Politik

Econsense-Vorstand Hölz: „Nationale CSR-Strategie muss besser vernetzt werden!“

Die Börsen und Märkte brechen weltweit ein. Politiker schnüren eifrig Rettungspakete. Und in der Öffentlichkeit wird hitzig über Moral, Boni und neue Bescheidenheit diskutiert. UmweltDialog sprach exklusiv mit dem econsense-Vorsitzenden Hanns-Michael Hölz über die Finanzkrise, Lehren sowie die nationale CSR-Strategie.

06.04.2009

Hanns-Michael Hölz ist Vorsitzender von econsense, einem Think Tank der deutschen Wirtschaft, zu Nachhaltigkeit und Corporate Responsibility, Foto: econsense
Hanns-Michael Hölz ist Vorsitzender von econsense, einem Think Tank der deutschen Wirtschaft, zu Nachhaltigkeit und Corporate Responsibility, Foto: econsense
Welche Erwartungen haben Sie an die CSR-Strategie, die derzeit unter Federführung des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) entwickelt wird?

Hanns-Michael Hölz: Eigentlich sehe ich die Nachhaltigkeitspolitik durch den Staatssekretärausschuss bestimmt, der wiederum vom Bundeskanzleramt geleitet wird. Wenn sich jetzt ein Ministerium wie das BMAS des Themas CSR-Strategie annimmt, dann hoffentlich nicht, um es zu zerstückeln. Wir brauchen in Deutschland ein Gesamtkonzept, an dem nicht nur das BMAS, sondern auch das Bundeswirtschaftministerium oder das Umweltministerium teilnimmt. Das über den Staatssekretärausschuss zu koordinieren macht Sinn. Wir bei econsense glauben, dass wir ein gutes Sprachrohr und eine Vertretung der Industrie in Deutschland sind, um diesen Dialogprozess mit seinen unterschiedlichen Facetten zu begleiten. Kurz: Herr Scholz hat recht, indem er die CSR-Strategie angeschoben hat, aber es muss im großen Konzert gesehen werden und darf sich nicht auf die Perspektive des BMAS beschränken.

Stichwort Konzert: Wie harmonieren da die Bestrebungen des Rats für nachhaltige Entwicklung mit seiner nationalen Nachhaltigkeitsstrategie einerseits und die BMAS-geleitete nationale CSR-Strategie?

Hanns-Michael Hölz: Ich würde das gerne besser vernetzt sehen. Die Analysen und Texte, die derzeit auf dem Tisch liegen, brauchen eine Nachschärfung, um den genannten größeren Kontext zu verdeutlichen.

Derzeit bestimmen und bezahlen Politiker das Krisenmanagement. Wo bleibt da die Stimme der Wirtschaft in der Sustainability Debatte?

Hanns-Michael Hölz: Wenn man die soziale Marktwirtschaft konsequent zu Ende denkt, dann beruht sie letztendlich auf Gewaltenteilung und sozialem Ausgleich. Wenn wir dieses gesamte Feld nur der Politik überlassen würden, wäre das zu kurz gesprungen. Da würde sie sich auch schlicht überheben. Ich bin daher ein großer Anhänger eines Stakeholdermodells mit seinem Bemühen um Ausgleich zwischen der Zivilgesellschaft, der demokratisch gewählten Regierung und den Wirtschaftsvertretern. Sie alle müssen eine Art Verständigung erreichen, und es darf keine Präferenz der Politik geben. Auch die Wirtschaftsverbände müssen sich an der Diskussion beteiligen, so wie auch die Gewerkschaften und andere zivile Interessengruppen.

Wo sehen Sie die Hoheitsaufgaben der Politik?

Hanns-Michael Hölz: Es kann nicht sein, dass wir den Staat völlig ausklammern. Der Staat hat schließlich Interessenvertretungs- und Ordnungsfunktionen. Gerade im Nachhaltigkeitsbereich ist es notwendig, Rahmen zu setzen, auf die sich die Wirtschaft auch verlassen kann. Konkret: Es ist natürlich für  ein Unternehmen wie Daimler entscheidend, ob der Preis einer CO2-Tonne im Jahr 2012 bei 25 Euro oder bei 10 Euro liegt. Dementsprechend verschiebt sich auch die sog. „McKinsey-Kurve“, die ja berechnet, wann Investitionen in diesem Bereich rentabel oder unrentabel werden.

Politiker von Merkel bis Obama sagen, dass wir mehr Nachhaltigkeit im Wirtschaftsleben brauchen. Warum ist das im Alltag so schwer umzusetzen?

Hanns-Michael Hölz: Manche sagen, Nachhaltigkeit sei der Kampf gegen den Klimawandel. Aber das alleine reicht nicht aus, um das gesamt Wirtschaftsparadigma der Nachhaltigkeit darzustellen. Nachhaltigkeit an sich heißt eben auch die Dialogfähigkeit, das Mitnehmen der unterschiedlichen Interessengruppen der Gesellschaft. Es reicht eben nicht aus, zu sagen: Nachhaltigkeit kann ich durch Themenorientierung im Sinne von Langfristigkeit oder Zukunftsorientierung ersetzen. Nachhaltigkeit heißt vielmehr ein Ausgleich von Stakeholderinteressen. In der Bankensprache gesprochen bedeutet das, einen Ausgleich zu suchen zwischen denen, die uns das Geld zur Verfügung stellen und denen, welchen wir andererseits Kredite offerieren.

Zyniker sagen, dass die Finanzkrise brutal aufzeigt, dass Wirtschaft und Ethik nicht zusammengehören. Was antworten Sie darauf?

Hanns-Michael Hölz: Es ist richtig, dass die Finanzkrise offen gelegt hat, dass wir in manchen Bereichen nicht genug Transparenz und Kontrolle haben. Klaus Töpfer hat früher gesagt, es käme darauf an, humanes, ökonomisches und Umweltkapital miteinander zu harmonisieren. Da die Finanzkrise eine wirtschaftlich problematische Situation ist, hat das logischerweise auch Auswirkungen auf die Themen Humankapital und Umweltkapital. Daher ist es unbedingt notwendig, diese beiden Themen weiterhin im Fokus zu behalten. Sonst erfasst uns noch eine doppelte Welle, die über uns hinweg rollt: Zunächst die Finanzkrisenwelle und dann in Folge dessen eine Umwelt- oder Humankapitalkrise. Deswegen ist es gerade jetzt wirklich wichtig, über das Thema Wirtschaft und Ethik als harmonisierende Faktoren zu reden!

Welche Lehren müssen wir daraus ziehen?

Hanns-Michael Hölz:  Meine Einschätzung ist, dass wir Lehren erst konsequenterweise ab Mitte des Jahres ziehen können, weil wohl erst dann die gesamten Fakten der derzeitigen Krise auf dem Tisch liegen. Unbestreitbar ist aber, dass wir Lehren ziehen müssen. Ich bin ganz optimistisch, dass uns das Paradigma „Nachhaltigkeit“ dabei eine Art Leitplankenfunktion bietet. Fakt ist jedoch, dass die Funktion der Leitplanken derzeit noch nicht gänzlich definiert ist. Ich weiß aber, dass sehr viele Experten bis hin zu Regulatoren intensiv daran arbeiten.

Wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!

Das Interview führte Dr. Elmer Lenzen

Quelle: UD
 
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