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Mittelstand im Nachhaltigkeitsfokus: Chancen und Herausforderungen

Die nachhaltige Transformation stellt mittelständische Unternehmen vor beträchtliche Herausforderungen in den Bereichen Technologie, Infrastruktur, Vertrieb und Unternehmensführung – insbesondere vor dem Hintergrund des „Green Deal“ und der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). Für eine erfolgreiche Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategien bedarf es nicht nur Investitionen in neue Technologien und Infrastruktur, sondern auch einer grundlegenden Veränderung von Denk- und Handlungsmustern.

06.05.2024

Mittelstand im Nachhaltigkeitsfokus: Chancen und Herausforderungen

von Christoph Herzog

Nachhaltigkeit ist weit mehr als nur eine Verpflichtung – sie birgt eine Chance für mittelständische Unternehmen, sich neu zu definieren und für die Zukunft zu stärken. Die meisten Unternehmen haben daher bereits Maßnahmen für den nachhaltigen Umbau ihrer Betriebe eingeleitet und stoßen dabei, wie die aktuelle Haufe-Studie „Corporate Sustainabilty im Mittelstand“ belegt, auf zahlreiche Hürden, aber auch auf Chancen. Die Studie zeigt, wie differenziert dieses Thema im Mittelstand betrachtet wird und wie unterschiedlich Unternehmen die Herausforderungen angehen. Anhand von Tiefeninterviews mit mittelständischen Geschäftsführenden haben sich vier Typen mit unterschiedlichen Herangehens- und Sichtweisen herauskristallisiert: Wegbereiter, Routiniers, Einsteiger und Skeptiker.

Die vier Typen und ihre individuellen Herausforderungen

  • Wegbereiter

Die Befragten dieses Typus haben Nachhaltigkeit fest in ihrer strategischen Ausrichtung verankert und entwickeln sie kontinuierlich und innovativ weiter. Die Führungsebene selbst sieht sich in dieser Gruppe als die treibende Kraft, um Herausforderungen in Bezug auf Sustainability zu bewältigen. Sie kommen gut mit der vorgeschriebenen Berichterstattung zurecht und hoffen sogar auf weitere Vorgaben seitens der Politik, um die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien weiter voranzutreiben. Wegbereiter nutzen Nachhaltigkeit aktiv, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, überzeugt davon (84 Prozent), dass sich langfristige finanzielle Stabilität und Unternehmenszweck durch Nachhaltigkeit vereinen lassen.

  • Routiniers

Für Routiniers ist Nachhaltigkeit kein Experiment, sondern fester Bestandteil ihrer Unternehmenskultur. Sie haben bereits umfangreiche Erfahrungen mit nachhaltigen Maßnahmen. Im Gegensatz zu den Wegbereitern kamen die Impulse jedoch von externen Quellen wie Investor:innen oder der Politik. Viele Routiniers haben in ihren Unternehmen eigene Abteilungen für Nachhaltigkeitsmanagement, wobei 75 Prozent dennoch die Unternehmensleitung als Impulsgeber:in sehen. Routiniers haben zu einem Prozentsatz von 38 Prozent keine Probleme mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung und fordern klare Regulierungen seitens der Regierung. Obwohl Nachhaltigkeit für Routiniers nicht intrinsisch motiviert ist, erkennt dieser Typ ihre Relevanz und sieht langfristige Vorteile in der Transformation.

  • Einsteiger
Einsteiger setzen sich erst seit Kurzem mit nachhaltigem Management in ihren Unternehmen auseinander, hauptsächlich aufgrund des Marktdrucks. Die Unternehmensführung wird von 91 Prozent als Haupttreiber gesehen. Nachhaltiges Management entspricht grundsätzlich ihren Werten, aber es birgt oft zusätzliche Belastungen, vor allem durch die Berichterstattung. Einsteiger konzentrieren sich hauptsächlich auf ökologische Nachhaltigkeit, während die ESG-Dimensionen „Social“ und „Gouvernance“ eine untergeordnete Rolle spielen.

  • Skeptiker
Skeptiker spüren den wachsenden Druck zur Anpassung an den Nachhaltigkeitstrend, den sie nicht mehr ignorieren können. Sie empfinden das Thema und besonders die Berichterstattung oft als große Herausforderung. CEOs dieses Typs stehen zwischen den Anforderungen auf der einen Seite und den Zweifeln an der Umsetzung auf der anderen. Im Vergleich zu den anderen Typen glauben nur 33 Prozent der Skeptiker, dass Investitionen in Nachhaltigkeit langfristig rentabel sein werden. Sie investieren hauptsächlich in Nachhaltigkeitsmanagement, um Kundenanforderungen zu erfüllen, die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und Kosten zu senken. Skeptiker denken beim Begriff Corporate Sustainability hauptsächlich an ökologische Nachhaltigkeit, soziale und governancebezogene Aspekte sind eher nicht präsent.
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Verortung der operativen Verantwortung: CEO, Nachhaltigkeitsmanagement oder Compliance-Abteilung?

Die strategische Entscheidung für Nachhaltigkeit ist für mittelständische Unternehmen aber nur der Anfang. Die effektive Umsetzung erfordert zu klären, wer für die operative Umsetzung verantwortlich ist. In den Tiefeninterviews wurden vier Umsetzungsmuster identifiziert: Verantwortung auf CEO-Ebene, Einrichtung dedizierter Stellen oder Abteilungen, Installation eines festen Projektmanagements und Delegation an bestehende Abteilungen. Die Wahl des Musters hängt jeweils von strukturellen Faktoren wie Unternehmensgröße, finanziellen Ressourcen und der Betroffenheit von Berichtspflichten ab.

