Hungersnot in Gaza: Israel behindert Verteilung humanitärer Hilfsgüter
Während die Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas andauern, wird es für Hilfsorganisationen immer schwieriger, die eingeschlossene Zivilbevölkerung in Gaza zu erreichen, da Israel die humanitäre Hilfe behindert und intensive Luft- und Bodenangriffe durchführt.
10.06.2024
Das Zusammentreffen von geschlossenen Grenzübergängen, Luftangriffen, eingeschränkten logistischen Möglichkeiten, Evakuierungsbeschränkungen und einem komplizierten israelischen Genehmigungsverfahren, das die Verteilung humanitärer Hilfsgüter im Gazastreifen behindert, stellt für Hilfsorganisationen ein enormes Hindernis dar, ihre Hilfe effektiv zu leisten.
Seit der Schließung des Grenzübergangs Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen ist der Grenzübergang Kerem Shalom, der von Israel nach Gaza führt, der einzige verfügbare Grenzübergang. Aufgrund dieser Situation müssen Tausende von Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern, die derzeit in Rafah warten, dorthin umgeleitet werden, was bedeutet, dass sie mitten durch das Konfliktgebiet fahren müssen. Die zögerliche Erteilung von Genehmigungen für die Einfuhr und den Transport von Hilfsgütern über die Grenze nach Gaza führt häufig dazu, dass Lieferungen abgebrochen werden müssen.
Dadurch verschlechtert sich die Ernährungssituation in Gaza von Tag zu Tag: Laut einer Umfrage von Hilfsorganisationen im Mai haben 85 Prozent der Kinder an mindestens einem von drei Tagen nichts zu essen bekommen. Zudem nimmt die Qualität der verfügbaren Lebensmittel ab und sie werden zu Preisen verkauft, die für die meisten Menschen unerschwinglich sind. Obwohl Israel versprochen hat, die geflüchteten Menschen zu unterstützen, gibt es in weiten Teilen des Gazastreifens praktisch keine humanitäre Hilfe. Eine Hungersnot droht.
„Israel hat schon vor Wochen behauptet, dass es der Zivilbevölkerung, die es zum Abzug aufgefordert hatte, volle humanitäre und medizinische Hilfe bereitstellen würde – als Besatzungsmacht sind sie rechtlich sogar dazu verpflichtet, humanitäre Hilfe nicht zu behindern“, so Robert Lindner, Referent für Nahostpolitik bei Oxfam Deutschland. „Es ist sehr besorgniserregend, dass dies trotzdem passiert – und auch noch straffrei bleibt. Zusammen mit den andauernden Bombardierungen schafft dies extrem gefährliche, wenn nicht unmögliche Bedingungen für die Arbeit der humanitären Organisationen.“
Rund 1,7 Millionen Menschen, mehr als zwei Drittel der Bevölkerung des Gazastreifens, sind aus Rafah und anderen Gebieten in die nördlich angrenzenden Gebiete geflohen und leben dort auf engstem Raum von 69 Quadratkilometern. Für einfache Zelte müssen sie bis zu 700 Dollar bezahlen. Die Lebensumstände sind katastrophal. In der sogenannten „humanitären Zone“ Al Mawasi müssen sich über 4.000 Menschen eine Toilette teilen. Trotz der angeblichen Sicherheit werden diese Gebiete immer wieder bombardiert. Letzte Woche starben Dutzende von Vertriebenen in ihren Zelten.