Politik

Rio+20: Erdgipfel endet enttäuschend

Einstimmig haben Vertreter von rund 190 Teilnehmerstaaten beim Erdgipfel in Rio de Janeiro den 53-seitigen Abschlusstext angenommen. Dieser sieht wenig Konkretes vor, beinhaltet aber zumindest eine geplante Aufwertung der UN Umweltbehörde UNEP. Die bereits vor Konferenzbeginn ausgehandelte Abschlusserklärung war während des dreitägigen Gipfels heftig umstritten. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sieht in der "Rio+20" Konferenz einen Erfolg. "Es hat sich gezeigt, dass wir einen nicht sehr großen, aber stabilen Basiskonsens haben", so Altmaier im PHOENIX-Interview. "Es wäre verheerend gewesen, wenn die Konferenz ohne jedes Ergebnis gescheitert wäre", sagte er am Rande der Tagung.

25.06.2012

Rio+20, Plenary. Foto: linh.m.do/flickr.com
Rio+20, Plenary. Foto: linh.m.do/flickr.com
Der Rio+20 Gipfel hat sein Ende gefunden - unrühmlich nennen ihn die Vertreter der Zivilgesellschaft. Im Rahmen der Möglichkeiten akzeptabel dagegen die meisten Politiker. "Ich bin froh, dass es uns gelingt, den Umweltschutz Schritt für Schritt wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken," sagte Altmeier. Der Umweltschutz müsse mehr Bedeutung im Rahmen der Vereinten Nationen bekommen. Auf der Konferenz in Rio sei eine qualitative Aufwertung des Umwelt-Programms erreicht worden. "Wir müssen noch die entsprechenden Anträge stellen, das wird ein harter Kampf", kündigte Altmaier an. "Das werden die Europäer jetzt in die Wege leiten." Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach von einem "sehr guten Dokument".

Weniger optimistisch sehen andere Beobachter den Gipfel. So beklagt etwa der Grüne-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell: "Es wurden zwar die richtigen Themen gesetzt, aber es gibt weder eine der Dramatik angepasste Analyse, noch werden Lösungsansätze hin zu einer globalen Transformation und Weg von der Erdölwirtschaft angedacht. In den drei zentralen Punkten Biodiversitätsverlust, Erderwärmung und Armutsbekämpfung hat sich die Entwicklung schon in den letzten 20 Jahren verschlimmert und nicht verbessert. So kann man vom Ergebnis her den Rio-Prozess schonungslos nur als Versagen bewerten."

Gipfel zeigt Schwäche Europas im internationalen Diskurs auf

"Das Ergebnis ist Lichtjahre entfernt von dem, was die Erde und die Menschheit brauchen“, so Alois Vedder, der für den WWF Deutschland am Gipfel teilnimmt. Offenbar sei derzeit auf UN-Ebene nicht mehr möglich. Insbesondere die EU verliere bei den internationalen Verhandlungen immer mehr an Bedeutung und müsse sich wegen des veränderten globalen Machtgefüges strategisch neu orientieren. Die Europäer haben in den Vorverhandlungen noch einige positive Akzente etwa zum Schutz der Meere, zum Abbau umweltzerstörerischer Subventionen oder zu den Nachhaltigkeitszielen eingebracht. Im Abschlussdokument sei davon aber kaum etwas übriggeblieben.
 
"Der Bedeutungsverlust ist auch auf einen Mangel an Glaubwürdigkeit zurückzuführen", so die WWF-Analyse. Solange es bei Lippenbekenntnissen zu Nachhaltigkeit bleibe, während etwa bei der Agrarreform oder bei einer Reform der europäischen Fischerei entgegengesetzte Tatsachen geschaffen würden, werde man international nicht ernst genommen, wenn man eine Grüne Wirtschaftsweise einfordere. Im Gegenteil: Das Beharren auf Subventionen für die EU-Landwirtschaft in der EU stellte sich als Schwachstelle bei der Diskussion um das Auslaufen von Subventionen für fossile Energien heraus.

Was steht im Rio-Dokument?

Green Economy: In der rund 50 Seiten umfassenden Abschlusserklärung bekennen sich die Teilnehmerstaaten zum Konzept der "Green Economy", das ein ressourcenschonendes Wirtschaften zum Ziel hat. Bis 2015 sollen hierzu  Nachhaltigkeitsziele ausgearbeitet werden. Konkrete Indikatoren für Wohlstand, die über das Bruttoinlandsprodukt hinausgehen fehlen allerdings nach Ansicht des WWF.

UN Institutionen: Die UNEP wird nicht zur UN-Agentur, aber erste Schritte, die in diese Richtung führen können, wurden beschlossen. Die Aufwertung der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) zum einflussreicheren globalen Nachhaltigkeitsrat ist gescheitert, sie wurde nur zu einem „Forum“ aufgewertet.

Millenniumsziele: Darüber hinaus enthält das Rio-Papier Vorschläge für den Kampf gegen Armut, Klimaerwärmung und Wüstenbildung. So ist etwa geplant, die 2015 auslaufenden UN-Millenniumsziele fortzuschreiben, vermutlich dann als Sustainable Development Goals (SDGs).

Entwicklungsfinanzierung: Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff versprach, dass man sich weiter für finanzielle Hilfen bei der nachhaltigen Transformation der Entwicklungsländer einsetzen werde. 30 Milliarden Dollar hatten diese von den Industriestaaten gefordert, was aufgrund der Finanzkrise abgelehnt wurde.

Energie: Zum angestrebten „Energiezugang für alle“ wird nur der Start einer Initiative bestätigt. Es fehlt eine Jahreszahl, wann das Ziel erreicht werden soll. Nicht einmal der Ausbau Erneuerbarer Energien wird thematisiert. Was „Sustainable Modern Energies“ sind, wird der individuellen Definition überlassen. 

Wasser: Im Vergleich zu Johannesburg-Vereinbarungen sind einige deutliche Formulierungen zur Wechselbeziehung mit Ökosystemen und deren Rolle für Wasserverfügbarkeit sowie neue Verpflichtungen zum Wassermanagement enthalten. Es wird anerkannt, dass Wasser ein Kernbereich der nachhaltigen Entwicklung darstellt. Der Versuch, das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung von grenzübergreifenden Wasserökosystemen aufzuweichen, konnte abgewehrt werden. 

Meere: In letzter Minute wurde eine bereits im vorigen Text enthaltene Vereinbarung zur Umsetzung des UN-Seerechtsübereinkommens gestrichen, die den Schutz der Hohen See ermöglichen sollte - bis dahin eines der wenigen wirklich guten und wichtigen Zwischenergebnisse.
Quelle: UD
 
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