Soziales Engagement
Die Kulturmittler bei ThyssenKrupp Steel Europe
Ein aktueller Jahresbericht des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) räumt mit Vorurteilen auf: Weder führt Migration zur Verdrängung einheimischer Arbeiter noch zu steigender Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil: Die weltweit eine Milliarde Migranten fördern vielmehr die wirtschaftliche Entwicklung zahlreicher Länder, so der Bericht. Davon profitieren auch die Unternehmen. ThyssenKrupp Steel Europe hat das Potential der Vielfalt seiner Mitarbeiter erkannt. Dort setzt man daher auf die gezielte Förderung der reibungslosen Zusammenarbeit.
03.11.2009
„Wir begreifen Interkulturalität im Unternehmen als Stärke und als Chance für Kreativität und Wertschöpfung“, betont Dieter Kroll, Arbeitsdirektor der ThyssenKrupp Steel Europe AG. Rund 16 Prozent der Arbeitnehmer am Standort Duisburg sind Menschen mit Migrationshintergrund. Die verschiedensten Kulturen, Herkünfte und Traditionen stoßen im Arbeitsalltag des Stahlerzeugers aufeinander. Eine Vielfalt, die zwar Konfliktpotential mit sich bringt, durch den richtigen Umgang jedoch auch Chancen eröffnet. Wirklich erfolgsversprechend nutzen kann ein Arbeitgeber die Vielfalt seiner Mitarbeiter jedoch nur, wenn auch die Zusammenarbeit unter ihnen reibungslos funktioniert. Dass das nicht immer leicht ist, zeigt folgendes Beispiel aus der Praxis von ThyssenKrupp Steel Europe: Die Spätschicht an Heiligabend, dem 24. Dezember, ist hier freiwillig. Trotzdem finden sich immer Mitarbeiter, die sich bereit erklären, an diesem Abend zu arbeiten. Für viele von ihnen ist der 24. Dezember ein ganz normaler Abend, weil Weihnachten in ihrer Religion keine Rolle spielt. Sobald sich aber Freiwillige für dieses Datum melden, muss eine komplette Schicht antreten. So die Regel. Von Seiten der deutschen Mitarbeiter erklingen dann häufig Misstöne wie „Die sind schuld, dass wir nicht mal am Heiligen Abend bei unseren Familien sein können.“ Diesen Fall beschreibt die Zeitschrift für Betriebsratsmitglieder „Arbeitsrecht im Betrieb“ und sprach dazu auch mit Annegret Finke, eine der langjährigen Kulturmittlerinnen bei ThyssenKrupp Steel Europe im Stahl-Unternehmen. „Da hilft nur reden, reden, reden“, erklärt sie. Denn das ist die wichtigste Aufgabe der Kulturmittler. Ziel ist es, Verständnis und Toleranz zu vermitteln und nicht Lösungen für entsprechende Konflikte zu präsentieren. „Das würde auch - von oben herab verordnet - nicht funktionieren“, so Peter Trube, der ebenfalls die Funktion des Kulturmittlers trägt.
Konfliktmanagement
Rund 80 Mitarbeiter des Stahlerzeugers in Duisburg fungieren inzwischen als Kulturmittler. Sie alle sind Betriebsratsmitglieder und Vertrauensleute, die von 2001 bis 2004 im Rahmen des Projekts „Das Herz in die Hand nehmen - Courage zeigen!“ eine entsprechende Ausbildung absolvierten. Dabei basierten alle Unterrichtsinhalte des gewerkschaftlichen und von der Bundesrepublik finanzierten Projekts auf einer grundlegenden Annahme: Auseinandersetzungen, die durch kulturelle Unterschiede entstehen, sind unter Mitarbeitern normal. Es komme jedoch darauf an, den eigenen Blick für Konflikte dieser Art zu schärfen und eingefahrene oder auch unbewusste Verhaltensmuster zu verändern. In Rollenspielen, Gesprächsrunden und theoretischen Einheiten lagen die Schwerpunkte auf den Themen Kommunikation, Konfliktmanagement, Recht und Psychologie. „Wir lernen mit Fremdheit anders umzugehen“, erklärt Annegret Finke. So werden die Kulturmittler für Unstimmigkeiten sensibilisiert, beugen Konflikten vor und sind in der Lage, im Ernstfall schlichtend einzuwirken. Das Erfolgsrezept für das Unternehmen ist einfach: Eine zufriedene Belegschaft ist motivierter, die Kooperation funktioniert und die Produktivität steigt. Dieses Prinzip macht sich ThyssenKrupp auch bei dem Neubau eines Hüttenwerks in Brasilien zu Nutze: Dazu verbrachten brasilianische Arbeitskräfte einige Wochen im Duisburger Werk und arbeiteten eng mit deutschen Arbeitskräften zusammen. Diesen wurde zuvor im Rahmen eines Workshops ein entsprechendes Hintergrundwissen über das neue Produktionsland Brasilien vermittelt. Zum einen soll durch die Zusammenarbeit ein Abbau von Vorurteilen auf beiden Seiten erreicht werden, ein besonders wichtiger Aspekt ist aber auch der Erfahrungsaustausch. Die Mitarbeiter lernen so andere Denk- und Arbeitsweisen kennen, damit sie bestehende Prozesse im jeweiligen Betrieb optimieren, beziehungsweise durch bereits erprobte und effizientere ersetzen können. Der Stahlkonzern ist sich bewusst, dass die zeitgerechte und erfolgreiche Inbetriebnahme des brasilianischen Werks unmittelbar von der reibungslosen Zusammenarbeit des multikulturellen Teams abhängig ist. So schreibt der Stahl-Produzent in seinem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht: „Wir begreifen die menschliche Vielfalt mit ihren sozialen und ökonomischen Potenzialen als eine Bereicherung für unser Unternehmen.“
