Politik
„In Afrika investieren statt spenden!“
Wenn Heidi Schiller, Geschäftsführerin der Kaïto Projekt GmbH, Unternehmern oder Investoren diesen Vorschlag macht, erntet sie zunächst ungläubige Blicke. Das ändert sich rasch, wenn Schiller von den spannenden Optionen dieses Zukunftsmarkts erzählt und davon, wie sie mit Kunden und Geschäftspartnern in und für Afrika nachhaltige Geschäftsmodelle entwickelt, die sich für alle Beteiligten rechnen. Monetär und ideell.
30.04.2009
Haben wir da bisher was übersehen in Afrika?
Heidi Schiller: Afrika ist größer als die USA, Indien und China zusammen und entsprechend vielfältig. Neben dem großen Elend in vielen Regionen gibt es unglaublich viele positive Entwicklungen: Länder mit einer stabilen Demokratie suchen den Anschluss an die Weltwirtschaft und bieten Investoren attraktive Konditionen. Einfach weil sie wissen, dass eine stabile Privatwirtschaft allemal der bessere Motor ist für die dauerhafte Verbesserung der Lebensqualität, als es Entwicklungshilfe je sein könnte. Denn dann können sich die Menschen ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften und das, was sie brauchen einfach selber kaufen.
„In Afrika investieren statt spenden“ - wie kamen Sie zu dieser Überzeugung?
Schiller: Ich habe mich einige Zeit in einem Verein engagiert, der junge Handwerker im Senegal ausbildet. Die Schüler waren mit Begeisterung dabei. Aber anschließend fanden sie keine Arbeitsplätze. Deshalb wollten sich die Absolventen selbständig machen - der Bedarf war da - und baten uns um eine Art Gründer-Darlehen. Wir hätten das gerne übernommen. Aber klassische Existenzgründungen mit deutschen Spendengeldern fördern? Geht nicht wegen der Gemeinnützigkeit. Also musste eine andere Lösung her. Und so haben mein Partner und ich privat Kredite an diese Start-Ups vergeben. Die arbeiten jetzt rentabel und wachsen teilweise kräftig. Aber die Nachfrage überstieg bald unsere Möglichkeiten
und so Sie haben das zu Ihrem Beruf gemacht?
Schiller: Jein, unser Geschäft besteht nicht aus Kreditvergabe. Und um die lokale Wirtschaft in Gang zu bringen, müssen wir schon größere Brötchen backen: Wir bringen Investoren und Projekte, die Geld brauchen, zusammen und übernehmen dann das gesamte Projektmanagement, hier und in Westafrika. Kaïto entstand zum einen aus sehr viel persönlicher Überzeugung, aber auch weil ich für das Modell „investieren statt spenden“ sehr viel Zustimmung erhielt, übrigens auf beiden Kontinenten. Ich habe zum Beispiel den Businesswettbewerb Best Concept gewonnen, einen Geschäftsideen-Wettbewerb für Gründerinnen in Bayern. Mittlerweile gibt es drei Kaïto-Gesellschaften in Deutschland, die sich jeweils auf ein Thema spezialisiert haben - auf Projektmanagement, Finanzierung und Energieversorgung - und eine Tochterfirma im Senegal.
Wo und wie kann man mit Hilfe von Kaïto investieren?
Schiller: Unsere Stärke sind überschaubare lokale und vor allem nachhaltige Projekte. Wir fördern dabei insbesondere die ländliche Entwicklung durch den Aufbau von klein- und mittelständischen Betrieben. Doch auch in Afrika entstehen Wirtschaftkreisläufe nicht einfach, weil jemand investiert. Die Geschäfts- und Projektideen müssen zu den lokalen Verhältnissen passen. Jeder von uns kennt genügend Beispiele, wo das unterlassen und viel Geld verschwendet wurde. Das können wir uns gar nicht leisten. Deshalb sind wir vor Ort verankert, arbeiten überwiegend mit einheimischen Mitarbeitern und haben nicht nur ausgezeichnete Kontakte zu regionalen wie nationalen Regierungen, sondern vor allem auch zur Bevölkerung. Wir tätigen Investitionen nur, wenn die Menschen vor Ort diese Investitionen sinnvoll finden. Sie sind die wichtigsten Entscheider, wir sind sozusagen ihre Dienstleister.
Das klingt auch für den Mittelstand interessant.
