Politik
UN: Ärmste Länder für „grüne“ Wirtschaft gut aufgestellt
Die 48 ärmsten Länder der Welt verfügen nach Einschätzung der Vereinten Nationen (UN) über bessere Voraussetzungen für die Schaffung einer „grünen“ Wirtschaft als die reichen Industrieländer. Zu diesem Schluss kommt ein UN-Bericht, der im Mai auf der 4. UN-Konferenz für die am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries, LDC) in Istanbul vorgestellt wurde.
24.05.2011
Die LDC, heißt es darin, verfügten über reichlich Naturkapital wie Wald, Öl oder Mineralien und „große Potenziale“ für die erneuerbaren Energien. Sie seien weniger abhängig von fossilen Energieträgern als die Industriestaaten und emittierten kaum Treibhausgase - auch, weil derzeit mehr als drei Viertel der Menschen dort keinen Zugang zu Strom habe. Industrie- und Schwellenländer müssen dagegen laut UN viel Geld in den Umbau ihrer Energiesysteme stecken, um klima- und umweltfreundlicher wirtschaften zu können. Deutsche Entwicklungsexperten kritisieren die UN-Darstellung als zu rosig.
Laut UN zeugen zahlreiche Beispiele von den Vorteilen, die den ärmsten Ländern durch nachhaltige Wirtschaftsweisen bereits heute entstehen: Uganda etwa habe seine Exporte aus dem biologischen Landbau zwischen 2003 und 2008 mehr als vervierfacht. Laos habe sich dem „grünen“ Tourismus verschrieben, die Zahl seiner Gäste habe sich zwischen 2005 und 2009 auf zwei Millionen verdoppelt. In Mali hätten Landwirte den Einsatz importierter Pestizide zugunsten natürlicher Dünger reduziert. Sie profitieren laut UN von sinkenden Kosten und steigenden Erträgen. Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms UNEP, das an dem Bericht mitgewirkt hat, sagt, der Wandel zur „Green Economy“ biete den LDC zwar Chancen, gleichwohl blieben sie auf „unterstützende Politik“ angewiesen, die den Wandel beschleunigen. Die UN fordern hierzu mehr Geld zur Förderung nachhaltigen Wirtschaftens und den Transfer nachhaltiger Technologie in die LDC.
Chancen für die ärmsten Länder sieht auch Jann Lay vom GIGA Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg. Der Volkswirt forscht zu Entwicklung und Globalisierung und sagt, die Regierungen der LDC ständen der „Green Economy“ aufgeschlossen gegenüber. Skeptisch beurteilt er aber ihre Möglichkeiten, die Chancen auch zu nutzen. So sei fraglich, ob mehr Geld „eine fundamentale Transformation ihrer Volkswirtschaften einleiten“ könne. Erfahrungen aus der Entwicklungshilfe böten wenig Anlass zu dieser Annahme. Angekündigte Technologietransfers zur Beschleunigung des Wandels seien bisher oft ausgeblieben. Lay glaubt auch nicht, dass, „grüner Strukturwandel plötzlich die Lösung der Probleme der ärmsten Länder dieser Welt“ sein kann. Die Hoffnung auf ein solches Allheilmittel führe leicht zur Vernachlässigung von Sektoren wie Bildung oder Gesundheit.
Kritisch bewertet den Bericht auch der Entwicklungsexperte Dennis Tänzler vom Berliner Politik- und Strategieberatungsunternehmen adelphi. Das Verdienst des UN-Berichts ist für ihn die Ausweitung der „Green Economy“-Debatte auf die ärmsten Länder. Es sei sehr wichtig, dass die UN das Potenzial der „Green Economy“ für Nachhaltigkeit in armen Ländern darstelle. Schwachpunkt sei aber, dass die UN sich zu möglichen Beiträgen einer „grünen“ Wirtschaft für Frieden und Stabilität ausschweige. Viele der LDC, sagt Tänzler, seien fragil oder befänden sich noch mitten im Prozess der Friedenssicherung. Bei ihrer ökonomischen und politischen Konsolidierung müssten deswegen „immanente Konfliktdynamiken berücksichtigt werden“. Auch unterschlage der Bericht Zielkonflikte, die beim Wandel zur Nachhaltigkeit entstehen könnten. So lobten die UN den Waldschutz in Nepal. Eine Studie aus der Schweiz, sagt Tänzler, habe aber schon 2009 festgestellt, dass der dort gewählte Weg „teilweise im Widerspruch zu den Zielen der Ernährungssicherheit“ stehe.
