Weltflüchtlingstag: "Flucht ohne Schlagzeilen"
Über 60 Millionen Menschen weltweit sind auf der Flucht, gerade einmal zwei Prozent davon in und nach Europa. Welche Flüchtlingskrisen schaffen es aber nicht in die Schlagzeilen? Zum Weltflüchtlingstag bietet CARE Fakten zu vergessenen Flüchtlingskrisen.
20.06.2016
Hier ein Überblick über die aktuellen Krisengebiete:
JEMEN:
Die Friedensgespräche wurden unterbrochen, der Bürgerkrieg tobt seit über einem Jahr. 82 Prozent der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen – über 21 Millionen Menschen haben nicht ausreichend zu essen, kein sauberes Trinkwasser und leben in zerstörten Häusern. Über 2,8 Millionen Menschen sind im Jemen auf der Flucht, etwa 178.000 haben das Land verlassen. „Viele Menschen kämpfen täglich ums Überleben, während die Bomben weiterhin fallen. Ich habe schon in vielen humanitären Katastrophen dieser Welt gearbeitet, aber die Situation im Jemen ist trotz des massiven Leidens beinahe völlig unsichtbar. Das macht den Menschen hier schwer zu schaffen“, so CARE-Nothelfer Marten Mylius, der vor Kurzem aus dem Bürgerkriegsland zurückgekehrt ist.
DARFUR:
Es ist eine der langanhaltendsten Flüchtlingskrisen des afrikanischen Kontinents. Seit über zehn Jahren herrscht in der sudanesischen Region Darfur Gewalt. Rund 300.000 Menschen sind ins Nachbarland Tschad geflohen und harren dort seit Jahren aus. Allein 70.000 Kinder erblickten dort in den letzten Jahren das Licht der Welt im Exil. Nun sind die Hilfsgelder dramatisch gekürzt worden und die humanitäre Notlage dort droht vergessen zu werden. CARE-Generalsekretär Karl-Otto Zentel war im Februar diesen Jahres im Osten des Tschad und appelliert an die internationale Gemeinschaft, ihre Pflichten nicht zu vergessen: „Der Tschad hat die Flüchtlinge aus Darfur großzügig aufgenommen, aber in der Konkurrenz der vielen Krisen weltweit nimmt die Unterstützung hier ab. Die Nahrungsversorgung hier beträgt derzeit nur noch 800 Kalorien am Tag, das ist zu wenig, um zu überleben.“
Hier sehen Sie Fotos von Kindern, die aus den genannten Krisengebieten stammen.
NIGERIA:
Seit Jahren leidet der Norden Nigerias unter Terror. 190.000 Menschen sind in die Nachbarländer Niger, Kamerun und Tschad geflohen, dazu kommen 2,2 Millionen Menschen, die in Nigeria selbst vertrieben sind. Die Menschen fliehen vor Überfällen, Entführungen und brutalster Gewalt. „In Diffa, der Grenzregion zwischen Niger und Nigeria, kommen Menschen aus Nordnigeria an, die so verzweifelt waren, dass sie den Grenzfluss durchquert haben, ohne schwimmen zu können“, erzählt Sabine Wilke, CARE-Mitarbeiterin, die 2015 im Niger war. Dort gab es jüngst erneut Angriffe auf nigrischem Boden, die ganze Dörfer vertrieben haben. Knapp 250.000 Menschen beider Nationalitäten sind hier derzeit auf der Flucht.
NORDIRAK:
Fast zwei Jahre ist es her, dass die Bilder von Familien, die zu Fuß über das Sindschar-Gebirge flohen, die Welt in Atem hielten. Sie liefen durch Staub, Sand und Hitze, auf ihrem Rücken trugen sie Verletzte, Kinder und Alte. Heute sind weiterhin über 3,4 Millionen Menschen auf der Flucht innerhalb des Iraks. „Vielleicht haben wir uns ein Stück weit an die Nachrichten von Krieg und Terror gewöhnt, vor allem in einer Region, in der es vielerorts brennt. Aber die Menschen, die ich im Irak getroffen habe, brauchen unsere Hilfe und unsere Aufmerksamkeit dringender denn je, denn die Flüchtlingscamps stehen immer noch hier, auch zwei Jahre später“, berichtet CARE-Teamleiterin Irene Dulz von vor Ort. Zehn Millionen Menschen im gesamten Land – Flüchtlinge, Gastfamilien und andere Gruppen – brauchen dringend Hilfe. Von den notwendigen Mitteln für die Binnenflüchtlinge – umgerechnet etwa 360 Millionen Euro – stehen bisher nur 10 Prozent zur Verfügung.
SOMALIA:
Das Land am Horn von Afrika kommt nur langsam zur Ruhe. Jahrzehntelanger Bürgerkrieg, dann Terror, Hungersnöte – immer noch leben knapp eine Million Menschen in den Nachbarländern, alleine 350.000 in Dadaab, dem größten Flüchtlingscamp der Welt in Kenia. In Somalia selbst sind knapp 1,1 Millionen Menschen Binnenvertriebene. „Was mich besonders betroffen hat, ist die Hoffnungslosigkeit der Jugend“, berichtet CARE-Mitarbeiterin Johanna Mitscherlich, die im Herbst letzten Jahres in den somalischen Provinzen Puntland und Somaliland war. „Über Facebook sehen sie die Bilder aus Europa – und begeben sich auf eine tödliche Reise durch die Wüste und über das Meer.“
Wenn Sie sich dafür interessieren, wie sich Unternehmen und die Zivilgesellschaft für Geflüchtete in Deutschland einsetzen, lesen Sie dazu unser aktuelles Dossier über "Flüchtlingsengagement"!