E.ON Nachhaltigkeitsbericht im Zeichen des Konzernumbaus
Kaum eine Branche erlebt derzeit einen derartigen Strukturwandel wie der Energiesektor. Der staatlich verordnete Ausstieg aus der Atomkraft, die Liberalisierung der Märkte und grenzüberschreitender Konkurrenzdruck machen auch Marktgrößen wie E.ON massiv zu schaffen. Der aktuelle, online verfügbare Nachhaltigkeitsbericht ist vor diesem Hintergrund entstanden. UmweltDialog stellt die wesentlichen Erkenntnisse vor.
29.07.2013
Für viele Jahre war
das die größte Stärke und Einnahmequelle der Energieunternehmen: Ihre
Geschäftstätigkeiten deckten fast alle Stufen der Wertschöpfung bei der
Versorgung mit Strom und Gas ab. Im Bereich Strom war man in der Erzeugung, im
Handel, in der Verteilung und im Vertrieb tätig, beim Gas bei der Förderung
über Handel, Speicherung und Verteilung bis hin zum Vertrieb an den
Endverbraucher. Die Märkte waren regional aufgeteilt, Gewinne gewiss.
Das gilt nicht mehr.
Der Staat drängt auf Aufspaltung zwischen Energieerzeugern und Netzbetreibern. Alle
regenerativen Erzeuger haben grundsätzlich Vorfahrt bei der Einspeisung und
damit den Vertrieb an den Endkunden. Zudem ist Atomkraft als Energiequelle
hierzulande verboten.
E.ON 2.0 steht für tiefgreifenden
Konzernumbau
Für Energieunternehmen wie E.ON bedeutet das letztendlich, dass sie sich neu
erfinden müssen. „Wir sind auf dem Weg vom klassischen
integrierten Versorger hin zum Entwickler für neue, kundenbezogene
Energielösungen. Mit diesem Anspruch und Selbstverständnis brechen wir in neue
Märkte und Regionen auf.“ Mit diesen Worten umriss Vorstandsvorsitzender
Johannes Teyssen auf der diesjährigen Hauptversammlung in Essen die
Neuausrichtung der E.ON SE.
Am deutlichsten erleben die Mitarbeiter diese Neuausrichtung.
Das unter dem Begriff „E.ON 2.0“ aufgelegte Effizienzprogramm ist vor allem ein
Sparprogramm: Alle Standorte werden neu positioniert, und die Anzahl der
Mitarbeiter sank binnen zwei Jahren von 85.000 auf 72.000 - sozialverträglich,
wie der Konzern betont. Der Nachhaltigkeitsbericht erläutert: „Gründe für den Rückgang der Mitarbeiterzahl
im Segment Erzeugung waren insbesondere das Auslaufen von befristeten
Verträgen, Übergänge in Altersteilzeit und Maßnahmen beziehungsweise
freiwillige Austritte im Rahmen des Effizienzsteigerungsprogramms E.ON 2.0.“
Klimaschutz-Ziele
weiterhin ambitioniert
Im Nachhaltigkeitsmanagement steht eine zunehmende
Fokussierung auf Kapitalmarktanforderungen im Vordergrund. Der aktuelle
Nachhaltigkeitsbericht betont, dass standardisierte Indikatoren aus den
Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG-Kriterien) immer
häufiger von Investoren abgefragt werden. E.ON orientiert sich bei der
Beantwortung solcher Fragen am bewährten Leitfaden des Europäischen Verbandes
der Finanzanalysten (EFFAS). Im Arbeitsprogramm bis 2015 stehen daher neben dem
Carbon-Foodprint unter anderem auch die Themen Wassermanagement,
Stakeholder-Dialoge und Beschaffung auf der Agenda.
Weiterhin ambitioniert ist das Klimaschutzprogramm von E.ON. Unter dem Titel „cleaner & better energy“
sollen bis zum Jahr 2025 alle Kraftwerke in Europa durchschnittlich weniger als
0,32 t CO2 pro erzeugte Megawattstunde Strom (MWh) ausstoßen. Das wären 50
Prozent weniger als im Jahr 1990.
Hier sieht man sich af einem guten Weg: Aktuell seien 30% Reduktion
erreicht, so der Bericht. Durch den stetigen Ausbau erneuerbarer,
klimafreundlicher Energien sollen weitere Prozente erreicht werden. „Im Jahr
2012 wurden insgesamt 31,8 TWh aus Erneuerbaren Energien inklusive großer
Wasserkraft erzeugt (Vorjahr 2011: 29,6). Das entspricht einem Anteil von 12,0
Prozent an der gesamten Eigenerzeugung/Stromabsatzmenge“, heißt es dazu im
Bericht. Wobei neue Anlagen vorrangig
im Ausland entstehen. In den letzten drei Jahren sind 26 Onshore- und zwei Offshore-Windparks
in Nordamerika und Europa neu ans Netz gegangen.
Liegt die Zukunft im Ausland?
Schon länger treibt der E.ON-Vorstand die Verlagerung des
Kerngeschäfts aus Deutschland in andere Länder voran. So ist Anfang Juli vor der englischen
Küste der weltweit größte Offshore-Windpark, London Array, in Betrieb gegangen. Jetzt berichtet das Wall
Street Journal, dass der Energiekonzern prüfe, verlustreiche Kraftwerke in
Mitteleuropa zu zerlegen und die Einzelteile anderswo neu aufzubauen.
E.ON trifft mit den Überlegungen eine Schwachstelle der Energiewende: Der
forcierte Aufbau von Solar- und Windkraftanlagen verdrängt zwar immer öfter
konventionelle Kraftwerke vom Markt und sorgt für sinkende
Großhandelsstrompreise. Das macht etwa Gas- und Kohlekraftwerke zunehmend
unrentabel. Bei wenig Sonne und Wind aber müssen die konventionellen Anlagen
einspringen. Sie bleiben deshalb entscheidend, um Stromausfälle zu verhindern.