UN-Entwicklungsziele

Südafrikas ungleicher Kampf um die Bildung

Die Zeit der Apartheid liegt fast 30 Jahre zurück. Trotzdem sind die sozialen Unterschiede in den Schulen Südafrikas noch immer eklatant und die Zahlen zur Bildungsqualität dramatisch. Die Non-Profit-Organisation Sawabona Africa hat die wichtigsten Fakten zusammengestellt.

22.12.2023

Südafrikas ungleicher Kampf um die Bildung

1953 wurde der Bantu Education Act verabschiedet – ein Gesetz, das die rassistische Ideologie in südafrikanischen Schulen zementierte. Schwarze sollten nur eine rudimentäre Bildung erhalten: Neben Grundkenntnissen im Lesen, Schreiben und Rechnen standen praktische Fähigkeiten wie Kochen, Putzen, Handarbeiten oder Gärtnern im Vordergrund. Der Gedanke dahinter war, nur das zu lernen, was aus Sicht des Regimes notwendig war, um später als Hilfskraft zu arbeiten. Diese Zeiten sind lange vorbei – von Bildungsgerechtigkeit kann trotzdem nicht die Rede sein. Sawabona Africa sagt, warum:

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  • Viele haben keinen Zugang zu guter Bildung.

    Die gute Nachricht: Südafrika hat mit fast 100 Prozent eine der höchsten Schulanfängerraten auf dem Kontinent. Die Mehrheit aller Kinder, rund 75 Prozent, ist aber auf öffentliche Einrichtungen angewiesen. Diese verlangen größtenteils keine oder zumindest nur geringe Gebühren und sind damit die einzige Option für sozial schwache Familien – allerdings erreichen sie bei weitem nicht das Niveau der gut ausgestatteten Bildungseinrichtungen, ob nun privat oder auch staatlich. Daran haben die massiven Förderprogramme der südafrikanischen Regierung nichts geändert: Sie investiert rund 20 Prozent der öffentlichen Mittel in Bildung, um Ungleichheiten zu beseitigen – jedoch ohne großen Erfolg. Ein anderes Problem ist die Tatsache, dass einheitliche Bildungsstandards fehlen, weil jede Provinz ihre Schulen je nach Wirtschaftlichkeit und Wohlstand unterschiedlich unterstützt.

  • Südafrika liegt im Bildungsvergleich auf den hinteren Plätzen.

    Die Qualität der Bildung steht in keinem Verhältnis zu den Ausgaben, die der Staat in das Schulsystem investiert. Normalerweise werden Kinder mit sieben Jahren eingeschult und bleiben dann bis zur siebten Klasse auf der Grundschule. Danach geht es mit der High School weiter, diese endet nach der zwölften Klasse und ermöglicht bei einem erfolgreichen Abschluss das Studium an einer Universität. Aufgrund der schlechten Lernbedingungen, Armut und fehlender Unterstützung im Elternhaus bricht jedoch jedes zweite Kind die Schule ohne Abschluss ab. Auch die Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse sind im internationalen Vergleich erschreckend niedrig: Dem PIRLS-Report zufolge sind gerade einmal 19 Prozent der Viertklässler in der Lage, einen Text zu lesen und zu verstehen. Das heißt im Umkehrschluss: 81 Prozent der Kinder sind damit überfordert. Nicht viel besser sieht es bei den Kenntnissen in Mathematik und Naturwissenschaften aus. Laut dem letzten TIMSS-Ranking verfügt ein erheblicher Anteil von südafrikanischen Schülern nicht einmal über die grundlegenden Fähigkeiten, die für die nächste Phase der Schulbildung Voraussetzung sind. Da hilft es auch nicht, wenn die Kriterien für die High-School-Abschlussprüfung Matric, deren Anforderungen sowieso schon niedrig sind, in schlechten Jahren herabgesetzt werden, um so mehr Schülern aus sozial schwachen Familien einen Abschluss zu ermöglichen.

