Nach B.A.U.M-Preisvergabe an AIDA: NGOs laufen Sturm
Das Netzwerk Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) verleiht auf seiner Jahrestagung in Hamburg in der Kategorie Großunternehmen den Umweltpreis 2014 auch an das Kreuzfahrtunternehmen AIDA mit seinem Chef Michael Ungerer und Umweltdirektorin Monika Griefahn. Das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) spricht von einem Skandal.
01.10.2014
In der Kritik der Umweltschützer stehen die alljährlichen Anlandungen von AIDA-Schiffen in den Walfangländern Norwegen, Island und auf den Färöer-Inseln. Das WDSF hatte AIDA bereits im letzten Jahr insbesondere vor den Färöer-Inseln gewarnt, weil dort jedes Jahr an öffentlichen Stränden und Buchten grausam und blutig etwa Tausend Grindwale und andere Delfinarten abgeschlachtet werden. AIDA-Gäste könnten mit ihren Kindern traumatisierte Augenzeugen dieser Gemetzel werden, heisst es warnend vom WDSF. Im letzten Jahr fielen 1.534 Meeressäuger den öffentlichen Abschlachtungen zum Opfer. Das bei den Anlandungen auf der Inselgruppe verstärkt in Restaurants und an Marktständen angebotene Wal- und Delfinfleisch sei nachweislich gesundheitsgefährdend mit Quecksilber und anderen Umweltgiften verseucht.
Die vormalige Greenpeace-Funktionärin, ehemalige Umweltministerin Niedersachsens und jetzige AIDA-Umweltdirektorin Monika Griefahn schrieb nach intensiven Konfrontationen des WDSF im Jahr 2013 entnervt einen Brief an den Premierminister der Färöer-Inseln Kaj Leo Johannesen und bat darum, den Walfang zu stoppen. Gegenüber der Süddeutschen äußerte Griefahn kürzlich zu diesem politischen Kontakt: "Im Moment können wir uns leider nur darauf einigen, dass wir uns nicht einig sind." Monika Griefahn und AIDA-Chef Michael Ungerer sind Gründungsmitglieder des Vereins AIDA Freunde der Meeres e.V., der sich "aktiv für den Schutz der Meere" einsetzt.
Das WDSF kritisiert, dass AIDA die Anlandungen unbeirrt fortsetzt und damit die Infrastruktur der Walfangländer stärkt. WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller: "Es ist ein Skandal, wenn solch ein gegenüber der Umwelt ignorantes Unternehmen wie AIDA einen Umweltpreis erhält. Gegenüber den Gästen wurde in diesem Jahr zum Beispiel bei der Anlandung in Bergen in Norwegen noch nicht einmal im Tagesprogramm vor dem massenhaften Angebot von belastetem Minkwalfleisch auf den Fischmärkten gewarnt. Der Umweltgedanke ist bei AIDA ein reines Lippenbekenntnis."
Das Handelsblatt bezeichnete den WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller im September als "den bekanntesten Tierschützer in Deutschland". Das WDSF konnte in langwierigen Kooperationsvereinbarungen mit den deutschen Reiseanbietern TUI, FTI, Schauinsland-Reisen und alltours in diesem Jahr vereinbaren, dass weltweit keine Delfin- und Orca-Shows mehr angeboten werden. TUI und FTI verweisen neuerdings in ihren Katalogen auf diese Vereinbarung. Ebenso konnte das WDSF mehrfach Schließungen von Delfinarien aufgrund katastrophaler Haltungsbedingungen erreichen. Mehrere Klageverfahren im Bereich Delfinschutz wurden vom WDSF gewonnen. Ortmüller war bereits dreimal auf den Färöer-Inseln, um die grausamen Ereignisse der tödlichen Treibjagden einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach mehrfachen WDSF-Strafanzeigen gegen unzulässige Delfinjagden auf den Färöer-Inseln wurden die gesetzlichen Vorschriften dort erheblich verschärft.
Den B.A.U.M.-Sonderpreis 2014 erhält Jane Goodall, Primatenforscherin, resolute Umweltaktivistin und UN-Friedensbotschafterin. Ortmüller: "Wir haben Jane Goodall und auch die Geschäftsführung von B.A.U.M anlässlich der Preisverleihung darum gebeten, auf AIDA einzuwirken, dass mit Meeresschutz und Nachhaltigkeit nicht nur geprahlt wird, sondern dass ein Großunternehmen wie AIDA dies auch aktiv umsetzt und die Walfangländer aus dem Kreuzfahrtprogramm nimmt."