Politik

China unterschätzte Erdbebenrisiko

Die Bewohner der chinesischen Provinz Sichuan müssen nun den Preis dafür zahlen, dass die Häuser in der Region nur geringe Erdstöße aushalten. Zu diesem Schluss kommt ein Forscher der australischen Universität in Perth in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins New Scientist.

16.05.2008

"Der seismische Code dieser Region ist unterschätzt", kritisiert der Zivilingenieur Hong Hao von der University of Western Australia in Perth. Die chinesischen Behörden haben die südwestliche Provinz mit dem Äquivalent sieben auf der Mercalli-Intensitätsskala klassifiziert. Die Intensität sieben bedeutet, dass es ein zehnprozentiges Risiko eines so starken Erdbebens in einem Zeitraum von 50 Jahren gibt, das bei modernen Häusern nur geringe Schäden verursacht, allerdings das Aufstehen einem Menschen Schwierigkeiten bereitet. Nach Angaben von New Scientist hatte das Beben von Montag eine Stärke auf der Mercalli-Skala von zehn bis elf. Damit sei das Beben in Sichuan fünf Mal stärker gewesen als erwartet, meint der Forscher.

Ein Ad-hoc-Urteil will der deutsche Erdbeben-Experte Rainer Kind vom Geo-Forschungszentrum Potsdam dazu keines abgeben. "Fest steht, dass es sich um ein Erdbebengebiet handelt. Das haben die chinesischen Behörden auch gewusst", meint Kind. 1933 habe es hier ein Beben mit der Stärke 7,5 gegeben. Mehr als 9.000 Menschen sind damals ums Leben gekommen. "Wissenschaftler haben gewusst, dass es ein großes Risiko eines weiteren schweren Bebens gibt", erklärt der Forscher. Natürlich könne man nicht vorhersagen, wann es dazu komme und wie stark dieses Beben sein werde. Kind schätzt die chinesischen Behörden in Bezug auf die Erdbebenvorsorge als ziemlich fortgeschritten ein. "In den vergangenen Jahren haben die chinesischen Behörden die Erdbebenrisiken sehr wohl berücksichtigt", so der Forscher. Das betreffe allerdings in den meisten Fällen nur neu errichtete Gebäude und nicht jene, die bereits bestanden haben.

Tatsächlich ist Chinas Risikobewertung gleich einzuschätzen wie jene des Global Hazard Seismic Assessment Program (GHSAP), einem UN-Projekt, das die Gefahr vor Naturkatastrophen einschränken soll. Nach den Einschätzungen des GHSAP ist für Sichuan das Äquivalent sieben angenommen. "Dieses Erdbeben, das nun Sichuan getroffen hat, ist aber mindestens fünf Mal stärker gewesen", so Hao. Die Zerstörung in Sichuan lege allerdings nahe, dass diese Risikobewertung weit gefehlt war.

Dass bei "empfindlichen Konstruktionen" wie etwa Dämmen oder Kernkraftwerken besondere Standards eingehalten werden müssen, ist klar. "Doch auch solche Gebäude kann man nicht vor jedem Erdbebenrisiko schützen", meint Kevin McKue vom Australian Seismological Centre in Canberra.
Quelle: pte
 
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