Die „Green Economy“ wird eines der Leitthemen der für Sommer 2012 im brasilianischen Rio de Janeiro angesetzten Weltkonferenz der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung sein. Die Folgekonferenz zum ebenfalls in Rio abgehaltenen Erdgipfel von 1992 soll die globale Entwicklung einer umwelt- und klimafreundlicheren Wirtschaft im Kampf gegen die Armut vorantreiben und das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung besser in den politischen Systemen der UN-Mitgliedsstaaten sowie auf internationaler Ebene verankern. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung widmet den deutschen Erwartungen an diese Konferenz auf seiner Jahreskonferenz am 20. Juni in Berlin einen eigenen „Meinungsplatz“, ein Diskussionsforum. Manfred Konukiewitz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird die deutschen Erwartungen darin skizzieren und mit dem Publikum und weiteren Experten darüber diskutieren. Der RNE konnte dafür neben Konukiewitz Stephan Contius aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gewinnen, Christoph Beier von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie Heino von Meyer vom OECD Berlin Center.
RNE
Laut UN zeugen zahlreiche Beispiele von den Vorteilen, die den ärmsten Ländern durch nachhaltige Wirtschaftsweisen bereits heute entstehen: Uganda etwa habe seine Exporte aus dem biologischen Landbau zwischen 2003 und 2008 mehr als vervierfacht. Laos habe sich dem „grünen“ Tourismus verschrieben, die Zahl seiner Gäste habe sich zwischen 2005 und 2009 auf zwei Millionen verdoppelt. In Mali hätten Landwirte den Einsatz importierter Pestizide zugunsten natürlicher Dünger reduziert. Sie profitieren laut UN von sinkenden Kosten und steigenden Erträgen. Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms UNEP, das an dem Bericht mitgewirkt hat, sagt, der Wandel zur „Green Economy“ biete den LDC zwar Chancen, gleichwohl blieben sie auf „unterstützende Politik“ angewiesen, die den Wandel beschleunigen. Die UN fordern hierzu mehr Geld zur Förderung nachhaltigen Wirtschaftens und den Transfer nachhaltiger Technologie in die LDC.
Chancen für die ärmsten Länder sieht auch Jann Lay vom GIGA Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg. Der Volkswirt forscht zu Entwicklung und Globalisierung und sagt, die Regierungen der LDC ständen der „Green Economy“ aufgeschlossen gegenüber. Skeptisch beurteilt er aber ihre Möglichkeiten, die Chancen auch zu nutzen. So sei fraglich, ob mehr Geld „eine fundamentale Transformation ihrer Volkswirtschaften einleiten“ könne. Erfahrungen aus der Entwicklungshilfe böten wenig Anlass zu dieser Annahme. Angekündigte Technologietransfers zur Beschleunigung des Wandels seien bisher oft ausgeblieben. Lay glaubt auch nicht, dass, „grüner Strukturwandel plötzlich die Lösung der Probleme der ärmsten Länder dieser Welt“ sein kann. Die Hoffnung auf ein solches Allheilmittel führe leicht zur Vernachlässigung von Sektoren wie Bildung oder Gesundheit.
Kritisch bewertet den Bericht auch der Entwicklungsexperte Dennis Tänzler vom Berliner Politik- und Strategieberatungsunternehmen adelphi. Das Verdienst des UN-Berichts ist für ihn die Ausweitung der „Green Economy“-Debatte auf die ärmsten Länder. Es sei sehr wichtig, dass die UN das Potenzial der „Green Economy“ für Nachhaltigkeit in armen Ländern darstelle. Schwachpunkt sei aber, dass die UN sich zu möglichen Beiträgen einer „grünen“ Wirtschaft für Frieden und Stabilität ausschweige. Viele der LDC, sagt Tänzler, seien fragil oder befänden sich noch mitten im Prozess der Friedenssicherung. Bei ihrer ökonomischen und politischen Konsolidierung müssten deswegen „immanente Konfliktdynamiken berücksichtigt werden“. Auch unterschlage der Bericht Zielkonflikte, die beim Wandel zur Nachhaltigkeit entstehen könnten. So lobten die UN den Waldschutz in Nepal. Eine Studie aus der Schweiz, sagt Tänzler, habe aber schon 2009 festgestellt, dass der dort gewählte Weg „teilweise im Widerspruch zu den Zielen der Ernährungssicherheit“ stehe.
Die „Green Economy“ wird eines der Leitthemen der für Sommer 2012 im brasilianischen Rio de Janeiro angesetzten Weltkonferenz der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung sein. Die Folgekonferenz zum ebenfalls in Rio abgehaltenen Erdgipfel von 1992 soll die globale Entwicklung einer umwelt- und klimafreundlicheren Wirtschaft im Kampf gegen die Armut vorantreiben und das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung besser in den politischen Systemen der UN-Mitgliedsstaaten sowie auf internationaler Ebene verankern. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung widmet den deutschen Erwartungen an diese Konferenz auf seiner Jahreskonferenz am 20. Juni in Berlin einen eigenen „Meinungsplatz“, ein Diskussionsforum. Manfred Konukiewitz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird die deutschen Erwartungen darin skizzieren und mit dem Publikum und weiteren Experten darüber diskutieren. Der RNE konnte dafür neben Konukiewitz Stephan Contius aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gewinnen, Christoph Beier von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie Heino von Meyer vom OECD Berlin Center.
RNE
Quelle: UD / na