  • Schlecht ausgestattete Klassenzimmer verhindern das Lernen.

    Die Tatsache, dass der Bildungsstandard in Südafrika auch heute noch so niedrig ist, liegt an den katastrophalen Lernbedingungen in öffentlichen Schulen. Die Gebäude sind meist in einem desolaten Zustand, nach wie vor gibt es Schulen ohne Strom, ohne Wasser und damit ohne Toiletten. Die Räume sind zudem überfüllt, bis zu 100 Kinder pro Klasse sind keine Seltenheit. Vielerorts fehlt es an Schulbüchern, der Unterricht fällt oft aus, Vertretungsstunden gibt es nicht und Hausaufgaben nur selten. Ein weiteres Problem: Die guten Lehrkräfte arbeiten in der Regel an Privatschulen oder öffentlichen Einrichtungen mit ihren hohen Schulgebühren und damit besseren Gehältern. In der Folge ist es für sozial benachteiligte Schüler nahezu unmöglich, den Kreis aus schlechter Bildung und schlechten Zukunftsaussichten zu durchbrechen. Den kausalen Zusammenhang zwischen gut ausgestatteten Schulen und entsprechend guten Ergebnissen belegen indes zahlreiche Studien: In finanzstarken Provinzen schließen deutlich mehr Kinder und auch mit deutlich besseren Noten die Schule ab. In anderen Bildungsstätten besteht dagegen kein einziger Schüler die Abschlussprüfung Matric.

  • Ohne Bildung ist der Weg in eine bessere Zukunft verbaut.

    Die Qualität der Schulbildung hat erhebliche Auswirkungen auf die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten von jungen Menschen. Ein Schulabschluss ermöglicht einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt. Schulabgänger mit Abschluss haben demnach eine doppelt so hohe Chance, einen Arbeitsplatz zu finden, als Schulabgänger ohne Abschluss. Ein Universitätsabschluss verdreifacht sogar die Chance auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz. Davon ist Südafrika allerdings noch weit entfernt: Nach Angaben der Weltbank hat das Land die höchste Arbeitslosenrate der Welt. Bei den 15- bis 24-Jährigen liegt die Quote laut offizieller Statistik bei 61 Prozent, und sogar bei 71 Prozent, wenn man alle mitzählt, die keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. In der Folge lebt fast die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.

„Das südafrikanische Bildungssystem ist ein ungerechtes Zweiklassensystem. Familien, die es sich leisten können, schicken ihre Kinder in gebührenpflichtige Einrichtungen oder gleich auf teure Privatschulen. Die Kosten dafür sind jedoch für den Großteil der Bevölkerung viel zu hoch, ihnen steht also nur das in der Regel schlecht ausgestattete öffentliche Schulsystem offen. Was das bedeutet, sieht man: Viel zu viele Kinder brechen vorzeitig und ohne Abschluss ab. Damit platzt der Traum von einer besseren Zukunft“, erklärt Zilla Stekhoven, Gründerin von Sawabona Africa e.V. Die in Südafrika ausgebildete Juristin hat international in vielen Bereichen gearbeitet, bevor sie 2021 Sawabona Africa gegründet hat. „Wir brauchen dringend eine weitreichende Transformation des Schulsystems in Südafrika. Das reicht von einer standardisierten Ausbildung für alle Lehrer über die gleichmäßige Verteilung von Fördergeldern bis hin zum zügigen Ausbau von Schulen mit der notwendigen Infrastruktur. Bis dahin sind Container-Klassenzimmer für außerschulische Programme eine wichtige und vor allem auch schnelle Lösung, um die schlechte Bildung in vielen Gegenden von Südafrika auszugleichen: Die Kinder erhalten dort nach dem regulären Unterricht Nachhilfe in Schreiben, Lesen und Mathematik.“

Quelle: UD/pm
 

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