Schiller: Neben ethisch orientierten Privatanlegern und Investoren, denen es ganz klar auch um eine interessante Rendite geht, sind mittelständische Unternehmen unsere wichtigste Zielgruppe. Sie wenden sich an uns, weil sie gezielt in nachhaltige Projekte investieren wollen, etwa aus einem Gefühl sozialer Verantwortung, oder weil sie in den westafrikanischen Markt wollen. In beiden Fällen legen wir viel Wert auf eine Win-Win-Situation. Die Erfahrung zeigt, je mehr sich ein Projekt für alle Beteiligten auszahlt, desto stabiler läuft es. Viele Projekte haben einen richtigen Domino-Effekt. Ein Beispiel dafür: Eine Kette von Fischzuchten expandiert jetzt mit einer Futterfabrik, und die wiederum fordert die Gründung eines Transportunternehmens.
Und welche Dienstleistungen bieten Sie konkret an?
Schiller: Unser Fokus liegt auf der Projektentwicklung und der dazugehörigen Umsetzung. Dabei können unsere Kunden - etwas vereinfacht - zwischen drei Varianten wählen: Sie investieren in bereits laufende Projekte oder sie wählen aus unseren sogenannten "Ready to start-Projekten“, bei denen nur noch die Finanzierung fehlt. Alles andere liegt fertig in unserer Schublade. Vieles dreht sich um die Elektrifizierung und erneuerbare Energien; das reicht von aufladbaren Solarlampen bis zur Jatropha-Kleinplantage. Weiter gibt es Projekte rund um die Agrarwirtschaft. Beides birgt ein enormes Potenzial für die lokale Wertschöpfung. Mit anderen Investoren entwickeln wir gänzlich neue Projekte, maßgeschneidert für das Unternehmen aber eben auch für Westafrika. Dem Unternehmergeist sind da keine Grenzen gesetzt. Ein Seminaranbieter könnte in tropischer Umgebung Entspannungstrainings für gestresste Manager durchführen. Oder ein Hersteller von Haushaltsgeräten, der einen neuen Backofen für mobile Bäckereien mit unabhängiger Stromversorgung entwickeln und auf den Markt bringen will.
Warum ist Elektrifizierung ein so wichtiges Thema?
Schiller: Unternehmer brauchen eine zuverlässige Stromversorgung. Und wenn 80 Prozent der ländlichen Bevölkerung keinen Strom haben, können diese 80 Prozent auch kein Gewerbe starten. Aber Stromkonzerne legen in viele Dörfer keine Leitung, weil sich das für sie nicht rechnen würde. Und selbst wenn, die Netze sind jetzt schon überlastet und brechen dauernd zusammen. Grund genug für uns, ein eigenes Elektrifizierungskonzept zu entwickeln: Den Energie-Kiosk. Das sind Anlagen um die 5kW, die ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit können wir schrittweise ein unabhängiges lokales Netz aufbauen. Für dieses Konzept haben wir so ziemlich jede europäische Denke mehrfach umgedreht, damit es vor Ort tatsächlich funktioniert! Die gesamte Finanzierung haben wir - ohne Subventionen - selbst organisiert. An wen sollten wir auch vor Ort die Rechnung für so eine Anlage schicken? An den Dorfchef? Ihn und die Dorfbewohner binden wir lieber über Eigenleistungen ein. Für den Strom müssen sie dann natürlich zahlen. Die ersten Installationen laufen gerade an und das ist für alle Beteiligten ziemlich aufregend. An diesem Projekt hängt viel Herzblut. Im Sommer werden wir eine erste 100-Tage-Bilanz ziehen. Und es schaut so aus, als würde die sehr gut ausfallen.
Derzeit planen Sie einen eigenen Fonds und wollen verstärkt Vorträge halten?
Schiller: Ja, im Mai startet unser erster eigener Fonds. Und wir haben schon die ersten Interessenten. Mit dem Kapital wird der Bau weiterer Energie-Kioske finanziert. 50 Dörfer stehen derzeit auf unserer Warteliste und mit ihnen eine Vielzahl künftiger Unternehmer, die nur noch auf Strom warten. Und weil noch viele (Vor-)Urteile über Afrika aus dem Weg zu räumen sind und potenzielle Investoren überzeugt werden wollen, widme ich mich zukünftig noch stärker meinen Vorträgen. Ich war gerade zwei Wochen im Senegal und habe viele Geschichten und neue Erfahrungen im Gepäck. Einige davon erzähle ich in meinem Vortrag „Wie kommt Strom in den Busch?“. Da gibt es auch die neuesten Bilder und spannendsten Szenen von den Installationen.
