Zertifikate & Siegel

MSC-Zertifikat für 409 Krabbenkutter aus drei Nordseeländern

Ein besonderer Moment und ein echter Meilenstein für die europäische Fischereigeschichte: Die Nordsee-Krabbenfischer in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden haben gemeinsam das MSC-Zertifikat für nachhaltige Fischerei erhalten. Eine der letzten großen Fischereien Europas ohne gesetzliche Fangquote hat sich zu einem kontrolliert nachhaltigen Umgang mit den Krabbenbeständen und dem Lebensraum Wattenmeer verpflichtet.

15.12.2017

MSC-Zertifikat für 409 Krabbenkutter aus drei Nordseeländern

Aus drei Nationen, rund 400 Kuttern und 12 Erzeugergemeinschaften besteht die frisch zertifizierte vereinte Fischereiflotte. Gemeinsam fangen die deutschen, dänischen und niederländischen Fischer etwa 30.000 Tonnen Krabben desselben Bestandes; das entspricht mehr als 90 Prozent der gesamten Krabbenfänge in der Nordsee. Bei den zertifizierten Fischern handelt es sich überwiegend um Familien- und Traditionsbetriebe, die seit mehreren Generationen in der Krabbenfischerei tätig sind. Sie konnten unabhängigen Gutachtern beweisen, dass sie die Umweltkriterien des MSC erfüllen und dürfen ihre Nordseekrabben – die biologisch-korrekt Nordseegarnelen (Crangon crangon) heißen – nun mit dem blauen MSC-Siegel auf den Markt bringen.

Kräfte bündeln um Meeresressourcen zu schützen

„Der Weg zur MSC-Zertifizierung war lang, komplex und alles andere als leicht. Aus diesem Grund sind wir besonders stolz, dass wir unser Ziel gemeinsam erreicht haben“, ist sich Philipp Oberdörfer von der Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer mit seinen holländischen und dänischen Kollegen einig. Vor gut vier Jahren bündelten sie ihre Kräfte, um im Hinblick auf die angestrebte MSC-Zertifizierung einen trilateralen Managementplan für die Krabbenfischerei zu erarbeiten. Keine leichte Aufgabe, denn es galt, unter Berücksichtigung der nationalen Besonderheiten und Gesetze gemeinsam Regelungen für einen effektiven und langfristigen Ressourcenschutz zu entwickeln und umzusetzen. Im Fokus standen etwa die Größe des befischten Krabbenbestandes und die Auswirkungen der Fischerei auf das Ökosystem Wattenmeer.

Erster Managementplan in der Geschichte der Krabbenfischerei

Die Herausforderungen für die Fischer waren beachtlich, denn für die Krabbenfischerei gab es weder staatliche Fangquoten, noch Kenntnisse über die tatsächliche Größe des Krabbenbestandes. Im Rahmen der MSC-Bewertung wurde deshalb gemeinsam mit der Universität Hamburg und dem Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) ein Modell zur Abschätzung der Bestandsgröße entwickelt und Referenzwerte für eine nachhaltige Befischung festgelegt – die Basis für den ersten Managementplan in der Geschichte der Krabbenfischerei. Dieser Plan stellt nun sicher, dass der Nordseekrabbenbestand nicht überfischt wird – beispielsweise durch die sofortige Verkürzung der Fangzeiten bei rückläufiger Bestandsgröße. Darüber hinaus spielen jedoch auch die Auswirkungen der Fischerei auf das Ökosystem Wattenmeer im Fischereimanagementplan wie in der MSC-Bewertung eine wichtige Rolle. Hier greifen Maßnahmen wie zum Beispiel die Verwendung von Netzen mit integrierten „Fluchtschleusen“, damit Beifang, der ungewollt im Netz landet, wieder herausschwimmen kann.

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Konstruktiver Dialog mit Umweltschützern

Acht Umweltorganisationen aus Deutschland, Holland und Dänemark – darunter WWF, NABU und Schutzstation Wattenmeer – haben sich aktiv am MSC-Zertifizierungsprozess beteiligt. In einem nicht immer einfachen, aber konstruktiven Dialog, wurde bis zuletzt um eine Einigung zwischen Umweltschützern und Fischerei gerungen. Diese Einigung gelang, so dass die involvierten Umweltschutzorganisationen ihren vorherigen Einspruch im Zertifizierungsprozess zurückgezogen haben. Eine Einspruchsphase ist Bestandteil jeder unabhängigen Fischereibewertung und ein wichtiger Baustein zur Einbindung von Stakeholdern in den MSC-Zertifizierungsprozess.

Hausaufgaben für die Fischer

Mit der erfolgreichen Zertifizierung allein ist es für die Fischer allerdings noch nicht getan. Vielmehr müssen sie im Rahmen ihres MSC-Zertifikats sieben weiterführende Auflagen erfüllen: So müssen sie beispielsweise regelmäßig nachweisen, dass Managementmaßnahmen, wie etwa Schonzeiten, greifen und die Größe des Krabbenbestands stabil bleibt. Auch werden die Ökosystem-Auswirkungen der Fischerei von nun an jährlich überprüft, zum Beispiel im Hinblick auf den Beifang von anderen Fischarten oder im Hinblick auf den Habitat-Einfluss der Fischerei. Auch in der Frage, ob größere Nationalparkgebiete per se für den Fischfang geschlossen werden sollten, sieht insbesondere der WWF Deutschland noch Handlungsbedarf. Für den MSC ist dies eine Diskussion, die auf politischer Ebene geführt werden muss. Der Umwelteinfluss einer Fischerei wird im MSC Umweltstandard rein wissenschaftlich bewertet – ganz gleich welchen politischen Schutzstatus das jeweilige Ökosystem hat. Wo eine Fischerei negativen Einfluss auf die Umwelt hat, kann sie nicht zertifiziert werden – im Nationalpark nicht, und auch überall sonst nicht.

MSC-Siegel setzt Anreize

„Die Zertifizierung der Krabbenfischer hat gezeigt, dass das Anreizsystem des MSC funktioniert: Die Fischerei hat alle Kräfte in Bewegung gesetzt, den ökologischen Einfluss der Krabbenfischerei zu verstehen und zu minimieren, um das MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei zu erhalten. Dafür wurde ein wilder Haufen selbstbestimmter Fischereibetriebe unter einen Hut gebracht – wovor ich den meinen ziehe!“, meint Vivien Kudelka, MSC-Fischereireferentin in Deutschland. „Für den seit langem festgefahrenen Konflikt zwischen Fischerei und Umweltschutz schuf der Zertifizierungsprozess eine konstruktive Dialogplattform, die hoffentlich auch in den kommenden Jahren aufrechterhalten wird“, ergänzt Philipp Oberdörfer optimistisch.

Die Nordseekrabbenfischerei ist die weltweit erste Garnelenfischerei, die das MSC-Zertifikat erhält. Das Zertifikat wurde auf der Tagung des Landwirtschafts- und Fischereirats in Brüssel überreicht und würdigt die Zusammenarbeit zwischen deutschen, dänischen und holländischen Fischern, Umweltorganisationen, Behörden und Wissenschaftlern.

Quelle: UD/pm
 

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