Compliance

Verstöße gegen ethische Normen und Gesetze in der Wirtschaft

„Made in Germany“ hat viel von seinem Renommee verloren. Von A wie ADAC über D wie Deutsche Bank bis (mindestens) V wie Volkswagen reicht die Liste prominenter deutscher Unternehmen und Organisationen, die ihren guten Ruf durch Verstöße gegen ethische Normen und gesetzliche Vorschriften ramponiert haben. Im Wirtschaftsleben sind das keine Einzelfälle, viele sind jedoch schnell vergessen. „Das Besondere an den Affären jetzt und in letzter Zeit: Die Unternehmen und Organisationen standen für ‚sauberen‘ Erfolg“, so Prof. Dr. Jürgen Weibler von der FernUniversität in Hagen.

16.12.2015

Verstöße gegen ethische Normen und Gesetze in der Wirtschaft zoom

"Für die Suche nach den Ursachen verwenden wir gerne das Bild eines ‚Toxic Triangle‘“, erläutert Prof. Weibler. „Führungskräfte, beteiligte oder informierte Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter sowie die Situation spielen potentiell eine Rolle.“ Natürlich gibt es manchmal einen ganz dominanten Faktor, der das Handeln entgleisen lässt. Oft muss aber vieles in Form einer „systemischen Kollusion“ zusammenspielen:

  • eine Struktur mit streng hierarchischen Entscheidungen von oben nach unten;
  • eine Kultur, die nur Lösungen und keine Probleme und kein Innehalten kennt, in der Zahlen und Konformität maßgeblich sind und in der ein Klima der Angst das Handeln beherrscht;
  • ungesund narzisstische Vorgesetzte mit ausgeprägtem Machttrieb
  • konformistische, opportunistische oder sich hilflos fühlende Mitarbeitende.
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Große Volumenziele werden schnell zum "Dogma"

Unternehmen, die alles einer „großen Volumenidee“ unterordnen – etwa das umsatz-, gewinn- oder absatzstärkste Unternehmen zu sein –, seien besonders „gefährdet“. VW zum Beispiel sollte unbedingt die Nummer 1 in der Welt nach verkauften Pkw werden. Große Volumenziele werden schnell zum "Dogma". An sich sind solche Ziele aber völlig uninspirierend. Sie vernebeln, wofür man einst angetreten ist, beispielsweise zuverlässige Autos für jedermann zu bauen. Wenn die Ziele Weltklasse symbolisieren, das Produkt dem aber nicht entspricht, ist ein ganz anderer „Erfindungsreichtum“ gefragt. Weibler: „Wer hat den Mut, ‚nein‘ zu sagen, wenn von oben Aufgaben angeordnet werden, die legal nicht zu schaffen sind?“

Besonders in zentralistischen Organisationsstrukturen ist Widerspruch nicht gefragt. Solche inflexiblen Hierarchien mit engem Freiheitsgrad auf der ausführenden Ebene gibt es vor allem dort, wo die Spitze glaubt, alles vorgeben und kontrollieren zu müssen. Und wo alle – auch die Führungskräfte – die „Klone“ der jeweiligen Vorgesetzten sein sollen, so denken und handeln wie diese. Durch ausgefeilte Anreizsysteme sollen alle „richtig Gas geben“: „Wir wissen, dass das verheerende Fehlanreize setzen kann und setzt.“ Der Erfolgsdruck steigt immer weiter an. In einem extrem wettbewerbsintensiven Umfeld dreht sich dann leicht das eigene Denken ausschließlich um eigene Vorteile. Führungskräfte fühlen sich nur noch dem monetären Erfolg verpflichtet, nicht den Mitarbeitenden, den Geschäftspartnern und schon gar nicht der Gesellschaft. Dieser Druck verbreitet sich von oben nach unten.

„Erfolg ist ja per se nichts Schlechtes. Probleme entstehen, wenn bestimmte Grenzen überschritten werden“, erläutert Weibler. Für Erfolg sind Eigenschaften wie Narzissmus und Machiavellismus gute Voraussetzungen. Ihre Trägerinnen und Träger sind jedoch leicht davon überzeugt, vernünftig zu handeln und immer zu gewinnen. Grenzen zur Erreichung der Organisations- oder Individualziele zu überschreiten ist für sie legitim. Bestätigt sehen sie sich durch ihr Umfeld, im dem das als „ganz normal“ gilt. Doch irgendwann kommt alles ans Licht … Aber zunächst hat man Erfolg. Vielleicht zu viel: Normen werden nicht mehr akzeptiert, „ich nehme mir, was mit zusteht“. Weibler: „Man untergräbt die eigene Integrität.“ Ist die Integrität verloren, zerbricht der innere Kompass. Stück für Stück.

Quelle: UD/pm
 

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