Heidi Schiller: Afrika ist größer als die USA, Indien und China zusammen und entsprechend vielfältig. Neben dem großen Elend in vielen Regionen gibt es unglaublich viele positive Entwicklungen: Länder mit einer stabilen Demokratie suchen den Anschluss an die Weltwirtschaft und bieten Investoren attraktive Konditionen. Einfach weil sie wissen, dass eine stabile Privatwirtschaft allemal der bessere Motor ist für die dauerhafte Verbesserung der Lebensqualität, als es Entwicklungshilfe je sein könnte. Denn dann können sich die Menschen ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften und das, was sie brauchen einfach selber kaufen.
„In Afrika investieren statt spenden“ - wie kamen Sie zu dieser Überzeugung?
Schiller: Ich habe mich einige Zeit in einem Verein engagiert, der junge Handwerker im Senegal ausbildet. Die Schüler waren mit Begeisterung dabei. Aber anschließend fanden sie keine Arbeitsplätze. Deshalb wollten sich die Absolventen selbständig machen - der Bedarf war da - und baten uns um eine Art Gründer-Darlehen. Wir hätten das gerne übernommen. Aber klassische Existenzgründungen mit deutschen Spendengeldern fördern? Geht nicht wegen der Gemeinnützigkeit. Also musste eine andere Lösung her. Und so haben mein Partner und ich privat Kredite an diese Start-Ups vergeben. Die arbeiten jetzt rentabel und wachsen teilweise kräftig. Aber die Nachfrage überstieg bald unsere Möglichkeiten
und so Sie haben das zu Ihrem Beruf gemacht?
Schiller: Jein, unser Geschäft besteht nicht aus Kreditvergabe. Und um die lokale Wirtschaft in Gang zu bringen, müssen wir schon größere Brötchen backen: Wir bringen Investoren und Projekte, die Geld brauchen, zusammen und übernehmen dann das gesamte Projektmanagement, hier und in Westafrika. Kaïto entstand zum einen aus sehr viel persönlicher Überzeugung, aber auch weil ich für das Modell „investieren statt spenden“ sehr viel Zustimmung erhielt, übrigens auf beiden Kontinenten. Ich habe zum Beispiel den Businesswettbewerb Best Concept gewonnen, einen Geschäftsideen-Wettbewerb für Gründerinnen in Bayern. Mittlerweile gibt es drei Kaïto-Gesellschaften in Deutschland, die sich jeweils auf ein Thema spezialisiert haben - auf Projektmanagement, Finanzierung und Energieversorgung - und eine Tochterfirma im Senegal.
Wo und wie kann man mit Hilfe von Kaïto investieren?
Schiller: Unsere Stärke sind überschaubare lokale und vor allem nachhaltige Projekte. Wir fördern dabei insbesondere die ländliche Entwicklung durch den Aufbau von klein- und mittelständischen Betrieben. Doch auch in Afrika entstehen Wirtschaftkreisläufe nicht einfach, weil jemand investiert. Die Geschäfts- und Projektideen müssen zu den lokalen Verhältnissen passen. Jeder von uns kennt genügend Beispiele, wo das unterlassen und viel Geld verschwendet wurde. Das können wir uns gar nicht leisten. Deshalb sind wir vor Ort verankert, arbeiten überwiegend mit einheimischen Mitarbeitern und haben nicht nur ausgezeichnete Kontakte zu regionalen wie nationalen Regierungen, sondern vor allem auch zur Bevölkerung. Wir tätigen Investitionen nur, wenn die Menschen vor Ort diese Investitionen sinnvoll finden. Sie sind die wichtigsten Entscheider, wir sind sozusagen ihre Dienstleister.
Das klingt auch für den Mittelstand interessant.
