Soziale Projekte stärken Kakaobauern und Familien
Bekämpfung der Kinderarbeit und mehr Bildung - das ist eines der Hauptziele, das die Nestlé-Initiative „The Cocoa Plan“ in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen erreichen will. Gelingen soll das über die Stärkung der Bauern, die Verbesserung ihres Einkommens und ihrer Lebensbedingungen. „Seitdem das Projekt hier gestartet ist, haben sich sehr viele Kinder zur Schule angemeldet“, berichtet der Chef des Dorfes Assikoi an der Elfenbeinküste.
03.03.2010
Rund 60 Prozent der Bevölkerung an der Elfenbeinküste leben in Armut. Etwa die Hälfte der Einwohner kann weder lesen noch schreiben und auch die Einschulungsrate liegt bei gerade mal fünfzig Prozent. Aus diesem Land stammen 40 Prozent des Rohstoffs Kakao. So ist der Kakaoanbau die wichtigste Einkommensquelle für zahlreiche ivorische Familien. Doch weder ist dieser Verdienst sicher noch profitabel. Obwohl der Kakao an der Börse aktuell zwar mit 3.500 Dollar pro Tonne den höchsten Wert seit dreißig Jahren erreicht, haben die Kakaobauern davon nichts. Im Gegenteil: Häufig müssen die Bauern Kinder für die schwere Arbeit auf den Plantagen einsetzen, da sie billiger sind als Erntehelfer.
Die Traitants und Pisteurs der Elfenbeinküste
Um den Kakaobauern mit der Initiative „The Cocoa Plan“ wirklich helfen zu können, galt es für Nestlé, die Gründe für die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bauern zu erforschen. Als Ursachen für das zu niedrige Einkommen kristallisierten sich dabei vor allem zwei Faktoren heraus: Eine zu lange Versorgungskette sowie die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Kakaobauern.
Bernhard Herold, Agrarökonom der Max Havelaar-Stiftung - einer Vergabestelle für Fair-Trade Gütesiegel, kennt diese Problematik von seinen Besuchen auf Kakaofarmen vor Ort. So berichtete er 2009 in einem Fachartikel der Stiftung von den Kakaohändlern der Elfenbeinküste: Demnach beauftragen viele Kakaokonzerne sogenannte „Traitants“ als Zwischenhändler. Mit Krediten ausgestattet rekrutieren die Traitants weitere Mittelsmänner, genannt „Pisteurs“. Die sind dann während der Erntezeit mit „Lastwagen und viel Bargeld ausgerüstet in den Kakaogebieten unterwegs“, so Herold. Das Problem dieser Handelskette ist: Je mehr Stationen der Kakao durchläuft, desto weniger verdienen die Bauern an ihrer Ware. Denn die Zwischenhändler wollen von ihrem Geschäft profitieren: So bezahlen sie den Bauern so wenig wie möglich und behalten den Rest für sich. Da es keinen geregelten Mindestpreis für Kakao gibt, können sie den Preis immer weiter drücken. Um sich davor zu schützen, gibt es inzwischen einige Zusammenschlüsse von Bauern zu Genossenschaften. So wollen sie Zwischenhändler vermeiden und mit den Konzernen direkt verhandeln. Doch ohne Mindestpreis hilft auch das nur bedingt. Viele Bauern wählen daher immer noch den schnellen Weg zu Bargeld über die Pisteurs.
Wettbewerbsfähigkeit fördern
An dieser Stelle setzt der Nestlé Cocoa Plan an. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Genossenschaften zu steigern, unterstützt Nestlé durch lokale Organisationen die Bauern dabei, ihre Ware selbst exportfertig zu machen. Auch Hagen Streichert, Sprecher der Verbraucherländer im Internationalen Kakaorat, ist davon überzeugt, dass die Kürzung der Versorgungskette den Bauern nur dann hilft, „wenn es gelingt, die Verhandlungsposition der Kakaobauern gegenüber den Mittelsmännern zu stärken“. Nestlé will zudem ab 2012 jährlich eine Million Setzlinge an die Bauern im Anbaugebiet Westafrika verteilen. Da die Bauern über Jahre nicht in die Pflege ihrer Plantagen investieren konnten, sind die Pflanzen überaltert und verkümmert. Mit der Erneuerung des Baumbestands will Nestlé ertragsreicher Ernten erzielen und Ernteausfälle vermeiden. Darüber hinaus investiert Nestlé in ein Programm für sogenannte „Farmer Field Schools“ in Westafrika. Inhalt ist die Schulung der Bauern in nachhaltigem Kakaoanbau. Nestlé will mit dem Cocoa Plan zum einen sicherstellen, dass immer genügend Kakao zur Verarbeitung geliefert werden kann. Zum Anderen will Nestlé auch eine Verbesserung der sozialen Bedingungen der Bauern und ihrer Familien erreichen. So findet neben der praktischen Wissensvermittlung in den Farmer Field Schools auch das Thema Kinderarbeit seinen Platz.
