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Medellín: Die Stadt, die eine gewalttätige Vergangenheit in eine nachhaltige Zukunft verwandelt hat

Medellín, die zweitgrößte Stadt Kolumbiens, galt in den 1990er-Jahren als eine der gefährlichsten Städte der Welt. Drogenkartelle herrschten, Morde und Zusammenstöße zwischen Banden, Guerillas und Paramilitärs waren an der Tagesordnung. Doch vor zwei Jahrzehnten begann die Stadt einen Wandel, der durch intelligente Investitionen in Verkehr, Infrastruktur, Bildung, Technologie und öffentliche Parks eingeleitet wurde. Heute hat Medellín, die Hauptstadt des Departements Antioquia, 2,6 Millionen Einwohner:innen und ist bestrebt, ein Modell für nachhaltige Stadtplanung und Innovation zu werden.

03.03.2023

Medellín: Die Stadt, die eine gewalttätige Vergangenheit in eine nachhaltige Zukunft verwandelt hat

Der Wandel begann im ärmsten Viertel der Stadt, der Comuna 13. Dieses in den Hügeln westlich von Medellín gelegene Gebiet war in den 1980er-Jahren aufgrund seiner schlechten Erreichbarkeit und der vielen Gassen ein idealer Ort für den Drogenhandel. Die 12.000 Einwohner:innen mussten steile Wege und Korridore hinauf- und hinunterlaufen, ohne Zugang zu Fahrzeugen, Krankenwagen oder Warentransport.

Eine Geschichte der Widerstandsfähigkeit

Im Jahr 2002 kam es in der Comuna 13 zu einem gewalttätigen Zwischenfall, der als Operation Orion bekannt wurde. Paramilitärische Kommandos drangen in die Comuna 13 ein, um die Guerilla auszuschalten, was zu Hunderten von Verletzten, Toten und Vermissten führte. Nach diesem tragischen Ereignis kam es zu einer Reihe von Veränderungen in der Organisation und Infrastruktur der Stadt, die einen Prozess der Befriedung einleiteten, der mit Höhen und Tiefen bis heute anhält.

Medellín

Zwei Jahre später, im Jahr 2004, wurde mit dem Bau einer Seilbahn – die man gemeinhin mit Tourismus und Freizeit assoziiert – ein weiterer Meilenstein gesetzt, der dieses abgelegene Gebiet mit dem Stadtzentrum verbindet. Im Jahr 2011 wurde dann eine elektrische Rolltreppe eingeweiht, die es den Bewohner:innen ermöglicht, in wenigen Minuten statt in anderthalb Stunden von einer Haltestelle der öffentlichen Verkehrsmittel nach Hause zu gelangen.

Diese Infrastrukturverbesserungen wurden von der Metro Medellín durchgeführt, einem öffentlichen Unternehmen, das von der Stadt und dem Bundesstaat (Provinz) Antioquia verwaltet wird und neben dem Transport auch eine soziale Aufgabe hat: die Bildung der Bürgerinnen und Bürger. So werden, im Rahmen der so genannten Metrokultur, während der Fahrten mit der Straßenbahn oder dem Metrotable Botschaften zur Sensibilisierung für Sauberkeit, Rücksichtnahme gegenüber Älteren und Menschen mit Behinderungen oder auch für das Grüßen und Lächeln vermittelt.

Medellín

Unter dem Motto „Medellín, die Gebildetste“ wurde 2004 ein Plan zur Verbesserung der Infrastruktur und zum Bau von Schulen und Bibliotheken in Angriff genommen, wobei den einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten Priorität eingeräumt wurde. Dank dieser Infrastrukturverbesserungen wurde die Comuna 13 zu einem der meistbesuchten Orte in Medellín. Touristen kamen, angezogen von Musik, Tanz, Restaurants mit lokalen Gerichten und den von Straßenkünstler:innen gemalten Wandbildern, die für Frieden und Koexistenz warben.

Die Jugendlichen des Viertels, die zuvor in der Welt der Drogen gefangen waren, gründeten Unternehmen und Genossenschaften für gastronomische, kreative und touristische Dienstleistungen. Für sie ist es kein Stigma mehr, in der Comuna 13 geboren zu sein und gelebt zu haben, sondern eine Quelle des Stolzes.

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Ein grüner Sanierungsplan

Medellín will nicht nur eine Stadt der sozialen Integration werden, sondern auch eine grüne Stadt. Der Bürgermeister Daniel Quintero hat einen ehrgeizigen Plan aufgestellt, um die Kohlendioxidemissionen um 20 Prozent zu senken, alle öffentlichen Verkehrsmittel bis 2030 zu elektrifizieren, die Fahrradwege um 50 Prozent zu erweitern und die Zahl der öffentlichen Verkehrslinien zu verdoppeln. Er sagte, sein Plan zur wirtschaftlichen Erholung nach COVID-19 werde Hand in Hand mit seinen Klimazielen gehen.

Eines seiner ehrgeizigsten Projekte ist die Ausweitung grüner Korridore in der Stadt, um den städtischen Wärmeinseleffekt zu neutralisieren, der dadurch entsteht, dass Beton und Straßenbelag die Sonnenenergie absorbieren und in der Nacht als Wärme abstrahlen. Wie bei den Infrastruktur- und Verkehrsprojekten wurde auch bei den grünen Korridoren darauf geachtet, dass sie in den ärmsten Stadtvierteln liegen.

Für diese Initiative wurde Medellín auf dem C40 World Mayors Summit in Kopenhagen 2019 mit dem Climate Leadership Prize ausgezeichnet. Das Projekt wurde als hervorragendes Beispiel dafür angesehen, wie Stadtplaner und Regierungen die Natur für eine intelligente Stadtgestaltung nutzen können. Mit begrenzten Ressourcen gelingt es dieser kolumbianischen Stadt, die bestehenden Siedlungsbedingungen zu verbessern, neue öffentliche Räume zu schaffen, Arbeitsplätze und Bildung mit einer multimodalen Verkehrsinfrastruktur zu fördern und gleichzeitig auf die Umwelt und die soziale Nachhaltigkeit zu achten.

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Quelle: UmweltDialog
 

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