Schiller: Neben ethisch orientierten Privatanlegern und Investoren, denen es ganz klar auch um eine interessante Rendite geht, sind mittelständische Unternehmen unsere wichtigste Zielgruppe. Sie wenden sich an uns, weil sie gezielt in nachhaltige Projekte investieren wollen, etwa aus einem Gefühl sozialer Verantwortung, oder weil sie in den westafrikanischen Markt wollen. In beiden Fällen legen wir viel Wert auf eine Win-Win-Situation. Die Erfahrung zeigt, je mehr sich ein Projekt für alle Beteiligten auszahlt, desto stabiler läuft es. Viele Projekte haben einen richtigen Domino-Effekt. Ein Beispiel dafür: Eine Kette von Fischzuchten expandiert jetzt mit einer Futterfabrik, und die wiederum fordert die Gründung eines Transportunternehmens.
Und welche Dienstleistungen bieten Sie konkret an?
Schiller: Unser Fokus liegt auf der Projektentwicklung und der dazugehörigen Umsetzung. Dabei können unsere Kunden - etwas vereinfacht - zwischen drei Varianten wählen: Sie investieren in bereits laufende Projekte oder sie wählen aus unseren sogenannten "Ready to start-Projekten“, bei denen nur noch die Finanzierung fehlt. Alles andere liegt fertig in unserer Schublade. Vieles dreht sich um die Elektrifizierung und erneuerbare Energien; das reicht von aufladbaren Solarlampen bis zur Jatropha-Kleinplantage. Weiter gibt es Projekte rund um die Agrarwirtschaft. Beides birgt ein enormes Potenzial für die lokale Wertschöpfung. Mit anderen Investoren entwickeln wir gänzlich neue Projekte, maßgeschneidert für das Unternehmen aber eben auch für Westafrika. Dem Unternehmergeist sind da keine Grenzen gesetzt. Ein Seminaranbieter könnte in tropischer Umgebung Entspannungstrainings für gestresste Manager durchführen. Oder ein Hersteller von Haushaltsgeräten, der einen neuen Backofen für mobile Bäckereien mit unabhängiger Stromversorgung entwickeln und auf den Markt bringen will.
Warum ist Elektrifizierung ein so wichtiges Thema?
Schiller: Unternehmer brauchen eine zuverlässige Stromversorgung. Und wenn 80 Prozent der ländlichen Bevölkerung keinen Strom haben, können diese 80 Prozent auch kein Gewerbe starten. Aber Stromkonzerne legen in viele Dörfer keine Leitung, weil sich das für sie nicht rechnen würde. Und selbst wenn, die Netze sind jetzt schon überlastet und brechen dauernd zusammen. Grund genug für uns, ein eigenes Elektrifizierungskonzept zu entwickeln: Den Energie-Kiosk. Das sind Anlagen um die 5kW, die ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit können wir schrittweise ein unabhängiges lokales Netz aufbauen. Für dieses Konzept haben wir so ziemlich jede europäische Denke mehrfach umgedreht, damit es vor Ort tatsächlich funktioniert! Die gesamte Finanzierung haben wir - ohne Subventionen - selbst organisiert. An wen sollten wir auch vor Ort die Rechnung für so eine Anlage schicken? An den Dorfchef? Ihn und die Dorfbewohner binden wir lieber über Eigenleistungen ein. Für den Strom müssen sie dann natürlich zahlen. Die ersten Installationen laufen gerade an und das ist für alle Beteiligten ziemlich aufregend. An diesem Projekt hängt viel Herzblut. Im Sommer werden wir eine erste 100-Tage-Bilanz ziehen. Und es schaut so aus, als würde die sehr gut ausfallen.
Derzeit planen Sie einen eigenen Fonds und wollen verstärkt Vorträge halten?
Schiller: Ja, im Mai startet unser erster eigener Fonds. Und wir haben schon die ersten Interessenten. Mit dem Kapital wird der Bau weiterer Energie-Kioske finanziert. 50 Dörfer stehen derzeit auf unserer Warteliste und mit ihnen eine Vielzahl künftiger Unternehmer, die nur noch auf Strom warten. Und weil noch viele (Vor-)Urteile über Afrika aus dem Weg zu räumen sind und potenzielle Investoren überzeugt werden wollen, widme ich mich zukünftig noch stärker meinen Vorträgen. Ich war gerade zwei Wochen im Senegal und habe viele Geschichten und neue Erfahrungen im Gepäck. Einige davon erzähle ich in meinem Vortrag „Wie kommt Strom in den Busch?“. Da gibt es auch die neuesten Bilder und spannendsten Szenen von den Installationen.
Quelle: UD / pm