Kinderarbeit auf Kakaoplantagen
Die
International Cocoa Initiative (ICI), eine unabhängige Allianz mit dem
Ziel, Kinder- und Zwangsarbeit in der Kakaoproduktion weltweit
abzuschaffen, hat dazu Fakten: Offizielle Untersuchungen aus dem Jahr
2008 ergaben, dass noch immer 35 Prozent der Kinder an der
Elfenbeinküste schwere Arbeiten auf den Kakaoplantagen verrichten. Dazu
gehören der Umgang mit Pestiziden, die ohne Schutzkleidung
Hautkrankheiten hervorrufen können, die Arbeit mit gefährlichen
Buschmessern und das Tragen schwerer Lasten. Unter diesen Umständen
arbeiten sie oft bis zu zwölf Stunden für einen Hungerlohn.
Misshandlungen durch ihre Arbeitgeber sind keine Seltenheit. Die Kinder
werden dazu häufig verschleppt und zur Arbeit in der Kakaoernte
gezwungen. Nach Angaben der ICI wurde 2008 rund 240 Mal der
Menschenhandel mit Kindern festgestellt. Neben den physischen und
psychischen Schäden, die die Kinder davontragen, bleibt ihnen meist
auch der Zugang zu Bildung verwehrt.
Die Bekämpfung der Kinderarbeit hat im Rahmen des Cocoa Plans einen hohen Stellenwert. Dazu hat Nestlé den Weg über lokale Organisationen und Partner gewählt. Das findet auch die Zustimmung von Hagen Streichert: „Nestlé arbeitet mit fachkundigen Organisationen zusammen, die Erfahrung im Bereich der Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit haben.“ So ist Nestlé eines der Gründungsmitglieder der ICI, die sich aus mehreren Unternehmen, Gewerkschaften und NGOs zusammenschließt. Ziel der ICI ist es, durch lokale NGO-Partner Gemeinden in Kakaoanbaugebieten für das Thema Kinderarbeit zu sensibilisieren und Aufklärungsarbeit zu betreiben. Es ist nicht damit getan, die Arbeit von Kindern in der Kakaoernte generell zu verbieten. In vielen Familien hat der Kakaoanbau und damit auch die Mitarbeit der Familie auf den Feldern Tradition.
Harald Meier, Professor an der Fachhochschule Bonn beschäftigt sich seit Jahren im Rahmen von Forschungsarbeiten mit dem Thema Kinderarbeit. In dem Kampf gegen Kinderarbeit sei „Fingerspitzengfühl“ gefragt. Gerade in Ländern, wo die Familie - nicht wie bei uns das Individuum - an erster Stelle steht, sei Arbeit auch mit Wertschätzung und Respekt gleichzusetzen, erklärt Meier in einem Artikel des General Anzeigers Bonn. Er fügt außerdem hinzu, dass das Arbeiten bei Minderjährigen oft auch zu „Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit“ beiträgt. Daher ist es wichtig zu differenzieren: In welcher Form Kinderarbeit nicht erlaubt ist, regelt die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (KRK) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Demnach ist der leichte Arbeitseinsatz von Kindern zulässig, wenn dadurch ihre Gesundheit, Entwicklung und Bildungsmöglichkeit nicht beeinträchtigt oder geschädigt werden.
Aufklärungsarbeit
Um das den Kakaobauern vor Ort zu vermitteln, hat die von Nestlé unterstützte Organisation ICI ein spezielles Vorgehen entwickelt. Dieses besteht aus vier Teilen: Erster Schritt ist das Gespräch mit der Gemeinde und die Aufklärung über Kinderarbeit. Dann folgt die Erstellung eines Gemeinde-Aktionsplans. Der beinhaltet Pläne, wie die aktuelle Situation für die Kinder verbessert werden kann. Zum Beispiel durch den Bau einer Schule. Dritter Schritt ist Umsetzung des Aktionsplan und der Vierte widmet sich dem Monitoring: Dazu bestimmt die Gemeinde ein Komitee, das die Ausführung des Aktionsplans überprüft und sicherstellt. Die ICI arbeitet bei diesem Programm mit lokalen Partnern wie anderen NGOs zusammen. Nachdem diese durch die ICI geschult wurden, ist es ihre Aufgabe, die Aktivitäten des Programms in die Gemeinde zu integrieren. Das Dorf Assikoi an der Elfenbeinküste ist dafür ein Beispiel: Gemeinsam mit lokalen Partnern startete die ICI im März 2008 ihr Programm. „Seitdem haben wir unser Verhalten geändert“, erklärt der Chef des Dorfes. „Kinder übernehmen nur noch ungefährliche und leichte Aufgaben“. Außerdem berichtet er, dass nun mehr Kinder die Schule besuchen: „Wir haben verstanden, dass Kinder zur Schule gehen müssen“, so der Chef von Assikoi.