Welthungerhilfe warnt vor Verschärfung des Hungers
Die Welthungerhilfe warnt angesichts weltweit steigender Preise für Nahrungsmittel vor einer Verschärfung des Hungers. Der UN-Preisindex, der die global am meisten gehandelten Nahrungsmittel abbildet, ist 2021 auf den höchsten Stand seit 2011 gestiegen.
26.01.2022
„Wir beobachten mit Sorge, dass die Preise für Getreide, Milchprodukte, Speiseöl und andere Grundnahrungsmittel derzeit nur eine Richtung kennen: aufwärts. Alle Warnlampen blinken rot, denn anhaltend hohe Nahrungsmittelpreise können bestehende Hungerkrisen verschärfen. Weltweit hungern schon heute etwa 811 Millionen Menschen“, sagt Dr. Rafaël Schneider, stellvertretender Leiter der Politik-Abteilung der Welthungerhilfe. Ursache für den Preisanstieg ist eine Kombination verschiedener Faktoren: Steigende Energiepreise verteuern den Transport und führen zu Preisexplosionen bei den Düngemitteln. Parallel werden durch den Klimawandel zunehmend Ernten infolge von Wetterextremen vernichtet. Hinzu kommen die Folgen der Corona-Pandemie, schlechte Infrastruktur oder gewaltsame Konflikte vor Ort. Auch politische Faktoren erhöhen den Preisdruck, zum Beispiel wenn absehbar ist, dass Getreideexporte aus Ländern wie der Ukraine fehlen könnten.
Die Folgen von teurer Nahrung treffen Menschen weltweit. Auch in Deutschland werden steigende Preise für Nudeln, Kaffee oder Margarine die Haushaltskassen vieler Familien belasten, allerdings geben sie im Schnitt nur etwa zwölf Prozent für Lebensmittel aus. Anders ist es in vielen Partnerländern der Welthungerhilfe: „In Sierra Leone hat sich die Zahl der Haushalte, die mehr als 75 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben 2021 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt“, sagt Schneider. „Steigende Preise führen nicht nur zu Armut, sondern direkt in den Hunger: Familien verzichten auf Mahlzeiten und kaufen billigeres und weniger gesundes Essen. Die Kinderarbeit nimmt zu, wenn Eltern ihre Kinder zum Geldverdienen statt in die Schule schicken müssen.“
Es gibt keine Anzeichen, dass sich die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise 2022 stabilisiert, im Gegenteil sind die Ernteaussichten für Hungerregionen in Afrika und Asien düster. „Die betroffenen Länder müssen rasch soziale Sicherungsmaßnahmen vorbereiten, um die Versorgung der Menschen zu gewährleisten. Mittelfristig müssen sie mehr in ihre Landwirtschaft investieren, denn jetzt rächt sich, dass nach den letzten Krisen zu wenig geschehen ist“, fordert Schneider. „Länder wie Deutschland sind gefordert ihre Unterstützung für Hungerbekämpfung und ländliche Entwicklung auszubauen. Kurzfristig sollten sie darauf hinwirken, dass Exportstopps für Agrarprodukte vermieden werden.“