Neues Magazin: Ist Nachhaltigkeit (gerade ein wenig) out?
Bis vor kurzem kam in jedem Satz von Anlageberatern „ESG“ vor, doch jetzt scheint damit Schluss zu sein. Auch Produktvermarkter winken ab: Nur 6,5 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten sind wirklich überzeugt von Nachhaltigkeit. Der Rest shoppt situativ. Selbst Teile der Politik machen den U-Turn: EU- Kommissionspräsidentin von der Leyen etwa geht beim Klimaschutz auf die Industrie zu. Growth statt Green lautet das neue Mantra. Nachhaltigkeit ist ein Modebegriff geworden – und wie bei allen Moden kommen und gehen Trends. Ist Nachhaltigkeit derzeit out? Lest mehr dazu in unserem neuen UmweltDialog-Magazin!
05.06.2024
Aus dem Inhalt: (Hier geht es zum kompletten Magazin)
„Wenn du grüner Oberbürgermeister ohne eigene Mehrheit und dann auch noch ein Professor bist, dann stehen deine Konzeptvorschläge schnell mal unter Generalverdacht. Von daher bespiele ich viele Nachhaltigkeitsthemen als Oberbürgermeister nicht von vorne und direkt, weil ich einfach Sorge habe um Reaktanzen, die das auslöst, sondern unterstütze Initiativen in der Stadt, die genau solche Ideen einbringen. So lässt sich leichter eine breitere Unterstützung von Konzepten erreichen.“
Prof. Dr. Uwe Schneidewind, OB Wuppertal
„Greenwashing entsteht, weil Ökologie und nachhaltiges Wirtschaften ein Modethema geworden sind. Es wird viel darüber gesprochen, und man kann sich damit auch schmücken. Wenn jemand sagt: ‚Ich selber bin Öko‘ – dann meint er damit, dass er sich auch irgendwie als ein guter Mensch und toll fühlt. Deshalb ist das von den Marketingabteilungen aufgegriffen worden und die verwenden ‚Öko‘ als ein ganz normales Marketing-Tool. Und da wiederum muss man ganz klar sagen, dass die wenigsten Auszeichnungen auch nur annähernd halten, was sie versprechen. Es gibt eine ganze Menge von vollkommen ungeschützten Begriffen, wo sie irgendwas reinschreiben können im Sinne von ‚sorgfältig produziert‘, ‚nachhaltig hergestellt‘ oder ‚kontrolliert hergestellt‘.“
Tristan Jorde, Verbraucherzentrale Hamburg
„Mein Gefühl ist, dass wir im Moment die Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft und unser Verständnis von Wertschöpfung neu definieren. Das hat vor einigen Jahren angefangen, als die Unternehmen sich alle einen ‚Purpose‘ gegeben haben. Das ging bis hin zu politischem Aktivismus von Firmen, die sich explizit für gesellschaftliche Themen positionieren haben. Jetzt erleben wir an vielen Stellen dort den totalen Backlash, diesen ganzen ‚War on Woke Capitalism‘ und das ‚Anti-ESG-Movement‘ von der politischen Rechten. Je mehr das Thema Nachhaltigkeit aus der Nische heraus in den Mainstream rückt, desto stärker wird diese Gegenbewegung.“
Prof. Dr. Laura Marie Edinger-Schons, Universität Hamburg
„Was zurzeit aber den größten Einfluss auf das Engagement von Unternehmen in der Gesellschaft hat, ist der schwindende gesellschaftliche Zusammenhalt. Ob Populismus, Rassismus, Tendenzen zum Ausschluss von Menschen – das sind noch mehr als die anderen Krisen oder Kriege ein Faktor, weshalb Unternehmen zunehmend beginnen, sich einzumischen und sich zu positionieren.“
Peter Kromminga, Geschäftsführer vom UPJ Netzwerk
„Es gibt im Moment unglaublich viele Spannungsfelder. Das hatten wir so in den letzten Jahrzehnten nicht. Wir bemerken das alle in unserem beruflichen Alltag, aber auch in unserem privaten Tun. Das kriegen alle im Moment ein bisschen ab – der eine mehr, der andere weniger. Grundsätzlich glaube ich aber, dass es uns in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern schon sehr gut geht. Und da wünsche ich mir dann auch ein bisschen mehr Bodenständigkeit und vor allem auch mehr Optimismus.“
Rainer Janz, Hermann Bantleon GmbH