Cultural Diversity Management
Maßnahmen wie der Einsatz von Kulturmittlern oder das Kennenlernen der brasilianischen und deutschen Mitarbeiter sind hier einzelne Elemente des Cultural Diversity Managements bei ThyssenKrupp Steel Europe. Unternehmen wie der Stahlerzeuger, die dieses bewusst betreiben, merken die positiven Effekte schnell. Trotzdem belegt eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus 2007 mit dem Titel „Cultural Diversity Management in Deutschland hinkt hinterher“, dass noch großer Nachholbedarf besteht. Ein häufig begangener Fehler von Unternehmen ist die Denkweise, dass Cultural Diversity Management (CDM) in ihrem Unternehmen nicht nötig sei. Die Entfaltung des Potentials einer vielfältigen Belegschaft wird von vornherein unterbunden und der mögliche Nutzen nicht erkannt. Andere Unternehmen dagegen beschränken sich lediglich auf das Ethnomarketing (siehe Infobox), entwickeln aber keine ganzheitliche CDM-Strategie für das Gesamtkonzept des Unternehmens. Mitarbeiter werden oft auf den Umgang mit kultureller Vielfalt nicht vorbereitet. Konflikte, bei denen dann beispielsweise Kulturmittler helfen könnten, werden hier oft zum Problem das sich letztlich auch auf die Produktivität des Unternehmens auswirkt.
Wie vielfältig der Nutzen eines sinnvoll angelegten Cultural Diversity Managements in Unternehmen sein kann, belegt die Bertelsmann Stiftung in einer Sammlung von Praxisbeispielen. Im Nachgang zu ihrer Studie „Cultural Diversity Management in Deutschland hinkt hinterher“ werden Fallbeispiele von Vorreiterunternehmen im Umgang mit kultureller Vielfalt präsentiert. Das Fazit der hier beschriebenen Beispiele ist eindeutig: Vielfalt ist ein Wettbewerbsfaktor. Strategisch genutzt, dient sie der Erschließung neuer Märkte, Anpassung von Organisationsstrukturen und Führungsstilen, Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit sowie bei Innovationen in der Produktentwicklung.
Das Innovationspotential der Migranten, betont auch der Bericht des UN-Entwicklungsprogramms über die menschliche Entwicklung 2009. So zeigten Untersuchungen, das durch „Zuwanderung im Allgemeinen“ unter anderem „Investitionen in neue Unternehmen und Initiativen steigen“. Dabei profitieren Aufnahme- und Heimatland gleichzeitig: Mehr als 300 Milliarden Dollar schickten Migranten im Jahr an ihre Angehörigen in der Heimat. Insgesamt ist dass das Vierfache der gesamten Entwicklungshilfe die 2007 gewährt wurde. So bestätigt auch Jens Wandel von der UNDP, dass Migration „ein Prozess ist, der die Möglichkeiten der Menschen erweitert, und kein Problem.“
Konfliktmanagement
Rund 80 Mitarbeiter des Stahlerzeugers in Duisburg fungieren inzwischen als Kulturmittler. Sie alle sind Betriebsratsmitglieder und Vertrauensleute, die von 2001 bis 2004 im Rahmen des Projekts „Das Herz in die Hand nehmen - Courage zeigen!“ eine entsprechende Ausbildung absolvierten. Dabei basierten alle Unterrichtsinhalte des gewerkschaftlichen und von der Bundesrepublik finanzierten Projekts auf einer grundlegenden Annahme: Auseinandersetzungen, die durch kulturelle Unterschiede entstehen, sind unter Mitarbeitern normal. Es komme jedoch darauf an, den eigenen Blick für Konflikte dieser Art zu schärfen und eingefahrene oder auch unbewusste Verhaltensmuster zu verändern. In Rollenspielen, Gesprächsrunden und theoretischen Einheiten lagen die Schwerpunkte auf den Themen Kommunikation, Konfliktmanagement, Recht und Psychologie. „Wir lernen mit Fremdheit anders umzugehen“, erklärt Annegret Finke. So werden die Kulturmittler für Unstimmigkeiten sensibilisiert, beugen Konflikten vor und sind in der Lage, im Ernstfall schlichtend einzuwirken. Das Erfolgsrezept für das Unternehmen ist einfach: Eine zufriedene Belegschaft ist motivierter, die Kooperation funktioniert und die Produktivität steigt. Dieses Prinzip macht sich ThyssenKrupp auch bei