Deutsche Post DHL setzt bei Compliance auf lokale Verantwortung
Compliance bedeutet, dass Unternehmen die Einhaltung von gesetzlichen oder auch ethischen Vorgaben prüfen. Wenn dies glaubwürdig sein soll, dann müssen diese Regeln überall auf der Welt gelten. Für global agierende Unternehmen ist dies eine Herausforderung. UmweltDialog sprach darüber mit Oliver Oberg, Head of Global Compliance Office Deutsche Post DHL.
19.08.2014
Wie ist das Compliance Management System bei der Deutsche Post DHL organisiert?
Oliver Oberg: Unser Chief Compliance Officer verantwortet das Thema Compliance bei Deutsche Post DHL und berichtet dazu direkt an den Vorstand. Darüber hinaus gibt es das Global Compliance Office, das für den Konzern und alle Unternehmensbereiche die grundsätzlichen Compliance-Anforderungen und Prozesse (Compliance Management System) entwickelt. Die Umsetzung dieser Vorgaben erfolgt wiederum durch die Compliance-Organisationen der jeweiligen Geschäftsbereiche, über die so genannten Business Unit Compliance Officer (BUCO). Diese sind dem jeweiligen Vorstand unterstellt und vernetzen sich in ihrem Bereich dann eng mit Compliance-nahen Funktionen, wie etwa der Revision, dem Rechtsbereich oder dem HR- und Finance-Bereich sowie anderen relevanten Spezialisten in Fachabteilungen.
Welche Themen-Bereiche umfasst Ihr Compliance System?
Oberg: Grundsätzlich soll mit der Etablierung des Compliance Management Systems bei Deutsche Post DHL die Einhaltung aller geltenden rechtlichen Vorgaben und maßgeblichen internen Richtlinien sowie ethischen Grundsätze sichergestellt werden. Außerdem erarbeiten wir für jeden Geschäftsbereich im Rahmen eines Compliance Risk Assessments ein individuelles Risiko-Profil. Auf Basis dieser Analyse werden dann die inhaltlichen Schwerpunkte der Compliance-Maßnahmen gesetzt (Compliance-Programm). Allgemein richtet sich unsere Aufmerksamkeit besonders auf Themen wie Korruptionsbekämpfung und Kartell- und Wettbewerbsrecht.
Die Deutsche Post DHL ist weltweit aktiv. Dadurch werden Sie mit unterschiedlich korrupten Systemen konfrontiert. Wie funktioniert bei Ihnen die Länder-Risikoeinschätzung und was bedeutet das dann für die alltägliche Compliance-Arbeit vor Ort?
Oberg: Durch die vielen Gesellschaftsformen und Kulturen, in denen wir weltweit aktiv sind, müssen wir auch Compliance-relevante Herausforderungen bewältigen. Aus diesem Grund legen wir besonders großen Wert darauf, die Compliance-Organisation und ein Compliance-Bewusstsein unmittelbar in den Ländern zu verankern. Unsere Compliance-Verantwortlichen in den Geschäftsbereichen haben daher unter anderem die Aufgabe, dieses Bewusstsein zu schärfen.
Aus Ihrer Erfahrung heraus: Welche Bereiche, Handlungsfelder sind besonders korruptionsgefährdet?
Oberg: Ich sehe hier vor allem zwei Handlungsfelder: Auf der einen Seite sind es Funktionen wie Einkauf oder Vertrieb, die in jedem Unternehmen unabhängig von der konkreten wirtschaftlichen Ausrichtung beobachtet werden sollten. Für den Bereich der internationalen Logistik ist es andererseits vor allem die Zollabfertigung, auf die wir einen Fokus legen. Dort gibt es oftmals Kontakt mit lokalen Amtsträgern, was gegebenenfalls gesonderte Regeln und Handlungsweisen erfordert.
Welche Regelungen gibt es, damit sich Mitarbeiter bei Geschenken oder Einladungen rechtssicher verhalten können?
Oberg: Unser konzernweiter Verhaltenskodex, der „Code of Conduct“ für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, enthält bereits grundsätzliche Aussagen zum Umgang mit Geschenken und Einladungen. Diese werden dann nochmals konkretisiert in einer „Antikorruptionsrichtlinie und Standards für Geschäftsethik“, die verbindliche Aussagen zur Annahme und Vergabe von Geschenken und sonstigen Vorteilen trifft. Darin sind auch bestimmte Genehmigungsvorbehalte für Vorgesetzte und – bei Überschreiten von gewissen Schwellenwerten – der Compliance-Organisation festgeschrieben.
Bis zu welchem Punkt dürfen Compliance Manager in den einzelnen Ländern selbständig entscheiden und ab wann wird die Zentrale eingebunden?
Oberg: Unsere Compliance Officer sind vor Ort grundsätzlich dafür verantwortlich, die Prozesse innerhalb ihres Verantwortungsbereiches festzulegen und die notwendige Transparenz und Aufsicht sicherzustellen. Das konzernweite Compliance Management System fungiert insoweit eher als zentrale Vorgabe mit bestimmtem Ausgestaltungsspielraum und steht vor allem in Zweifelsfällen jederzeit beratend zur Verfügung.
Kontrollieren eigentlich die gleichen Controller sowohl Anti-Korruptions-, Umwelt- als auch Social Compliance-Aspekte?
Oberg: Die Funktion und Effizienz der Compliance-Organisation und ihrer Prozesse wird durch die Konzernrevision geprüft. Im Rahmen des regulären Prüfungsplans werden insgesamt verstärkt auch Prüfungen zu speziellen Compliance-Themen umgesetzt. Wenn es darüber hinaus Anhaltspunkte für Verstöße gibt, gibt es Ad-hoc-Prüfungen, um diesen konsequent und zügig nachzugehen.
Was passiert bei Regelverstößen?
Oberg: Regelverstöße werden in der Regel entweder durch die Prüfungen der Konzernrevision oder aber durch Hinweise von Mitarbeitern entdeckt. Für diesen Fall hat das Global Compliance Office eine externe Hotline eingerichtet, an die sich Mitarbeiter per Telefon oder per Web-Service wenden können und die auch die Anonymität entsprechend gewährleistet. Die Aufarbeitung solcher Meldungen wird in einem definierten Verfahren unter Einbindung der erforderlichen internen Funktionen sichergestellt. Wenn es hier Meldungen gibt, die möglicherweise konzernweit Bedeutung haben könnten, werden sie in einem so genannten „Global Case Panel“ auf zentraler Ebene behandelt.
Herzlichen Dank für das Interview!