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EU-Taxonomie: Fortschritte bei der Berichterstattung, aber Potenzial bleibt ungenutzt

Eine Analyse von PwC Deutschland zeigt, dass europäische Unternehmen, insbesondere aus dem Finanzsektor, zwar Fortschritte bei der Berichterstattung nach der EU-Taxonomie machen, das Potenzial für die strategische Planung aber noch nicht ausschöpfen. Die Diskrepanz zwischen Taxonomiefähigkeit und -konformität bei Industrieunternehmen bleibt bestehen. Die Einführung der CSRD könnte jedoch zu einer besseren Nutzung der Taxonomiedaten führen und die nachhaltige Transformation der Wirtschaft fördern.

25.07.2024

EU-Taxonomie: Fortschritte bei der Berichterstattung, aber Potenzial bleibt ungenutzt

Die Einhaltung der EU-Taxonomie-Verordnung in der Berichterstattung wird zunehmend einheitlicher und vergleichbarer. Allerdings nutzen die Unternehmen des Finanzsektors die Taxonomiedaten bisher kaum für ihre strategische Planung. Bei den Industrieunternehmen ist sowohl die gemeldete Taxonomiefähigkeit als auch die Taxonomiekonformität leicht gestiegen. Dies könnte auf eine bessere Datenverfügbarkeit und die Erweiterung der Taxonomie um zusätzliche Umweltziele zurückzuführen sein. Die nach wie vor niedrige Quote könnte darauf hindeuten, dass die Unternehmen nicht ehrgeizig genug sind, um ihre Erfüllungsquoten zu verbessern. Diese Ergebnisse stammen aus einer Analyse von PwC Deutschland, die die EU-Taxonomie-Daten von 530 Industrie- und 97 Finanzunternehmen aus zwölf europäischen Ländern für das Geschäftsjahr 2023 untersucht hat.

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Im Rahmen des Klassifizierungssystems der EU-Taxonomie müssen Unternehmen in der Europäischen Union darüber berichten, wie sie ihre Geschäfte und Investitionen nachhaltig gestalten. Die Taxonomie ist neben der Offenlegungsrichtlinie (Sustainable Finance Reporting Directive, SFRD) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) eine der drei Säulen des European Green Deal und der EU-Strategie für nachhaltiges Finanzwesen, die darauf abzielt, Finanzströme in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken.

Klare Fortschritte bei europäischen Industrieunternehmen

Die EU-Taxonomie unterscheidet zwischen taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Wirtschaftszweigen. Als taxonomiefähig gelten Wirtschaftsaktivitäten, die den sechs Umweltzielen der EU gemäß dem Kriterienkatalog der EU-Taxonomie entsprechen. Taxonomiekonforme Aktivitäten tragen nach festgelegten Kriterien signifikant zu mindestens einem der Umweltziele bei, ohne die anderen zu beeinträchtigen („Do No Significant Harm – DNSH“) und erfüllen die Kriterien des Mindestschutzes. Große börsennotierte Industrieunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten müssen ab 2023 detailliert darlegen, welcher Anteil ihres Umsatzes, ihrer Investitionen und ihrer Betriebsausgaben auf diese Aktivitäten entfällt. Mit der Einführung der CSRD im Geschäftsjahr 2025 wird sich der Anwenderkreis nochmals deutlich erweitern.

93 Prozent der Industrieunternehmen berichten nach der EU-Taxonomie, die Mehrheit veröffentlicht diese Informationen im Lagebericht oder im Geschäftsbericht gemäß den Vorgaben der CSRD, die ab dem Geschäftsjahr 2024 in Kraft tritt. Dies ist fast doppelt so viel wie im Vorjahr 2022 (38 Prozent).

Nahezu 87 Prozent der Unternehmen nutzen die verbindlichen Vorlagen zur Angabe von KPIs, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr darstellt. Darüber hinaus wurden im Rahmen der neuen Umweltziele 3 bis 6 neue wirtschaftliche Aktivitäten veröffentlicht, auf die sich fast 40 Prozent der Unternehmen beziehen und geeignete taxonomiefähige Aktivitäten identifiziert haben.

