Von der Wissenschaft zur Schule: Zukunftsvermittlung an PH Niederösterreich
Im Beisein von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wurde Mitte Mai an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich in Baden der erste UNESCO-Lehrstuhl für „Learning and Teaching Futures Literacy in the Anthropocene“ in Österreich offiziell eröffnet.
14.06.2024
„Einen UNESCO-Lehrstuhl muss man sich verdienen und dazu braucht es unglaublich viel Kompetenz und Herzblut“, sagte die Landeshauptfrau im Gespräch mit Amelie Engstler von der Hochschülerschaft. „Diese Auszeichnung ist auch mit sehr viel Verantwortung verbunden, nämlich die Wissenschaft in die Sprache der Schülerinnen und Schüler zu übersetzen. Um dies zu erreichen, braucht es die Kompetenz der Pädagoginnen und Pädagogen sowie die richtigen Konzepte, um das auch lehren zu können“, betonte sie.
Es sei äußerst lohnenswert, Kinder über spielerische Geschichten und Erzählungen an anspruchsvolle Themen wie Klimawandel und Kreislaufwirtschaft heranzuführen, so Mikl-Leitner. Die Neugier der Kinder und Jugendlichen müsse genutzt werden, um Hoffnung und positive Perspektiven zu vermitteln.
Die Auswirkungen des Anthropozän
Während der Eröffnungsfeier präsentierte Professor Jan Zalasiewicz von der Universität Leicester eindrucksvoll die Veränderungen der Welt im Anthropozän. Seiner Darstellung zufolge ist die drastische Klimaveränderung bei weitem nicht die einzige Konsequenz des nachhaltigen Einflusses der Menschheit auf den Planeten.
Die Macht der Vorstellungskraft
Die neue UNESCO-Präsidentin Carmen Sippl betonte, dass es angesichts der harten Fakten des Anthropozäns, die nachhaltige Veränderungen der Umwelt bedeuten, nun an uns sei, aktiv an der Gestaltung der Zukunft zu arbeiten. Futures Literacy ziele darauf ab, die Fähigkeit zu entwickeln, sich zukünftige Entwicklungen vorstellen zu können. Zentrale Aspekte seien daher Imagination und Narration: „Sie helfen uns beim Erinnern und Kommunizieren, beim Entwickeln von Vorstellungskraft“, so Sippl. Der neue Lehrstuhl hat sich zum Ziel gesetzt, Bildungsangebote zu schaffen, die die Vorstellungskraft stärken. Co-Chairholderin Karin Tengler ergänzte, dass es darum gehe, eine Didaktik für die Zukünftebildung zu entwickeln. Ein Beispiel hierfür sei das Erzählen von Zukunftsmärchen: Kinder tauschen in Gruppen ihre Zukunftsvorstellungen aus und skizzieren diese mithilfe verschiedener Medien.
Wissen als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft
Als eine der zentralen Aufgaben des neuen UNESCO-Lehrstuhls bezeichnete PH NÖ-Rektor Erwin Rauscher in seiner Eröffnungsrede die Transformation wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Sprache der Schule: „Wissen ist ja längst nicht mehr nur zu wissen, wo es steht. Es gilt zu wissen, wer wir sind, wenn wir tun, und wie wir sein sollen, wenn wir mitverantwortlich leben.“ Der Rektor sieht das Lernen als zentrales Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft: „Zukunft erlernt, wer Gegenwart als Folge von Vergangenheit lernt.“
Chance zur Profilierung
Norbert Pachler, Vorsitzender des Hochschulrats am University College London, ermutigte die Lehrenden und Forschenden der Hochschule dazu, sich aktiv am Lehrstuhl zu beteiligen. Der erste Lehrstuhl, der an einer Pädagogischen Hochschule in Österreich verliehen wurde, bietet eine enorme Chance zur individuellen und institutionellen Profilierung.
Umsetzung von Forschungsergebnissen des Lehrstuhls in die schulische Praxis
Der Bildungsminister Martin Polaschek äußerte sich aus dem Ausland per Videobotschaft. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen seien die Pädagogischen Hochschulen gefordert, diese zu untersuchen und daraus Maßnahmen für das Bildungssystem abzuleiten. Er zeigte sich erfreut darüber, dass bald Erkenntnisse aus der Forschung des Lehrstuhls direkt in den Schulen umgesetzt werden können.
Inauguration des Lehrstuhls durch Generalsekretär Martin Fritz
Martin Fritz, der Generalsekretär der Österreichischen UNESCO-Kommission, leitete die Inauguration des Lehrstuhls. Er freue sich darüber, dass es nun insgesamt drei Lehrstühle in Österreich gibt, die sich mit Zukunftsforschung beschäftigen. Fritz betonte: „Natürlich sind wir gestresst von der Gegenwart, die zahlreiche Herausforderungen bereithält. Aber ich würde den Satz gerne umdrehen: Gerade weil wir von Gegenwart gestresst sind, müssen wir uns mit der Zukunft beschäftigen. Die UNESCO-Lehrstühle sind ein zentraler Ort dafür.“
Weitere Informationen zum UNESCO-Lehrstuhl an der PH NÖ finden Sie hier.