Tchibo: WE “Worldwide Enhancement of Social Quality”
Das rote Sommerkleid, die edle Holzkommode, der Hightech-Fernseher - all diese Produkte verschönern unser Leben. Die Produkte für die Tchibo Themenwelten und Sortimente werden in Produktionsstätten rund um den Globus gefertigt, in Europa, Afrika und Asien. Ob Bangladesch, Vietnam oder China: Die Schaffung von Arbeitsplätzen in Schwellen- und Entwicklungsländern eröffnet den Menschen vor Ort neue Chancen und Perspektiven – bringt aber auch soziale und politische Herausforderungen mit sich. Leider werden an vielen Produktionsorten Arbeitsrechte und Umweltstandards nicht eingehalten, oft mangelt es an demokratischer Mitbestimmung, an staatlicher Kontrolle oder an Fachwissen. Mit dem WE Programm engagiert Tchibo sich in den Produktionsländern, um diese Themen aktiv anzugehen.
15.07.2015
Im Rahmen des Nachhaltigkeitsengagements verfolgt Tchibo das Ziel, bei der Produktion der Gebrauchsartikel dauerhafte Verbesserungen von Arbeitsbedingungen auf Fabrikebene zu erreichen. „Als hanseatisches Unternehmen meinen wir es ernst mit verantwortlichem Handeln“, sagt Nanda Bergstein, Leiterin Lieferantenbeziehungen & Nachhaltigkeit Non Food bei Tchibo. Bergstein hat das WE Programm vor acht Jahren ins Leben gerufen. Denn die Erfahrung hatte gezeigt: Standards vorzugeben und über Kontrollmaßnahmen sicherzustellen führt nicht zum gewünschten Erfolg, denn die Fabriken fühlen sich bevormundet und identifizieren sich nicht mit den Anforderungen. „Wir haben uns damals gefragt, wie wir es anders machen können“, erinnert sich Bergstein. „Wir wollten einen Weg finden, dass Fabriken aus sich heraus Veränderungen treiben. Wir waren davon überzeugt, dass bessere Beziehungen zwischen Beschäftigten und dem Management der Schlüssel seien.“
Doch dies zu erreichen ist gar nicht so einfach: Oftmals sind die Berührungsängste zwischen Managern und Fabrikarbeitern groß; sie kommen sprichwörtlich aus einer anderen Welt und haben oft noch nie miteinander gesprochen. Während die Manager mehr Loyalität und Produktivität erwarten, empfinden die Beschäftigen ihre Arbeitsbedingungen zuweilen als nicht tragbar; ein unausgesprochener Konflikt, der Unzufriedenheit auf beiden Seiten auslöst.
Genau hier setzt das WE Programm an: Es etabliert den Dialog zwischen Beschäftigten und Managern und schafft dadurch Offenheit für Veränderungen und Eigeninitiative.
Gemeinsame Workshops für gemeinsames Handeln
Der Fokus des Programms liegt auf der Stärkung aller Beteiligten im Dialog. Manager wie Beschäftigte lernen in Workshops gegenseitige Akzeptanz und miteinander zu sprechen. Sie erfahren, wie sie sich für ihre eigenen Interessen einsetzen können. Das Bewusstwerden der persönlichen Interessen schärft wiederum den Blick für Kollegen und auch Vorgesetzte: Was ist anderen wichtig? Inwiefern sind meine Interessen mit denen meiner Kollegen vereinbar? Aus den identifizierten Gemeinsamkeiten definieren die Teilnehmer Ziele. Lokale Trainer, die mit der Kultur und Sprache vertraut sind, stehen den WE Teilnehmern unterstützend und moderierend zur Seite.
Die Workshops werden auf die jeweilige Kultur angepasst, aber müssen immer die relevanten Arbeitsrechte und Sozialstandards, etwa zu Gesundheitsschutz, Löhnen oder Überstunden abdecken. Zu jedem Thema entwickeln die Manager und Beschäftigte konkrete Aktionspläne, deren Umsetzung von Tchibo begleitet und überprüft wird.
Gemeinsame Erfolge
In Äthiopien, Bangladesch, China, Indien, Kambodscha sowie Laos, Thailand, Türkei und Vietnam hat Tchibo das WE Programm bereits aufgebaut und viele Verbesserungen bei der Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten sowie von Umweltstandards erreicht. „Wir haben damit gezeigt, dass es eben doch geht, konkrete Verbesserungen für die Beschäftigten in der Lieferkette zu erreichen“, sagt Bergstein. Gesundheits- und Arbeitsschutz wurde verbessert, Löhne erhöht und bessere Sozialleistungen wie Unterkünfte, Kantinenessen und Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung eingeführt. In einigen Produktionsstätten treten gewählte Arbeitnehmervertreter für die Belange ihrer Kollegen ein, ohne dabei Angst vor Sanktionen haben zu müssen. Das gemeinsame Ziehen an einem Strang führt zu Zufriedenheit auf beiden Seiten und noch mehr Veränderungen: Die Mitarbeiter können durch die verbesserten Arbeitsbedingungen motivierter arbeiten - und erhöhen somit auch den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Gemeinsame Perspektiven
Der große Erfolg zeigt allen Beteiligten, wie wichtig der Dialog zwischen Managern und Beschäftigten in Produktionsstätten sowie zwischen Handelsunternehmen und Lieferanten ist, um langfristige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in Produktionsstätten zu erreichen. Das WE Programm stößt aber auch an Grenzen, wenn strukturelle Voraussetzungen eine Rolle spielen, die nicht von einer einzelnen Fabrik und einem einzelnen Unternehmen beeinflusst werden können. „Bei der Erhöhung der Löhne und dem Thema gewerkschaftlicher Organisationsfreiheit haben wir noch nicht das erreicht, was wir uns wünschen“, stellt Bergstein fest. Im WE Programm gelingen Lohnerhöhungen von im Schnitt 30-50 Prozent. Gemessen an externen Berechnungen z.B. an dem Asia Floor Wage besteht aber noch eine deutliche Lücke zu einem sogenannten Existenzsichernden Lohn. Im Sinne des WE Dialogansatzes arbeitet Tchibo deshalb auch gemeinsam mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Politik und anderen Handelsunternehmen an globalen Lösungen für diese fabrikübergreifenden Themen.