Laut der Haufe Sustainability-Studie sieht fast die Hälfte aller Befragten die Geschäftsführung nach wie vor als treibende Kraft für nachhaltigen Wandel. Insgesamt deuten die Studienergebnisse jedoch auf einen Trend zur Professionalisierung des operativen Nachhaltigkeitsmanagements hin. Denn die Interviews haben ergeben, dass vermehrt gezielt Absolventen aus Studiengängen wie Nachhaltigkeitsmanagement und Sustainability Science und Energie rekrutiert werden. Es wird auch häufig auf die Weiterbildung der Mitarbeiter verwiesen, was eine verstärkte Sensibilisierung und Qualifizierung im Bereich Nachhaltigkeit zeigt.

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Der Nachhaltigkeitsimpuls: Was Unternehmen antreibt

Eine deutliche Mehrheit der befragten mittelständischen Unternehmen (98 Prozent) hat bereits Schritte unternommen, um ihre Nachhaltigkeitsstrukturen anzupassen. Die Hauptgründe dafür sind die Erwartungen von Kundinnen und Kunden oder Geschäftspartner:innen (39 Prozent), die Sicherung der Unternehmenszukunft (36 Prozent) und die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Geschäftsmodelle (35 Prozent). Die Attraktivität als Arbeitgeber wird ebenfalls häufig als Motivation genannt. Wegbereiter handeln aus einer intrinsischen Motivation, während Routiniers sich durch gesetzliche Vorgaben angetrieben fühlen.

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Hürden auf dem Weg zum nachhaltigen Unternehmen

Trotz hoher Motivation stoßen Mittelständler bei der nachhaltigen Transformation typübergreifend auf folgende Herausforderungen: Aktuelle wirtschaftliche Risiken und Unsicherheiten (34 Prozent), mangelnde Akzeptanz der Kundinnen und Kunden für Mehrkosten (31 Prozent) und übermäßige Bürokratie (31 Prozent). Alle vier Typen sehen sich gleichermaßen auch in der Finanzierung nachhaltiger Maßnahmen begrenzt. Routiniers und Einsteiger empfinden zusätzlich die sich oftmals ändernden Regularien als großes Hindernis.

Dies macht insbesondere eine Stimme der Befragten des Typus Einsteiger deutlich: „Inzwischen startet in jedem Quartal ein neues Regierungsvorhaben, von dem wir nicht wissen, welche konkreten Auswirkungen es haben wird. Unternehmerisch können wir dadurch nur schwer planen. Und das in einer Situation, in der sich unser Markt elementar verändert.“

Welche Maßnahmen zuerst: Environmental, Social oder Unternehmensführung?

Nachhaltigkeit in Unternehmen ist nicht nur auf die Umsetzung ökologischer Maßnahmen beschränkt. Neben dem Umweltaspekt bieten die Bereiche der sozialen Nachhaltigkeit und der Unternehmensführung eine breite Palette an Möglichkeiten, ein Unternehmen nachhaltig zu gestalten.

Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass Führungskräfte im Mittelstand in Bezug auf Nachhaltigkeit hauptsächlich an umweltbezogene Maßnahmen denken und in absteigender Reihenfolge an soziale Initiativen wie die Verbesserung der Weiterbildung, die Förderung von Vielfalt und Corporate Social Responsibility. Governance im Sinne von Unternehmensführung, Innovation, Finanzen, Risikomanagement und Compliance spielt für alle Typen eher eine untergeordnete Rolle bei der konkreten Umsetzung.

Herausforderungen meistern und Chancen ergreifen

Die Haufe Sustainability-Studie zeigt, dass der Mittelstand Nachhaltigkeit größtenteils als Chance für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen erkennen und bereits Maßnahmen zur Umgestaltung ihrer Organisationen eingeleitet haben. Die mittelständische Wirtschaft ist kein einheitlicher Block, sondern geht das Thema Nachhaltigkeit auf ganz unterschiedliche Weise an. Während viele die Regulatorik als bürokratische Herausforderung empfinden, haben sie dennoch Wege gefunden, damit umzugehen.

Trotz dieser Vielfalt der Sicht- und Herangehensweisen sind alle Unternehmen letztendlich dazu verpflichtet, sich einer nachhaltigen Transformation zu unterziehen. Dabei stehen sie jeweils vor ihren individuellen Herausforderungen. In dieser Lage sind Beratung und Nachhaltigkeitstools von entscheidender Bedeutung, um Unternehmen bei der Erfassung von Daten, der Berichterstattung und vor allem bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie zu unterstützen.

Über die Studie

Für die qualitative Befragung führte Haufe im September / Oktober 2023 gemeinsam mit Auctority und Reimund Research explorative Tiefeninterviews mit 36 CEOs beziehungsweise  Geschäftsführenden aus Unternehmen mit mindestens 250 bis maximal 4.999 Mitarbeitenden. Zur quantitativen Validierung der Ergebnisse wurden ergänzende Online-Interviews mit 96 Teilnehmenden durchgeführt. Es konnte eine hohe Kongruenz zwischen den zentralen Erkenntnissen beider Erhebungen festgestellt werden.

Die Studienergebnisse sind hier zum Download erhältlich.

Über den Autor:

Christoph Herzog ist verantwortlicher Online-Redakteur für Haufe Sustainability – das Portal für nachhaltige Unternehmensführung. Er interessiert sich für die strategischen Potenziale nachhaltigen Wirtschaftens und ist davon überzeugt, dass Unternehmen angesichts sozialer und ökologischer Herausforderungen Verantwortung übernehmen müssen.

Christoph Herzog
Quelle: UD
 

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