Frauen wollen mehr Auslandseinsätze im Job
Laut einer aktuellen PwC-Umfrage herrscht ein Missverhältnis zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei Auslandseinsätzen für Frauen. Viele der Befragten finden, dass Arbeitgeber ihnen nicht die gleichen Chancen dazu bieten, wie den männlichen Kollegen. Nur 22 Prozent der Arbeitgeber versuchen Frauen-Auslandseinsätze aktiv zu fördern. Dahinter können sich falsche Annahmen von Rollenmustern verbergen, etwa dass Mütter nicht ins Ausland wollen.
09.03.2016
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC 3.937 Berufstätige - davon 2.285 Frauen - aus 40 Ländern zu ihren Erfahrungen mit beruflichen Auslandsaufenthalten und diesbezüglichen Erwartungen befragt (Deutschland: gesamt 243, davon 135 Frauen). Gleichzeitig befragte PwC 134 Führungskräfte, die für Auslandsaufenthalte und die weltweite Mobilität der Mitarbeiter verantwortlich sind.
Die Studie "Modern mobility: Moving women with purpose" zeigt: 19 Prozent weniger Frauen als Männer sind der Meinung, dass ihr derzeitiger Arbeitgeber beiden Geschlechtern die gleichen Chancen für Auslandsentsendungen bietet. Dabei geben 64 Prozent der Frauen (Deutschland 61 Prozent) an, dass die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts ein wichtiges Kriterium für die Wahl ihres Arbeitgebers und die Treue zum Unternehmen sei. Dies spiegelt auch die Ergebnisse der PwC-Studie The female millennial: A new era of talent
aus dem vergangenen Jahr wider: 71 Prozent der weiblichen "Millenials" streben einen beruflichen Auslandsaufenthalt während ihrer Karriere an.
Diskrepanzen beim Diversity Management in Unternehmen
Der Wunsch vieler Frauen nach mehr beruflicher Mobilität scheitert jedoch oft an der Realität. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der für Auslandsaufenthalte verantwortlichen Führungskräfte gibt an, dass Mitarbeiterinnen in ihren Unternehmen noch unterrepräsentiert sind, wenn es um das Arbeiten im Ausland geht.
Während 60 Prozent der weltweit tätigen Unternehmen das Arbeiten im Ausland als Talentschmiede für zukünftige Führungskräfte verstehen, sind bisher jedoch nur 22 Prozent entschlossen, den Frauenanteil bei Auslandseinsätzen zu erhöhen. Nur 22 Prozent der Führungskräfte bejahen, dass ihre Mobilitäts- und Diversity-Strategien übereinstimmen.
Petra Raspels, Vorstand Human Capital bei PwC Deutschland, sagt: "Diese PwC-Studie wirft ein Schlaglicht auf einige wichtige Unstimmigkeiten beim Thema Diversity. CEOs benötigen eine Strategie, die Frauen einerseits die Möglichkeit eröffnet, für den Fortgang ihrer Karriere wichtige Erfahrungen zu machen, wozu der internationale Einsatz gehört. Andererseits müssen die Mitarbeiterinnen diese Optionen erkennen und fordern. Weltweite Mobilität, Vielfalt im Unternehmen und Talentförderung sind eng verwoben und eine Voraussetzung, um Geschäfts- und Mitarbeiterstrategien umsetzen zu können."
Auf einen Blick: Zahlen und Fakten der PwC-Studie "Modern mobility: Moving women with purpose"
- 64 Prozent (Deutschland 61 Prozent) der Frauen finden Arbeitgeber attraktiver, die Möglichkeiten zu Entsendungen ins Ausland bieten.
- Jedoch sagen viele der befragten Frauen, dass ihr aktueller Arbeitgeber ihnen nicht dieselben Chancen zu Entsendungen bietet wie ihren männlichen Kollegen.
- Die Annahme, dass Mütter generell nicht im Ausland arbeiten wollen, wird in Frage gestellt.
- Arbeitgeber nutzen internationale Einsätze als Talentschmiede für zukünftige Führungskräfte.
- Jedoch versuchen nur 22 Prozent der Unternehmen aktiv, den Frauenanteil bei Auslandseinsätzen zu erhöhen.
- Lediglich 22 Prozent der für Auslands-Entsendungen verantwortlichen Führungskräfte sagen, dass die Mobilitäts- und Diversity-Strategien in ihren Unternehmen übereinstimmen.
- 74 Prozent (Deutschland 73 Prozent) der Befragten (Frauen und Männer) sagten, dass die ersten sechs Jahren der Beschäftigung die beste Zeit für einen Auslandsaufenthalt sei.
- 33 Prozent der befragten Unternehmen bieten in diesem Zeitraum keine Entsendungen an.
- 65 Prozent (Deutschland 61 Prozent) der Frauen wünschen sich mehr Transparenz, wenn es um die Möglichkeiten eines beruflichen Auslandsaufenthaltes geht.
- Weniger als die Hälfte der Frauen (49 Prozent, Deutschland 41 Prozent) stimmen zu, dass es in ihrem Unternehmen ausreichend weibliche Vorbilder gibt, die bereits Auslandserfahrungen gesammelt haben.
Stereotypen auf dem Prüfstand
Die PwC-Studie stellt mit ihren Kernaussagen einige Annahmen und Geschlechter-Stereotypen in Frage. Dazu zählt die bisher weit verbreitete Auffassung, dass Mütter generell nicht im Ausland arbeiten wollen oder diesen Schritt nicht wagen, auch weil sie die Differenz zum höheren Einkommen ihres Partners nicht verringern wollten. Tatsächlich aber sind 41 Prozent der Frauen, die gerne im Ausland arbeiten würden, Mütter. Bei den Männern sind 40 Prozent der Väter dazu bereit. 77 Prozent der Frauen in Ehen mit einem Partner, der ebenfalls eine Karriere durchläuft, verdienen ähnlich oder mehr als ihr Partner. Diese "Doppelkarrieren" werden damit für Unternehmen zu einer Herausforderung in Sachen Mobilität - das gilt gleichermaßen für männliche und weibliche Talente.
"International tätige Unternehmen sollten daher zunächst die tatsächlichen Barrieren erkennen und verstehen, die sowohl Mitarbeiterinnen als auch Mitarbeitern im Zusammenhang mit Auslands-Entsendungen im Wege stehen. Um dies zu erreichen, ist es wichtig datenbasiert und analytisch vorzugehen. Nur auf der Basis von erhobenen Daten und deren Analyse ist ein klarer Blick auf die Situation möglich, wie die zum Teil überraschenden Ergebnisse unserer Studie zeigen", so Petra Raspels.
Ein geschlechterunabhängiges Mobilitätsprogramm
"Was passiert, wenn ich wieder zu meiner Arbeitsstelle im Heimatland zurückkehre?" Drei der fünf größten Bedenken, die Frauen im Hinblick auf Auslandsaufenthalte sehen, stehen im Zusammenhang mit dieser Frage. An der Spitze dieser Liste rangiert mit 44 Prozent (Deutschland 50 Prozent) die Sorge, welche Rolle und Position im Unternehmen nach der Rückkehr aus dem Ausland auf sie wartet. Flexibilität und Wahlmöglichkeiten als Bestandteil der Entsendungsangebote würden Auslandsaufenthalte für 80 Prozent der Frauen attraktiver machen.