Der intelligente Strommarkt auf dem Weg in die Zukunft
„Mehr Markt wagen!“, fordern Christian Aichele und Oliver D. Doleski. Die praktische Ausgestaltung dieses Postulats liefert nach Meinung der beiden Experten einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der deutschen Energiewende. Die Bundesnetzagentur hat 2011 mit ihrem vielbeachteten Eckpunktepapier den Weg zur verstärkten Nutzung wettbewerblicher Mechanismen in der Energiewirtschaft gewiesen. Die darin vorgeschlagene Trennung von Markt und Netz entwickeln die beiden Herausgeber jetzt in ihrem gerade bei Springer Vieweg erschienenen Fachbuch "Smart Market – Vom Smart Grid zum intelligenten Energiemarkt" weiter.
08.12.2014
In den einzelnen Beiträgen beleuchten Autoren aus Wissenschaft und Praxis nicht nur Akteure und Produkte eines zukünftigen, intelligenten Strommarkts, sondern stellen auch konkrete, innovative Geschäftsmodelle vor. Im Interview mit dem Wissensportal Springer für Professionals erklären Aichele und Doleski, wie der Smart Market die Energiewende kostengünstig realisieren kann und davon besonders regionale Erzeuger, Genossenschaften und lokale Energievertriebe profitieren.
„Als marktorientiertes Energieversorgungssystem ist der Smart Market in seinen Genen demokratisch angelegt“, bringt Oliver D. Doleski den wesentlichen Vorteil auf den Punkt. Im intelligenten Strommarkt werden Energiemengen und daraus abgeleitete Dienstleistungen zwischen allen Akteuren diskriminierungsfrei und damit ohne erschwerende Barrieren gehandelt. Jeder Marktteilnehmer, der Energie oder energienahe Dienstleistungen anbieten möchte, erhält auch Zutritt – ob großes Versorgungsunternehmen oder lokaler Energievertrieb. Mit den Produzenten regenerativer Energien sind besonders diejenigen Vorreiter, die das Wesen der Energiewende darstellen, so Doleski weiter: „Da diese Energieerzeuger nicht der tradierten Energiewirtschaftsbranche zurechenbar sind und oft über eine hohe Dynamik, Flexibilität und Risikobereitschaft verfügen, wird die Bereitschaft, Instrumente des Smart Market anzuwenden, sehr hoch sein.“
Smart Markets als entscheidender Lösungsansatz
Zudem trage die Differenzierung in eine Netz- und Marktsphäre zu mehr Transparenz auf der Verbraucherseite bei und ermögliche eine netzentlastende Verlagerung des Energieverbrauchs, ist sich Christian Aichele sicher. Für den Herausgeber bilden Smart Markets damit den entscheidenden Lösungsansatz zur optimalen Abstimmung von Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Verbrauch. Die könne aber nur gelingen, wenn alle mitmachen: „Fraglos steht und fällt die Idee mit der Akzeptanz durch die Mehrheit der Marktakteure.“ In diesem Punkt unterscheide sich der intelligente Energiemarkt nicht von anderen gesellschaftlichen oder ökonomischen Austauschbeziehungen. Die Gefahr mangelnder Teilnahme allerdings sehen Aichele und Doleski als gering an: „Im Jahr 2030 hängt die sichere und stabile Energieversorgung entscheidend von verbesserter Energieeffizienz, Verbrauchsreduzierung durch mehr Transparenz auf der Abnehmerseite und die Netzentlastung ab.“ Vor diesem Hintergrund seien sich Versorgungsunternehmen, Politik und Verbraucher mittlerweile weitgehend einig darüber, dass nur intelligente Marktlösungen das Energiesystem in Zukunft stabil halten können. Die vielen Entwicklungen von Produkten und Geschäftsmodellen werden zwar noch Zeit benötigen, aber die grundsätzliche Richtung ist nach Ansicht von Doleski eindeutig: „Man muss kein Prophet sein, um zu vermuten, dass Lösungen um lokale und regionale Energiemarktplätze, virtuelle Kraftwerke und Energieeffizienzdienstleistungen in Zukunft erfolgreich sein werden.“
Weitere Informationen zum Buch erhalten Sie hier.
Professor Dr. Christian Aichele lehrt Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Kaiserslautern und führt seit über 20 Jahren Beratungs- und IT-Projekte in der Energiewirtschaft durch.
Oliver D. Doleski ist als Unternehmensberater mit Branchenschwerpunkt Energiewirtschaft tätig und stellvertretender Vorsitzender der MIT-Kommission Energie und Umwelt.