Bürokratie: Frauen meistens weniger korrupt
Frauen sind die ehrlicheren Bürokraten: Das legt eine Studie der Università Commerciale Luigi Bocconi und internationaler Kollegen nahe. Demnach werden Frauen auf verschiedenen Ebenen der Regierungsbürokratie in China und Italien viel seltener der Korruption verdächtigt oder deswegen verhaftet. Das könnte damit zusammenhängen, dass sie sich im Beamten-Job vorsichtiger verhalten. Laut den Forschern ist die Beobachtung verallgemeinerbar – und sollte daher auch Ämtervergaben beeinflussen.
26.04.2022
Viele ehrliche Frauen
Die Forscher haben Daten zu Beschaffungsbeamten in Italien untersucht. Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit von Ermittlungen wegen möglicher Korruption fällt bei Frauen um 22 Prozent geringer aus. Eine Analyse für Provinzchefs in China wiederum zeigt, dass weibliche Präfektur-Führungsbeamte 81 Prozent seltener verhaftet werden. Diese Beobachtungen einer geringeren Korruption unter Frauen dürften sich verallgemeinern lassen. Denn die Daten betreffen sehr unterschiedliche Ebenen der Verwaltungshierarchie und damit sehr verschiedene Kulturkreise.
Als einen möglichen Grund führen die Forscher an, dass Frauen in der öffentlichen Verwaltung offenbar vorsichtiger agieren. Dafür spricht eine Befragung italienischer Beschaffungsbeamter, wie diese in reale Szenarien reagieren würden. Frauen wählten hier systematisch defensivere Antworten, die versuchen, die Compliance zu maximieren und das Risiko von Ermittlungen wegen möglicher Verfahrensverstöße zu begrenzen. Das könnte zu dem beobachteten Geschlechtergefälle bei der Korruption beitragen.
Relevante Beobachtung
Für die Forscher sind die Beobachtungen durchaus praxisrelevant. Immerhin deuten sie darauf hin, dass bei die Besetzung von Aufgaben mit hohem Korruptionsrisiko mit Frauen ein gangbares Mittel gegen Korruption in der öffentlichen Verwaltung sein könnten. „Letztendlich können wir nicht folgern, dass die durchschnittliche Frau weniger korrupt ist als der durchschnittliche Mann“, warnt allerdings der Bocconi-Wirtschaftsprofessor Francesco Decarolis.
Das beobachtete Geschlechtergefälle könnte den Forschern zufolge auch damit zusammenhängen, dass die Auswahlprozesse für Jobs in der öffentlichen Verwaltung auf irgendeine Art weniger korrupte Frauen bevorzugen. Denkbar sei ferner, dass Frauen weniger Gelegenheiten zu Korruption bekommen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass sie einfach nicht so streng beobachtet werden.