Björn Seidel, Partner im Bereich CSRD Assurance bei PwC Deutschland, sagt: „Die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit der Wirtschaftstätigkeiten von Unternehmen auf Basis der EU-Taxonomieverordnung begründet ein deutliches Mehr an Messbarkeit und Vergleichbarkeit, was auch für die CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung ein neues Ausmaß an Transparenz bedeutet. Zu betonen ist, dass der Kreis der betroffenen Unternehmen sich mit der CSRD für Geschäftsjahre ab 2025 erheblich ausdehnen wird. Der externen Qualitätssicherung durch den Wirtschaftsprüfer kommt hierbei eine besondere Bedeutung bei.“

Deutliche Diskrepanz zwischen Taxonomiefähigkeit und -konformität bei Industrieunternehmen

Insgesamt sind sowohl die Anteile der taxonomiefähigen als auch der taxonomiekonformen Umsätze und Betriebsaufwendungen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dennoch bestand weiterhin eine deutliche Diskrepanz zwischen Taxonomiefähigkeit und Taxonomiekonformität: Der durchschnittliche Anteil der Taxonomiefähigkeit am Umsatz lag bei 30 Prozent, während nur durchschnittlich neun Prozent taxonomiekonform waren. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Investitionsausgaben (taxonomiefähig: 37 Prozent, taxonomiekonform: zwölf Prozent) und den Betriebsausgaben (taxonomiefähig: 30 Prozent, taxonomiekonform: neun Prozent).

Niedrige „Green Asset Ratio“ bei den Banken

Für das Geschäftsjahr 2023 waren die Finanzunternehmen erstmals verpflichtet, neben der Taxonomiefähigkeit auch über die Erfüllung der Umweltziele 1 und 2 (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) zu berichten. Die Spannweite der berichteten Taxonomiefähigkeitsquoten hat sich verringert, was auf eine verbesserte Datenqualität im Vergleich zum Vorjahr hindeutet. Beim Umsatz reicht die Spanne von 20 Prozent bis 44 Prozent (Vorjahr: 0 Prozent bis 76 Prozent), bei den Investitionsausgaben von 21 Prozent bis 45 Prozent. Im Gegensatz dazu beträgt die Green Asset Ratio (GAR) bezogen auf den Umsatz nur zwei Prozent. Die Erfüllungsquote bei den Investitionen liegt ebenfalls bei zwei Prozent. Die Autor:innen der Studie betonen, dass die Datenverfügbarkeit und die Uneinheitlichkeit der Erhebungsmethoden nach wie vor die größten Herausforderungen darstellen. Derzeit werden nur wenige Finanzierungsaktivitäten von Banken durch die Kriterien der Taxonomie abgedeckt. Dies hat zur Folge, dass die alleinige Verwendung des GAR derzeit nicht ausreicht, um den Grad der Nachhaltigkeit einer Bank zu bewerten. Diese Diskrepanz zeigt aber auch, dass noch ein langer Weg vor den Unternehmen liegt, um die anspruchsvollen Kriterien der Taxonomie zu erfüllen und eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu erreichen.

In der europäischen Versicherungswirtschaft schwankt die Taxonomiefähigkeit für das Versicherungsgeschäft aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden stark – zwischen ein Prozent und 47 Prozent. Bei den Kapitalanlagen der Versicherungsunternehmen reicht die Spanne von drei Prozent bis 27 Prozent (Umsatz) beziehungsweise von vier Prozent bis 32 Prozent (Aufwendungen für Kapitalanlagen). Auch bei den Versicherern liegt die neu gemeldete Taxonomie-Übereinstimmungsquote im Underwriting aus ähnlichen Gründen wie im Bankensektor im Durchschnitt nur bei zwei Prozent.

Bislang kaum strategische Planung mit Taxonomiedaten

Aufgrund der noch niedrigen Quoten haben insbesondere Finanzinstitute die Taxonomiedaten bisher kaum für strategische Zwecke wie Investitionsentscheidungen oder Portfoliosteuerung genutzt. Bisher dienten die Taxonomie-Kennzahlen vor allem der Erfüllung regulatorischer Transparenzpflichten. Mit der verbesserten Datenverfügbarkeit durch die CSRD ab dem kommenden Jahr und der zunehmenden Berichtspraxis sowie der damit einhergehenden Verbesserung und Harmonisierung der Erhebungsmethoden könnte die Nutzung zukünftig jedoch auch dazu beitragen, konkretere Anreize für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft im Sinne der Ziele des European Green Deal zu setzen und eine höhere Steuerungsrelevanz für Unternehmen zu gewährleisten.

Christoph Schellhas, Partner und Leiter von Financial Services Sustainability bei PwC Deutschland, kommentiert: „Die EU-Taxonomie bringt für die Unternehmen eine stärkere Konzentration auf Nachhaltigkeit sowie verstärkte Berichtspflichten. Die Transparenz zu Nachhaltigkeit wird sich durch die CSRD kurzfristig noch deutlich erhöhen. Für Unternehmen ist es wichtig, auf eine Verbesserung der Datenqualität hinzuwirken und die Taxonomiedaten auch für strategische Steuerungszwecke außerhalb der Regulierung zu nutzen. So können sie, die sich aus der nachhaltigen Transformation ergebenden Chancen optimal nutzen.“

Quelle: UD/pm
 

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