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Universität Bern auf Schrottsuche im All

Als das Raumfahrtzeitalter 1957 euphorisch eingeläutet wurde, war Raumschrott noch kein Thema. Der Umgang mit nicht mehr benötigten Raketenstufen oder Satelliten war entsprechend sorglos. Mittlerweile hat sich soviel Raumschrott angesammelt, dass er für die Raumfahrt eine ernsthafte Gefahr darstellt.

12.01.2005

Wie eine Studie der Europäischen Weltraumagentur ESA jetzt zeigt, sind sogar Satelliten in 36.000 Kilometern Höhe von Kollisionen mit Schrottteilen bedroht. Das Astronomische Institut der Universität Bern (AIUB) war massgeblich an dieser "Schrottsuche im All" beteiligt.

Die Gruppe für optische Astronomie des AIUB führt seit 1999 im Auftrag der ESA eine optische Suche nach Raumschrott durch. Die Beobachtungen werden mit einem Teleskop der ESA in Teneriffa durchgeführt. Dabei entdeckte die Forschergruppe im geostationären Ring in 36.000 Kilometern Höhe eine bis anhin unbekannte, aber bedeutende Population von Schrottteilen mit Durchmessern von 10 Zentimetern bis 1 Meter. Erstmals konnten in dieser erdfernen Region Objekte kleiner als 1 Meter erfasst werden. Ein guter Teil dieses Raumschrotts stammt wahrscheinlich von Explosionen ausgedienter Raketenoberstufen oder ausgedienter Satelliten. Im weiteren wurde eine völlig unerwartete Population von extrem leichten Teilen im selben Grössenbereich gefunden. Diese Teile sind möglicherweise Stücke von Folien, die zur thermischen Isolation der Satelliten dienen.

Im geostationären Ring entspricht die Umlaufgeschwindigkeit eines Satelliten einem Tag auf der Erde. Er befindet sich somit immer an derselben Stelle über dem Äquator. Diese Eigenschaft macht den geostationären Ring sehr wertvoll für die Telekommunikation, die Erdbeobachtung und die Raumforschung. Diese Region im Orbit ist entsprechend dicht von Kommunikations- und wissenschaftlichen Satelliten besetzt.

Selbst kleinste Schrottteile können einem Raumvehikel oder Satelliten großen Schaden zufügen. Im geostationären Ring bewegen sich Objekte mit einer relativen Geschwindigkeit von 3.500 Kilometern pro Stunde. So kann ein Crash mit einem zentimeterkleinen Objekt für einen Satelliten fatale Folgen haben. "Die von uns gefundene Vermüllung ist zwar noch nicht verheerend, aber doch zumindest alarmierend", erklärt Thomas Schildknecht, Projektleiter des Forschungsteams. "Während im erdnahen Raum Raumschrott meist bei seinem Eintritt in die Atmosphäre verglüht, verbleibt er im geostationären Ring ewig, er fällt nicht herunter". Auch gebe es auf absehbare Zeit kein technisches Verfahren, um Raumschrott einzusammeln und zurückzubringen. Die einzige Chance, den wertvollen geostationären Ring auch in Zukunft für die Raumfahrt zu erhalten, sieht Schildknecht darin, ihn zu schützen und die Produktion von Raumschrott möglichst zu verhindern. "Es gibt technische Möglichkeiten, um die Produktion massiv zu verkleinern, aber sie kosten etwas: wie immer wenn es um Umweltschutz geht". Letztlich, so Schildknecht, ginge es darum, die Betreiber der Satelliten zu überzeugen, dass in diesem Fall Umweltschutz in ihrem ureigensten Interesse ist.

Die Suche nach Raumschrott im geostationären Ring

Die Gruppe für optische Astronomie des AIUB hat im Bereich der optischen Suche nach Raumschrott eine weltweit führende Stellung. Sie betreibt das ESA-Programm zur optischen Suche nach Raumschrott seit 10 Jahren. Die verwendeten Techniken zur automatischen Suche und Auswertung der Messdaten wurden von Grund auf am AIUB entwi ckelt. Dazu gehören insbesondere das Softwaresystem zur Steuerung des Teleskopes und einer hochempfindlichen Kamera in Teneriffa sowie die Erfassung und Archivierung der Bilder in einer Datenbank. Dabei werden pro Nacht Datenströme von über 10 Gygabite verarbeitet, mehr als 2 Terabite total. Das AIUB hat weiter neue, einzigartige Algorithmen zur Erkennung der Schrottteile entwickelt. Die Resultate sind bis heute einzigartig für Objekte unter einem Meter im geostationären Ring. Sie bilden die Grundlage für Modelle der Raumschrottpopulationen in dieser Region. Entsprechend gefragt ist
auch die Expertise des AIUB innerhalb der ESA und in internationalen Gremien wie dem Inter-Agency Debris Coordination Commitee (IADC), einem technischen Komitee der wesentlichen Raumfahrtagenturen.
Quelle: UD
 
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