dem Neubau eines Hüttenwerks in Brasilien zu Nutze: Dazu verbrachten brasilianische Arbeitskräfte einige Wochen im Duisburger Werk und arbeiteten eng mit deutschen Arbeitskräften zusammen. Diesen wurde zuvor im Rahmen eines Workshops ein entsprechendes Hintergrundwissen über das neue Produktionsland Brasilien vermittelt. Zum einen soll durch die Zusammenarbeit ein Abbau von Vorurteilen auf beiden Seiten erreicht werden, ein besonders wichtiger Aspekt ist aber auch der Erfahrungsaustausch. Die Mitarbeiter lernen so andere Denk- und Arbeitsweisen kennen, damit sie bestehende Prozesse im jeweiligen Betrieb optimieren, beziehungsweise durch bereits erprobte und effizientere ersetzen können. Der Stahlkonzern ist sich bewusst, dass die zeitgerechte und erfolgreiche Inbetriebnahme des brasilianischen Werks unmittelbar von der reibungslosen Zusammenarbeit des multikulturellen Teams abhängig ist. So schreibt der Stahl-Produzent in seinem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht: „Wir begreifen die menschliche Vielfalt mit ihren sozialen und ökonomischen Potenzialen als eine Bereicherung für unser Unternehmen.“
Cultural Diversity Management
Maßnahmen wie der Einsatz von Kulturmittlern oder das Kennenlernen der brasilianischen und deutschen Mitarbeiter sind hier einzelne Elemente des Cultural Diversity Managements bei ThyssenKrupp Steel Europe. Unternehmen wie der Stahlerzeuger, die dieses bewusst betreiben, merken die positiven Effekte schnell. Trotzdem belegt eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus 2007 mit dem Titel „Cultural Diversity Management in Deutschland hinkt hinterher“, dass noch großer Nachholbedarf besteht. Ein häufig begangener Fehler von Unternehmen ist die Denkweise, dass Cultural Diversity Management (CDM) in ihrem Unternehmen nicht nötig sei. Die Entfaltung des Potentials einer vielfältigen Belegschaft wird von vornherein unterbunden und der mögliche Nutzen nicht erkannt. Andere Unternehmen dagegen beschränken sich lediglich auf das Ethnomarketing (siehe Infobox), entwickeln aber keine ganzheitliche CDM-Strategie für das Gesamtkonzept des Unternehmens. Mitarbeiter werden oft auf den Umgang mit kultureller Vielfalt nicht vorbereitet. Konflikte, bei denen dann beispielsweise Kulturmittler helfen könnten, werden hier oft zum Problem das sich letztlich auch auf die Produktivität des Unternehmens auswirkt.
Wie vielfältig der Nutzen eines sinnvoll angelegten Cultural Diversity Managements in Unternehmen sein kann, belegt die Bertelsmann Stiftung in einer Sammlung von Praxisbeispielen. Im Nachgang zu ihrer Studie „Cultural Diversity Management in Deutschland hinkt hinterher“ werden Fallbeispiele von Vorreiterunternehmen im Umgang mit kultureller Vielfalt präsentiert. Das Fazit der hier beschriebenen Beispiele ist eindeutig: Vielfalt ist ein Wettbewerbsfaktor. Strategisch genutzt, dient sie der Erschließung neuer Märkte, Anpassung von Organisationsstrukturen und Führungsstilen, Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit sowie bei Innovationen in der Produktentwicklung.
Das Innovationspotential der Migranten, betont auch der Bericht des UN-Entwicklungsprogramms über die menschliche Entwicklung 2009. So zeigten Untersuchungen, das durch „Zuwanderung im Allgemeinen“ unter anderem „Investitionen in neue Unternehmen und Initiativen steigen“. Dabei profitieren Aufnahme- und Heimatland gleichzeitig: Mehr als 300 Milliarden Dollar schickten Migranten im Jahr an ihre Angehörigen in der Heimat. Insgesamt ist dass das Vierfache der gesamten Entwicklungshilfe die 2007 gewährt wurde. So bestätigt auch Jens Wandel von der UNDP, dass Migration „ein Prozess ist, der die Möglichkeiten der Menschen erweitert, und kein Problem.“
Stichwort „Ethnomarketing“ Bei dem Begriff Ethnomarketing handelt es sich um Verkaufs- und Werbestrategien, die im Vergleich zur entsprechenden Region, ethnisch andersartige Zielgruppen ansprechen sollen. So setzen viele Arbeitgeber an Unternehmensstandorten in Stadtvierteln mit beispielsweise hoher türkischer Bevölkerung, türkische Verkaufskräfte ein. Diese kennen die Mentalität der dortigen Kunden und finden meist schnelleren Zugang zu ihnen. Das Unternehmen setzt also seine Mitarbeiter gezielt entsprechend ihrer Hintergründe, Fähigkeiten und Erfahrungen ein und sichert sich somit klare Wettbewerbsvorteile. Weitere Informationen zum Thema Ethnomarketing finden Sie hier: [Mehr...] |
Quelle: UD