach dem wie sie diese Ziele priorisieren (müssen). Es scheint so, dass wir nicht nur im Kontext zu CSR eine neu aufkeimende Diskussion über die Rolle von Wirtschaft und Staat für die Gesellschaft haben. So fordern die Ökonomen Hüther und Straubhaar (2007) beispielsweise einen neuen Gesellschaftsvertrag - und begründen dies mit ökonomischen Notwenigkeiten.
Die LINKE Abgeordnete Lötzer (2007) bewertet die Position der Bundesregierung negativ und wirft ihr „BDI-Pur“ und „eine Ideologie der Freiwilligkeit“ vor. Diese Kritik der Politikerin an CSR und der Position der Bundesregierung ist m. E. nicht gerechtfertigt, denn schließlich befasst sich CSR explizit mit den freiwilligen Maßnahmen von Unternehmen, und von daher war auch nicht zu erwarten, dass neue gesetzliche Regelungen angekündigt werden. Unabhängig von dieser Bewertung hat die Linke mit Ihrer Anfrage der deutschen CSR-Diskussion einen guten Dienst geleistet, denn eine derart umfassende Gesamtschau zu den Positionen der Bundesregierung zu den einzelnen CSR-Themen hat es bislang nicht gegeben. Und an der einen oder anderen aufgeworfenen Frage lohnt es sich durchaus, weiter drüber nachzudenken.
Thomas Loew ist Geschäftsführer des Institute 4 Sustainability
Quellen:
Die Zeit (Hrsg.) (2007) Deutschland rückt nach links, in: Die Zeit vom 9. August 2007, Hamburg. S.3-5.
Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007) Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, Sabine Zimmermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. „Stärkung der sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen“, Berlin (Download via http://dip.bundestag.de/extrakt/16/011/16011398.htm).
Hüther, Michael; Straubhaar, Thomas (2007) Plädoyer für ein Leitbild für Deutschland, München, Roman Herzog Institut.
Lötzer, Ulla (2007) Bewertung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der DIE Linie. (16/3557) „Stärkung der sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen“, Berlin.
Umweltbundesamt (Hrsg.) (2007) Lagebericht zur Lageberichterstattung. Eine Analyse der Verwendung nicht-finanzieller Indikatoren. Siehe: http://www.4sustainability.org/seiten/nachhaltigkeit-pub.htm.
Bundesumweltministerium (Hrsg.) (2007) Nachhaltigkeitsberichterstattung: Empfehlungen für eine gute Unternehmenspraxis Berlin. Siehe: http://www.4sustainability.org/seiten/nachhaltigkeit-pub.htm.
Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) (Hrsg.) (2006) Unternehmerische Verantwortung in einer globalisierten Welt - Ein Deutsches Profil der Corporate Social Responsibility. Empfehlungen des Rats für Nachhaltige Entwicklung, Berlin. (Download via www.CSR-Dialog.de)
Aus den Ergebnissen der jüngsten Umfrage der Zeit (33/207) („Deutschland rückt nach Links“) lässt sich rückschließen, dass sicherlich nicht nur die LINKE und ihre Wähler ein anderes Bild vom obersten Zweck eines Unternehmens haben. So mancher dürfte Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen sowie Arbeitsplätze in den Mittelpunkt stellen - was Gewinnerzielung natürlich nicht ausschließt, sondern erforderlich macht (z.B. WBCSD 2006). Betrachtet man die Wertschöpfungsrechungen, dann macht der Gewinn fast immer einen kleinen Anteil an den Geldströmen aus. Es ist zu einem gewissen Grad eine „Henne oder Ei“-Frage, denn selbstverständlich müssen privatwirtschaftliche Unternehmen Gewinn machen, um langfristig am Markt bestehen zu können, die Interessen der Eigentümer zu befriedigen und im Falle von börsennotierten Unternehmen feindliche Übernahmen zu vermeiden. Aber dennoch ist es ausschlaggebend, ob man Gewinne oder die langfristigen Leistungen des Unternehmens in den Mittelpunkt stellt. Beispielsweise wenn es um Massenentlassungen trotz hoher Gewinne geht, dann verhalten sich hier Unternehmen wohl unterschiedlich - je nach dem wie sie diese Ziele priorisieren (müssen). Es scheint so, dass wir nicht nur im Kontext zu CSR eine neu aufkeimende Diskussion über die Rolle von Wirtschaft und Staat für die Gesellschaft haben. So fordern die Ökonomen Hüther und Straubhaar (2007) beispielsweise einen neuen Gesellschaftsvertrag - und begründen dies mit ökonomischen Notwenigkeiten.
Die LINKE Abgeordnete Lötzer (2007) bewertet die Position der Bundesregierung negativ und wirft ihr „BDI-Pur“ und „eine Ideologie der Freiwilligkeit“ vor. Diese Kritik der Politikerin an CSR und der Position der Bundesregierung ist m. E. nicht gerechtfertigt, denn schließlich befasst sich CSR explizit mit den freiwilligen Maßnahmen von Unternehmen, und von daher war auch nicht zu erwarten, dass neue gesetzliche Regelungen angekündigt werden. Unabhängig von dieser Bewertung hat die Linke mit Ihrer Anfrage der deutschen CSR-Diskussion einen guten Dienst geleistet, denn eine derart umfassende Gesamtschau zu den Positionen der Bundesregierung zu den einzelnen CSR-Themen hat es bislang nicht gegeben. Und an der einen oder anderen aufgeworfenen Frage lohnt es sich durchaus, weiter drüber nachzudenken.
Thomas Loew ist Geschäftsführer des Institute 4 Sustainability
Quellen:
Die Zeit (Hrsg.) (2007) Deutschland rückt nach links, in: Die Zeit vom 9. August 2007, Hamburg. S.3-5.
Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2007) Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, Sabine Zimmermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. „Stärkung der sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen“, Berlin (Download via http://dip.bundestag.de/extrakt/16/011/16011398.htm).
Hüther, Michael; Straubhaar, Thomas (2007) Plädoyer für ein Leitbild für Deutschland, München, Roman Herzog Institut.
Lötzer, Ulla (2007) Bewertung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der DIE Linie. (16/3557) „Stärkung der sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen“, Berlin.
Umweltbundesamt (Hrsg.) (2007) Lagebericht zur Lageberichterstattung. Eine Analyse der Verwendung nicht-finanzieller Indikatoren. Siehe: http://www.4sustainability.org/seiten/nachhaltigkeit-pub.htm.
Bundesumweltministerium (Hrsg.) (2007) Nachhaltigkeitsberichterstattung: Empfehlungen für eine gute Unternehmenspraxis Berlin. Siehe: http://www.4sustainability.org/seiten/nachhaltigkeit-pub.htm.
Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) (Hrsg.) (2006) Unternehmerische Verantwortung in einer globalisierten Welt - Ein Deutsches Profil der Corporate Social Responsibility. Empfehlungen des Rats für Nachhaltige Entwicklung, Berlin. (Download via www.CSR-Dialog.de)
Quelle: UD