Reporting

Fehlende ESG-Kompetenz in Aufsichtsräten der DACH-Region?

91 Prozent der Firmen integrieren ESG-relevante Ziele in die Vergütung ihrer Vorstandsmitglieder. Dennoch gibt lediglich etwa die Hälfte Auskunft über den ESG-Bezug in den Kompetenzprofilen ihrer Aufsichtsräte. Über drei Viertel der Unternehmen wählen ihre Lieferanten unter Berücksichtigung von ESG-Kriterien aus. Allerdings berichtet nur eines von achtzig Unternehmen über seine Zahlungsgepflogenheiten gegenüber den Lieferanten.

19.12.2024

Fehlende ESG-Kompetenz in Aufsichtsräten der DACH-Region?

„ESG-Kriterien gewinnen auch im Bereich der Unternehmensführung zunehmend an Bedeutung, beispielsweise durch Vorgaben zur Vergütung. Obwohl die Mehrheit der großen Unternehmen in der DACH-Region bereits entsprechende Governance-Strukturen implementiert hat, besteht nach wie vor ein erheblicher Verbesserungsbedarf: insbesondere in Bezug auf die Qualifikationen der Aufsichtsräte sowie in der transparenten Kommunikation über Zahlungspraktiken und Lobbying-Aktivitäten. Dies belegt die Studie „Governance – Reporting zur nachhaltigen Unternehmensführung“ von Kirchhoff Consult GmbH und BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde unter Berücksichtigung der Anforderungen des G1 Standards der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) analysiert, inwiefern die Unternehmen aus den führenden Indizes DAX40, ATX und SMI im vergangenen Geschäftsjahr 2023 bereits konform mit den ESRS über ihre nachhaltige Unternehmensführung berichtet haben.

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„Die Integration von Nachhaltigkeit in ihre strategische Ausrichtung ist für Unternehmen von elementarer Bedeutung. Das wird immer deutlicher. Aufsichtsräte sollten dabei Impulse geben und den Transformationsprozess wachsam begleiten. Es zeigt sich jedoch immer wieder, dass dieser Verantwortung bislang noch zu wenig nachgekommen wird“, so Dr. Jan-Ole Brandt, Senior Consultant ESG/Sustainability bei Kirchhoff Consult und Co-Autor der Studie. „Ein möglicher Grund dafür ist der Mangel an ESG-relevanten Kompetenzprofilen und praktischer Nachhaltigkeitserfahrung auf Seite der Aufsichtsräte“, erklärt Brandt.

 ESG in Governance-Strukturen und Risikomanagement fest verankert

Mit 86 Prozent ist bereits bei einem Großteil der untersuchten Unternehmen das Thema ESG auf der Vorstandsebene verankert. Die DAX40-Unternehmen bleiben dabei mit 83 Prozent leicht hinter denen aus ATX (90 Prozent) und SMI (90 Prozent) zurück. Ähnlich sieht es bei der Erklärung der Sorgfaltspflicht aus: Im Rahmen ihrer Berichterstattung zum Geschäftsjahr 2023 veröffentlichten mit 95 Prozent nahezu alle untersuchten Unternehmen diese Erklärung und decken damit bereits einen Pflichtpunkt der künftigen ESRS-basierten Nachhaltigkeitsbericht ab. Auch im Risikomanagement scheinen die untersuchten Unternehmen bereits gut aufgestellt: Ein Großteil (91 Prozent) berichtet über ein ESG-bezogenes Risikomanagementsystem und interne Kontrollen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. 

Vorstände werden mehrheitlich unter Berücksichtigung von ESG-relevanten Zielen vergütet 

„Ein wichtiger Treiber für die Verankerung von Nachhaltigkeitsthemen auf der Führungsebene ist die Verknüpfung von Teilen der Managementvergütung mit ESG-relevanten Kennzahlen. Üblich sind dabei etwa die Entwicklung von Treibhausgasemissionen oder der Mitarbeiterzufriedenheit“, so Philipp Schöneberg, Manager Sustainability Services bei BDO und Co-Autor der Studie. „Unsere Analyse zeigt, dass dies bereits in 91 Prozent der untersuchten Unternehmen gelebte Praxis ist.“ Die Werte sind im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen (88 Prozent). Im DAX40 gaben alle Unternehmen für das Geschäftsjahr 2023 an, dass ESG-KPIs in der Vergütung der Vorstandsmitglieder berücksichtigt werden (Vorjahr 98 Prozent). Im SMI bleibt der Anteil konstant bei 85 Prozent, während der ATX einen Anstieg von zehn Prozentpunkten auf 80 Prozent verzeichnet.

Mehrheit der DACH-Konzerne wählt Lieferanten unter ESG-Gesichtspunkten aus

Die Verwaltung der Beziehungen zu Lieferanten ist ebenfalls von zentraler Bedeutung für eine nachhaltige Unternehmensführung. Im Jahr 2023 haben über drei Viertel (76 Prozent) der Unternehmen ihre Lieferanten zumindest teilweise unter Berücksichtigung ökologischer und/oder sozialer Kriterien ausgewählt. Während im ATX sogar 90 Prozent der Unternehmen solche Auswahlkriterien angeben, liegt dieser Wert bei den DAX 40-Unternehmen mit 68 Prozent deutlich darunter und ist somit auch niedriger als im SMI (80 Prozent). Im brancheninternen Vergleich sind ESG-Kriterien bei der Lieferantenauswahl in den Sektoren Automobil und Automobilzulieferer (57 Prozent) sowie in der Pharma-, Biotechnologie- und Life Sciences-Branche (63 Prozent) noch nicht von großer Bedeutung. „Die Integration nachhaltiger Prinzipien in die Lieferantenbeziehungen ist ein essenzieller Hebel, um ganzheitlich Verantwortung in der Wertschöpfungskette zu übernehmen und langfristig erfolgreich zu sein“, erklärt Jan-Ole Brandt von Kirchhoff Consult.

ESRS G1 nimmt Unternehmen gegenüber ihren Lieferanten stärker in die Pflicht 

Die aktuelle Untersuchung offenbart zudem eine bedeutende Änderung in den Anforderungen an die Offenlegung für Unternehmen im Vergleich zur vorherigen Berichterstattung über Nachhaltigkeit. Ein wesentlicher Punkt dieser Entwicklung ist die intensivere Betonung der Verantwortung der Unternehmen gegenüber ihren Zulieferern, insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Dabei legt die Offenlegungsanforderung G1-6 des ESRS G1 einen besonderen Schwerpunkt auf die Zahlungsgewohnheiten. „Diese neue Anforderung markiert in gewisser Hinsicht einen Wendepunkt in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Von den untersuchten Unternehmen berichtete lediglich eins über seine durchschnittliche Anzahl in Tagen zur Begleichung einer Rechnung“, erklärt Philipp Schöneberg. „Die explizite Offenlegung von Zahlungspraktiken unterstreicht die wachsende Bedeutung fairer Geschäftsbeziehungen im Kontext der Nachhaltigkeit.“ Diese Entwicklung deutet auf eine bedeutende Wandlung der Berichtsmethoden hin und etabliert neue Standards für die Nachvollziehbarkeit in den Beziehungen zu den Lieferanten.

Über die Studie

Die Studie „Governance – Reporting zur nachhaltigen Unternehmensführung“ ist der dritte Teil einer Studienserie, die Kirchhoff Consult und BDO gemeinsam veröffentlichen. In diesem Zusammenhang wird die nichtfinanzielle Berichterstattung von bedeutenden Aktiengesellschaften der führenden Indizes in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DAX40, ATX und SMI) analysiert. Die Grundlage für diese Untersuchung bilden die Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte, die bis zum Stichtag 31. März 2024 veröffentlicht worden sind. Die erste Teilstudie trägt den Titel „Diversity – Reporting zur Vielfalt“, die zweite Teilstudie wurde unter dem Titel „Klimaschutz – Reporting zur Dekarbonisierung“ veröffentlicht.

Quelle: UD/pm
 

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